Der Tabak wurde in Mitteleuropa durch den dreißigjährigen Krieg erst allgemeiner verbreitert. Kein Wunder, daß man diese „Unsitte“ nach dem Krieg auszurotten versuchte. Aus einem in ABC-Form
verfaßten Flugblatt gegen den Tabak, das im Jahre 1652, also vier Jahre nach jenem verhängnisvoll langen Krieg erschien, sei hier einiges mitsamt den Bildern mitgeteilt. Zunächst wird das Kraut
schlecht gemacht, „weil es von wilden Leuten kömmt“; denn es „pflegt toll und voll und wilde Leut zu machen“. Dann wird bei jedem Buchstaben etwas gegen den Tabak vorgebracht.
Bei C heißt es zu unserm ersten Bild:
Der Teutsche lobt die neue Trunkenheit /
die sich gar wol zu der Bierkanne schikket.
er tuht jetzt auch ein Maul voll Rauchs bescheid
dem es allzeit im Sauffen sonst geglücket.
Schad ists / daß / die so viel erfunden haben /
die Teutschen nicht erdacht auch diese Gaben.
Der Veix / der kaum geschmeckt vor die Tür /
kömmt wieder / raucht und schmaucht im Haus herümme /
und denkt / er sey dadurch ein brav Monsieur;
zum Sauffen hat er gar eine gute Stimme.
Die Mutter murrt / die Schwester / ob den Buben /
sein Rauch beist sie fast alle aus der Stuben
Beim Buchstaben D lesen wir:
Manch armer Tropf offt kaum in Kleidern stak:
noch steckt diß Kraut in seiner leeren Taschen.
hat er sonst nichts / so hat er doch Taback;
das truckne Maul plegt er damit zu waschen.
diß Kräutlein ist nit Stolz / ist voll Erbarmen:
man find es / wie bey Reichen / auch bey Armen.
Viel denken dann: der Kerle dörft je nicht
deß Praches; ließ er dafür die Hosen flicken.
Ja / Momus / hör zuvor / was ihn anficht:
er muß sich so in sein Verhängnis schikken,
Tabak fürn Hunger hilft: es ist gar Zucker
bey ihm das Brod / drüm schmäucht der arme Schlucker.
Beim E heißt es:
So ist ein Kraut gewachsen für den Tod:
diß Kräutlein hier läßt niemand hungers sterben.
Do leiden jo die Weiber Hungersnoth /
Taback läßt sie die Nachtspeiß nit erwerbe.
er rückt das Fleisch offt ihnen aus den Zähnen /
macht Faste-nächt. Sie pflegens zu erwähnen.
Die eine klagt der andern: Ach mein Mann
der pflegt soviel des Plunders einzusauffen /
daß er hernach / du weist wol was / nit kann.
er schläft bey Nacht / und kan sonst nichts als Schnauffen.
Küßt er mich dann, so pflegt sein Mund zu stinken.
wie ein Schornstein. Der Teufel hol diß Trinken.
Und beim F steht:
Sie wünschen offt / daß der ersoffen wär
und straks erstickt / der erstlich Rauch gesoffen /
und der dies Kraut geholet über Meer.
Der Landsknecht wolt nicht / daß es eingetroffen:
Taback kürzt ihm im Feld die langen Stunden /
die Asche dient zu seines Pferdes Wunden.
Was führt der Krieg nit in die Länder ein?
der Bauer / daß ihn zwar sein Äcker kostet /
hat so gelernt Französisch / Welsch / Latein:
das Teutsche ist in seinem Maul verrostet.
Hat ihm sonst nichts genutz das Einquartieren /
so lehrt es ihn doch Rauch im Munde führen.
Quelle: F. M. Feldhaus, Modernste Kriegswaffen – alte Erfindungen. Leipzig, 1915.
Die Zigarette.
Da ich vom Ursprung des Tabaks und der Zigarren schon erzählt habe, will ich auch vom Alter der Zigarette berichten. Gehören die drei Dinge im Krieg doch zum „Unentbehrlichen“.
Ein Hamburger, namens Nemnich, erzählt im Jahr 1808 in einer deutschen Zeitschrift, dem „Journal für Fabrik“, daß man auch „Papier-Cigarren“ habe, die besonders in Sevilla unter dem Namen
„Pitillos“ hergestellt würden. In Havanna und im übrigen spanischen Amerika nenne man sie „Cigarritos“.
Das Brockhaussche Konversationslexikon, das seit der ersten Auflage von den „Cigarros“ spricht, weiß von den heute so beliebten Zigaretten erst in der zehnten Auflage im Jahre 1852 zu berichten:
„Cigarrettas oder Cigarritos heißen die spanischen Papierzigarren, welche aus einem Röllchen feinem Papiers oder Reisstrohs bestehen, das mit feingeschnittenem Tabak gefüllt ist; sie werden auch
in Deutschland verfertigt, wo sie aber wenig beliebt sind.“ Diese Angaben widerlegen die allgemein verbreitete Ansicht, wir hätten die Zigarette erst im Jahre 1862 aus Rußland kennen gelernt.