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Gerätschaften aus dem 15. Jahrhundert Teil 3

Reliquienkästchen aus Holz aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts.
Reliquienkästchen aus Holz aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts.

 

Reliquienkästchen aus Holz aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, in der Kapelle neben dem Rittersaal zu Erbach im Odenwald.

 

Unter A ist die Ansicht des Ganzen von der Rückseite dargestellt. In der Mitte die Heilige Ursula, in rotem Kleid und gelbem Mantel, mit goldener Krone und Heiligenschein. Vor ihr ein kniender Mann in bürgerlicher Tracht mit einem weißen Spruchband, worauf die Inschrift: „Virgo digna sis benigna“. Rechts ein horizontal geteilter Wappenschild, worauf oben ein silberner Fisch in rotem Feld und unten ein silberner Pfeil und zwei Rosen in grünem Feld.

 

Auf der entgegengesetzten, der eigentlichen Vorderseite, unter D besonders dargestellt, sieht man hinter zwei eingesetzten Butzenscheiben die Reliquien verschiedener Heiligen in Seidenstoff gewickelt und mit deren Namen auf kleinen Pergamentzetteln versehen.

 

Auf der einen Nebenseite unter B erscheint das Brustbild der Heilige Ottilia mit dem Kelch, worin ein Auge; auf der anderen unter C jenes des Heiligen Augustin, in bischöflichem Ornate.

 

Von einem sehr ähnlichen bemalten Reliquienkästchen, welches Maler Georg Wittemann in Geisenheim besaß, geben wir hier nur die Rück- und beiden Seitenflächen, welche Bildwerk enthalten, und zwar E einen knienden Bürgersmann vor Maria mit dem Kinde; über demselben das Spruchband, worauf die Worte: „Mater Dei, miserere mei.“ Auch hier ist gegenüber das bürgerliche Wappen des Donators. Aus der einen Seitenfläche F die Halbfiguren der Heiligen Margaretha und Ursula, auf jener G St. Bartholomäus. Auf der Vorderseite dieses Kästchens sind die Reliquien ähnlich wie bei dem ersten Reliquiarium angebracht.

 

Die drei Teile Randverzierungen unter I, H, K sind einem prachtvollen Gebetbuch mit Miniaturmalereien auf Pergament entnommen, dasselbe war im Besitz der Familie von Greifenklau und gelangte durch eine Auktion nach Petersburg. In den bildlichen Darstellungen, wie den Ornamenten desselben ist die niederrheinische Kunstrichtung nicht zu verkennen.

 


Lesepult, zum Auflegen eines Messbuches auf dem Altar, aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts.
Lesepult, zum Auflegen eines Messbuches auf dem Altar, aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts.
Lesepult, zum Auflegen eines Messbuches auf dem Altar, aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts.

 

Lesepult, zum Auflegen eines Messbuches auf dem Altar, aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts; im Besitz des Bayerischen Nationalmuseums.

 

Dieses Pult, aus einer Dorfkirche Oberbayerns stammend, ist aus Birnbaumholz gefertigt. Der wenig vertiefte Grund der einfachen nur konturierten Ornamente ist teils rot, teils blau ausgemalt, während das Übrige die Naturfarbe des Holzes zeigt.

 

Da wir die Totalansicht perspektivisch gegeben haben, so fügen wir in geometrischer Zeichnung die einzelnen Bestandteile bei, und zwar unter A die Rosette mit gotisch durchbrochenem Maßwerk, welche sich auf der Oberfläche des Pultes befindet, B und C die beiden Seitenteile und D die Rückseite (die Vorderseite ist schon in der perspektivischen Zeichnung sichtbar).

 

Dieses Gerät, aus einer armen Dorfkirche, gibt uns eine Probe der einfachsten Holzornamentierung, in welcher vom 14. bis in den Lauf des 16. Jahrhunderts nicht nur in Schlössern, sondern auch in den Wohnungen des Landvolkes verschiedene Gerätschaften, wie ganz besonders die Holzvertäfelung der Wände und der Decken, verziert waren.

 


Messkännchen aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts.
Messkännchen aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts.

 

Messkännchen aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts; das reichere zur Linken in der Lambertus Kirche zu Düsseldorf, das einfachere zur Rechten in der St. Florians Pfarrkirche zu Aachen.

 

Beide Kännchen sind aus Bergkristall, in den alten Urkunden Parill genannt. Füße, Henkel und Deckel daran sind aus vergoldetem Silber. Bei jenem zur Linken ist der Rand des oberen Beschlages in den Ornamenten durchbrochen, sodass der Kristall durchsieht. Das zur Rechten hat auf der Rückseite oder der Fläche des Henkels wenig erhabenes gotisches Maßwerk als Verzierung; dasselbe ist unter C in Umrissen und ausgestreckter Form dargestellt. Messkännchen der Art gehören unter die Seltenheiten der Kirchengeräte; aus dem früheren Mittelalter haben sich sehr wenige auf unsere Tage noch erhalten.

 

Ähnliche zwei Messkännchen, ebenfalls aus Kristall, mit Silber gefasst, befinden sich in der Sammlung von Debruge Dumenil in Paris, welche der Beschreibung dieser Sammlung von Jules Labarte in Holzschnitt beigefügt sind.

 

Die Messkännchen aus Glas und Kristall zog man der Reinlichkeit wegen jenen von Metall vor; in dem Inventar der St. Sebalduskirche zu Nürnberg heißt es: „Jtem zwo köstenlich silbrein vergolt Kandeln mit parillen die man nutzt mit Wein und Wasser zu dem Altar an hochzeitlichen Tagen (Festtagen).“

 


Schrank aus braunem Holz, im Besitz des Germanischen Museums in Nürnberg.
Schrank aus braunem Holz, im Besitz des Germanischen Museums in Nürnberg.

 

Schrank aus braunem Holz, im Besitz des Germanischen Museums in Nürnberg. Dieser, im Stil der späteren Gotik reich verzierte Schrank, ein seltenes Muster der Zimmereinrichtung einer vornehmen Familie, diente nach seiner inneren Einrichtung wahrscheinlich zum Aufbewahren von Leinwand. Die Arbeit ist ungemein fleißig und sorgfältig ausgeführt. Der Grund der gotischen Verzierungen war ursprünglich farbig unterlegt und finden sich hiervon noch einzelne Spuren in Blau, Rot und Silber. An den Seiten der oberen Abteilung sind in gotischen Nischen die Figuren der Heiligen Sebastian und Georg angebracht, wohl die Schutzpatrone des früheren Besitzers des Schrankes, während die untere Abteilung mit Traubengewinden geschmückt ist. Um Fußgestelle sind die Attribute der Evangelisten Johannes und Mariens, Adler und Löwe, während jene des Matthäus und Lukas fehlen, was auf eine spätere Veränderung dieses Teiles hindeutet.

 

Die vier kleinen Schilde in den Zwickeln der gotischen Verzierung des Fußes waren wohl ursprünglich mit den gemalten Wappen des Besitzers versehen, welche durch Abwaschen verschwunden sind. Die Handhaben und Schlossbleche sind in verzinntem Eisen sorgfältig gearbeitet.

 


Quelle Text und Bild: Trachten, Kunstwerke und Gerätschaften vom frühen Mittelalter bis Ende des achtzehnten Jahrhunderts nach gleichzeitigen Originalen (Bd. 5). Einblick ins Buch hier.


Gerätschaften des 15. Jahrhunderts Teil 1

Gerätschaften des 15. Jahrhunderts Teil 2

Waffen des 16. Jahrhunderts.