· 

Die kurze Geschichte des Schilds

Schottischer Schild Vorder- und Rückseite

Der Schild, eines der ältesten und vielseitigsten Verteidigungsinstrumente der Menschheit, begleitet den Krieger seit Jahrtausenden. In seiner einfachsten Form ist er ein tragbarer Schutz gegen Angriffe, aber im Laufe der Geschichte wurde er weit mehr als das: Ein Symbol für Stärke, Tapferkeit und Identität. Die Geschichte des Schilds spannt sich von der Antike bis in die Neuzeit und ist geprägt von technologischen Innovationen, kulturellen Bedeutungen und militärischen Taktiken.

In dieser umfassenden Darstellung erkunden wir die Entwicklung des Schilds, seine militärische Bedeutung, die verschiedenen Typen, die Symbole, die auf ihm dargestellt wurden, und seine bleibende Präsenz in der Kultur.

---


1. Ursprung und frühe Formen des Schilds


Die Anfänge des Schilds lassen sich bis in die prähistorische Zeit zurückverfolgen. In den ersten Stammesgesellschaften wurden Schilde aus natürlichen Materialien wie Tierhaut, Holz oder Weidengeflecht hergestellt. Diese einfachen Schutzvorrichtungen waren darauf ausgelegt, Pfeilen, Speeren und Steinen standzuhalten, die in dieser frühen Phase der Kriegsführung verwendet wurden. Solche Schilde boten einem Krieger die Möglichkeit, Angriffe abzuwehren und gleichzeitig Mobilität und Agilität zu bewahren.

Frühzeitliche Beispiele für Schilde finden sich in Kulturen auf der ganzen Welt, von den ägyptischen Hieroglyphen, die Kämpfer mit rechteckigen Holzschildern darstellen, bis zu den alten Sumerern, die bereits um 3000 v. Chr. Schilde aus Weidenholz verwendeten. Der Schild war nicht nur ein Schutzmittel, sondern auch eine Erweiterung der Kriegeridentität und markierte oft den sozialen Status oder die Rolle eines Soldaten in seiner Gesellschaft.

---


2. Der Schild in der Antike: Griechische und römische Innovationen


Mit dem Aufkommen organisierter Heere in der Antike erlebte der Schild eine signifikante Weiterentwicklung, sowohl in Form als auch in Funktion. Besonders bemerkenswert ist die Rolle des Schilds in der griechischen und römischen Kriegsführung, wo er ein wesentlicher Bestandteil militärischer Taktiken wurde.

a) Der griechische Hoplitenschild (*Aspis* oder *Hoplon*)

In Griechenland erreichte der Schild einen neuen Höhepunkt seiner Entwicklung. Der klassische Hoplitenschild, auch als **Aspis** oder **Hoplon** bekannt, war ein großer, runder Schild, der aus Holz gefertigt und mit Bronze oder Leder überzogen war. Dieser schwere Schild spielte eine zentrale Rolle in der griechischen Phalanx-Formation, in der Hopliten in engen Reihen marschierten, ihre Schilde dicht beieinander hielten und so eine nahezu undurchdringliche Wand gegen feindliche Angriffe bildeten.

Die Phalanx war eine der am stärksten disziplinierten militärischen Formationen ihrer Zeit, und der Schild war der Schlüssel zu ihrer Wirksamkeit. Jeder Soldat deckte nicht nur sich selbst, sondern auch den Kameraden neben ihm ab, was das kollektive Überleben der Einheit förderte. Schilde trugen oft Symbole oder Wappen, die den Stolz und die Identität der Soldaten oder Stadtstaaten (Poleis) widerspiegelten.

b) Der römische Scutum

Das **Scutum**, der römische Legionärsschild, war ein Meisterwerk militärischer Ingenieurskunst. Im Gegensatz zum runden griechischen Schild war das Scutum rechteckig und leicht gewölbt, was zusätzlichen Schutz bot und Angriffe seitlich ablenken konnte. Der römische Schild war in erster Linie ein Defensivwerkzeug, aber die Legionäre nutzten ihn auch offensiv, indem sie ihn in Schlachten rammten, um Feinde zu überwältigen.

Römische Legionäre verwendeten das Scutum auch in der berühmten **Schildkrötenformation (Testudo)**, bei der die Soldaten ihre Schilde über ihren Köpfen und an den Seiten zusammenführten, um einen fast undurchdringlichen Schutz gegen Pfeile und andere Projektile zu bilden. Diese taktische Verwendung von Schilden trug maßgeblich zu den militärischen Erfolgen Roms bei und symbolisiert die Disziplin und den Zusammenhalt der römischen Armee.

---


3. Mittelalterliche Schilde: Ritter und Turniere


Mit dem Fall des Römischen Reiches und dem Beginn des Mittelalters veränderte sich die Kriegsführung in Europa, und damit auch der Schild. Das Mittelalter sah die Einführung neuer Schildtypen, die den veränderten militärischen Anforderungen und den Fortschritten in der Waffentechnologie angepasst waren.

a) Der Normannenschild

Im 11. Jahrhundert war der **Normannenschild** ein charakteristischer Schildtyp, der oft auf dem Schlachtfeld zu sehen war. Dieser lange, mandelförmige Schild, der sich nach unten hin verjüngte, bot dem Träger Schutz vom Kinn bis zum Knie und war besonders nützlich für berittene Krieger. Normannische Reiter benutzten den Schild, um sich vor Pfeilen und Lanzenangriffen zu schützen, während sie selbst in die Offensive gingen. Der Schild wurde über den Körper geschwungen oder an einer Schlaufe getragen, sodass der Krieger ihn bei Bedarf schnell zur Seite bewegen konnte.

Dieser Schildtyp war besonders bei der normannischen Invasion Englands im Jahr 1066 zu sehen und prägte das Bild von Rittern und Kriegern in dieser Zeit.

b) Der Buckler

Im späten Mittelalter wurden kleinere Schilde wie der **Buckler** populär. Dieser kompakte Schild, der häufig im Nahkampf verwendet wurde, war leicht und bot dem Träger Beweglichkeit. Buckler wurden oft von Fußsoldaten oder Bogenschützen getragen und waren sowohl in Schlachten als auch bei Duellen weit verbreitet.


c) Heraldische Schilde: Symbolik und Identität

Im hohen Mittelalter wurden Schilde zu einem wichtigen Träger von Symbolen und Identität. Während der Kreuzzüge und im europäischen Adel war es üblich, dass Schilde mit heraldischen Wappen verziert wurden. Diese Wappen identifizierten den Träger auf dem Schlachtfeld und bei Turnieren, wo Rüstungen und Helme oft das Gesicht verdeckten. Jedes Wappen erzählte eine Geschichte über die Familie, die Herkunft und die militärischen Erfolge des Trägers.

Die **Heraldik**, die Kunst und Wissenschaft der Wappenkunde, entwickelte sich im Mittelalter zu einer eigenen Disziplin. Schilde wurden zu Leinwänden für kunstvolle Darstellungen von Löwen, Adlern, Kreuzen und anderen symbolischen Motiven, die oft mit der Geschichte und den Legenden der Adelsfamilien verknüpft waren.



4. Schilde in der frühen Neuzeit: Der Rückgang und das Aufkommen der Schusswaffen

Mit dem Aufkommen von Schusswaffen im 15. und 16. Jahrhundert begann der Schild langsam seine militärische Bedeutung zu verlieren. Feuerwaffen wie Arkebusen und Musketen konnten leicht durch die meisten Schilde hindurchdringen, was sie auf dem Schlachtfeld zunehmend nutzlos machte. In der frühen Neuzeit wurde der Schild daher immer häufiger als zeremonielles oder dekoratives Objekt verwendet, während neue Taktiken entwickelt wurden, um Feuerwaffen und Artillerie zu begegnen.

Einige spezialisierte Schilde, wie der **Rondache**, ein runder Metall- oder Holzschild, wurden noch im 16. Jahrhundert von Fußsoldaten verwendet, aber ihre praktische Rolle war im Vergleich zu früheren Zeiten stark eingeschränkt.