Damit die Geschütze „erstlich nicht so viel kosten, zum andern, daß solche leicht fortzubringen“ erfand der kaiserliche Oberst von Wurmbrand im Jahre 1625 leichte Kartätschengeschütze aus dünnen
Kupferrohren, die mit Tauen umwickelt und mit Leder umhüllt waren. Da Wurmbrand später zu den Schweden überging wurden diese ledernen Kanonen Gustav Adolph bekannt und durch ihn während des
dreißigjährigen Kriegs berühmt. „Sie sind aber durch die Hern schweden selbst bald verworffen, weil sie in wenig Schüssen zersprungen und zunichte worden.“ Die Abschaffung geschah bei den
Schweden bereits im Jahre 1631, und zwar hauptsächlich deshalb, weil das dünne Kupferrohr sich stark erhitzte und dadurch leicht eine Selbstentzündung der Ladung herbeiführte.
In Preußen wurden im Jahre 1627 vorübergehend Ledergeschütze benutzt. Zwei Jahre später erfand der Leutnant Wolff Müller in Chemnitz ein Ledergeschütz, von der der Kurfürst von Sachsen zwei Stück
anfertigen ließ. Nach einer Aufzeichnung des Dresdener Zeughauses müssen die damit angestellten Versuche aber ungünstig verlaufen sein.
Im nächsten Jahre, 1630, „hat ein Geistlicher in Antorf ein einpfündiges Geschütz aus einer Kupferröhre gefertigt, die mit eisernen Platten belegt, durch Ringe zusammengehalten und mit Hanf
umwickelt“ wurde und einen Anstrich von Tischlerleim erhielt.
Das Berliner Zeughaus besitzt gegenwärtig fünf Ledergeschütze aus der Zeit des dreißigjährigen Krieges. Eins stammt aus Stettin, ein anderes aus Stralsund; die Herkunft der übrigen läßt sich
nicht mehr feststellen. Die Länge der Rohre schwankt zwischen 121 und 216 cm, das Kaliber zwischen 3,5 und 6,1 cm. Zwei dieser Geschütze haben statt der kupfernen Innenrohre sogar Lederkernrohre.
Eins ist sogar ohne jedes Metall gebaut, und vollständig elastisch. Was man mit einer solchen biegsamen Kanone bezweckt hat, läßt sich nicht erkennen. Es ist nur anzunehmen, daß in den Wirren des
dreißigjährigen Krieges manches Mal Geschütze aus dem ersten Material gebaut wurden, was zur Hand war. Not kennt kein Gebot.
Quelle: F. M. Feldhaus, Modernste Kriegswaffen – alte Erfindungen. Leipzig, 1915.