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Beispiele von Fälschungen und Imitaten - Folge 1: Eine vermeintlich römische Fibel

Imitat Fälschung einer römischen Fibel aus Bronze
Eine vermeintlich römische Fibel. Erste Unstimmigkeiten tauchen schon auf dem ersten Blick auf

Der erste Schritt zur Überprüfung auf Echtheit sollte immer die Einordnung der Chronologie und die örtliche Bestimmung einer Fibel sein. Dafür nutze ich das Buch „Die Fibeln Europas Band 1 – Von der Bronzezeit bis zur Hallstattzeit“ und schaue mir alle Bogenfibeln an. In der Eisenzeit Periode I von 1100 bis 950 v. Chr. kommen die ersten Bogenfibeln mit einer verdickten Bogenmitte in Italien vor.

 

Der Nadelhalter ist kurz und formt sich aus dem Fuß der Fibel mit kleiner Auflagefläche. Der Bogen ist nicht hohl, dafür aber ungewöhnlich dünn. Den kompletten Bogen schmücken Linien. Ähnliche Fibeln haben zwei Spiralumdrehungen, aus denen die Nadel gebildet wird (aus der Eisenzeit Periode II von 950 – 750 v. Chr.).

 

Auffallend ist, dass keine von den abgebildeten Fibeln im Buch mit diesem Bogen und diesen Linienornamenten eine sogenannte Armbrust-Konstruktion aufweisen. Als Beispiel zeige ich eine ähnlich aussehende Fibel mit Linienornamenten auf dem Bogen.

Ausschnitt aus Fibeln Europas - Italien Bronzefibel
Beispiel einer bronzenen Bogenfibel aus Italien von 950 - 750 v. Chr.

Sie haben alle eine ein- oder zweischleifige Spiralkonstruktion gemein (siehe obige Abb.). Spirale und Bogenform passen also nicht zueinander.

 

Aus dem Buch zitiere ich folgende Stelle über die Entwicklung der T-Form bei Fibeln: „Wir haben in den Fibeln aus dem Pfahlbau schon Spuren von Reparaturen an Fibeln gesehen und werden diese im Gräberfeld noch häufig antreffen. Man behalf sich dabei zunächst in der Weise, dass man an das Bügelende eine neue Nadel vermittels Nieten festnietete; aber diese Art der Reparatur war eine ungenügende, indem die neue Nadel an Elastizität der mit dem Bügel in einem Stück gegossenen nachstand und die Nieten sich auch bei häufigem Gebrauch lockerten. In der Latène-Fibel sehen wir nun den Versuch, den Nadelmechanismus vom Bügel getrennt auszugestalten, und so die Möglichkeit geboten, dass, im Falle es nötig wäre, die unbrauchbare Nadel leicht durch eine neue ersetzt werden könne. Der Mangel an Elastizität, der aus dieser Zweiteilung resultierte, wurde in der Weise behoben, dass man die Spiralschleifen der Nadel vermehrte, und dadurch entstand die Armbrustform der Latène-Fibel.“

 

Als veranschaulichendes Beispiel zeige ich eine römische Fibel mit Armbrust-Konstruktion.

römische Armbrust-Fibel aus Bronze. Italien
Auch wenn die Spiralen nicht mehr zu erkennen sind, so zeigen sie dennoch deutlich die Form einer Armbrust, von der die Konstruktion den Namen erhielt.

Die Armbrust-Konstruktion beginnt also erst am Ende der Hallstattzeit und wird später in der römischen Epoche zur Standard-konstruktion für Fibeln. Es ist das erste wichtige Indiz einer möglichen Fälschung. Kommen wir zur Phase 2.

 

Der 2. Schritt ist die genaue Betrachtung der Fibel – ihres Zustandes und ihrer Bronzepatina (siehe auch den Bericht über Fälschungen bei bronzenen Bodenfunden).

 

Als markanteste Merkmal während der Betrachtung der Spirale fällt der dort anhaftende Sand auf, der den kompletten Innenbereich sowie die Oberfläche der Spirale bedeckt. Richtig ist, wie in dem oben hingewiesenen Artikel zu lesen ist, dass Rost, Patina oder andere Anhaftungen, welche mit dem Fingernagel leicht entfernen werden können, auch nicht so alt sind wie das Original. Liegt beispielsweise eine Fibel Jahrhunderte in der Erde, verändert sich ihre Oberfläche – ihr Aussehen wird durch Rost (bei Eisenbestandteilen wie der Nadel) und Patinafarbe (bei bronzenen Fibeln) oder Sand/Ton beeinträchtigt. Solche Substanzen lassen sich nur schwer abkratzen.

 

In diesem Fall lässt sich der feine Sand jedoch gar nicht von der Bronzeoberfläche lösen und dies spricht dafür, dass hier ein Flüssigkleber verwendet wurde, um erstens die Arretierung des Bogens an die falsche Spirale zu vertuschen (unsichtbar zu machen) und gleichzeitig den Effekt hervorbringen soll, dass die Fibel alt ist, weil der Sand sichtbar zutage tritt und als Bodenfund deklariert werden soll.

Imitat einer römischen Bogenfibel aus Bronze mit falscher Spirale und angeklebten Sand.

 

Ich gehe davon aus, dass der Bogen original ist und aus der italienischen Eisenzeit Periode II nach Montelius stammt. Wie bei so vielen gefundenen Fibel-Bruchstücken steigt der Wert nach einer Reparatur, je mehr sie vollkommen intakt erscheint. Der Ankauf defekter Fibeln und deren Reparation durch sachliche oder unsachliche Anbringung anderer Teile, entweder von anderen Fibel-Bruchstücken oder neuzeitlichen Spiralen, fördert einen höheren Wiederverkaufswert.

 

Die Spirale wird neuzeitlich hergestellt worden sein und besitzt eine hellere bronzene Patina als der Fibelbogen. Der Konstrukteur hat mit Absicht oder ungewollt, eine neue Fibelkonstruktion erschaffen. Wäre die Armbrust-Spirale auf eine passende römische Fibel-Form angeheftet worden, so wäre auf dem ersten Blick diese Fälschung oder Reparatur nicht sofort sichtbar gewesen.

 

 

 

Für die bereitgestellten Bilder bedanke ich mich herzlichen bei Martin Hoffmann.

 

 

 

Bitte nutzt den Kommentarbereich für Anregungen oder Hinweise.

 

Nahansicht einer Bronzebogenfibel aus Italien.
Auffällig: Die Farbe der Nadel und der Spiralrolle ist heller als beim Fibelbogen (dunkler). Die Nadel liegt auch nicht ganz auf dem Nadelhalter.

Fälschungen erkennen oder Fibeln chronologisch einordnen.

 

Buchtipp: Die Fibeln Europas - Band 1 (Von der Bronzezeit bis zur Hallstattzeit)

 

564 Seiten

Preis: 49,95 EUR

Format: Taschenbuch

2.373 Abbildungen

 

Einblick ins Buch hier