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Das Schwert - Teil 2

Schriftquellen

Das Schwert, die Spatha, ist die am häufigsten in den Schriftquellen angeführte Waffe; ungefähr an 1000 Stellen finden wir Schwertbezeichnungen, gerade doppelt so viele wie die der anderen Hauptwaffe, der Lanze. Und dies schon zur Merowingerzeit, wo die Funde weniger zahlreich sind und die Miniaturen keine Auskunft geben.

 

Der verbreitetste Name für das Schwert der Merowinger und der Folgezeit in den lateinisch geschriebenen Quellen ist gladius (ca. 620-mal), daneben treffen wir ensis (ca. 110-mal), dann folgt die eigentliche technische Bezeichnung der Waffe, spatha (ca. 70-mal). Die übrigen für das Langschwert vorkommenden Namen sind: mucro (ca. 60-mal), ahd. suert, lat. framea, romphaea, sica, pugio, spatula. Daneben findet man im Beowulf ungefähr 100 Schwertbezeichnungen. [Für framea und romphaea vgl. Müllenhoff D.A.K. 4 B. 621 ff.] Der Schwertträger heißt spatharius, spathaferius, armiger, ahd. Gl. II 261,2: suerdrago.

 

Als Bezeichnung für schwerttragende Truppenteile findet sich spatharius nie, immer nur als Waffenträger eines Fürsten; eine solche Bezeichnung fehlt in den Schriftquellen. Gladiatores und sicarii (Greg. Tur. X 15, gesta Franc., c. 34) dürften willkürliche Entlehnungen aus der Antike sein.

 

Aus den obigen Benennungen können wir aber keine bestimmten Schwertformen unterscheiden, wie in den Miniaturen und Funden, denn die Schriftquellen verfahren mit der Namengebung willkürlich und manchmal direkt sinnlos, sodass zum Beispiel framea und romphaea an einigen Stellen ein Schwert, an anderen eine Lanze bezeichnen. Auch mucro ist neben der sicheren Bedeutung als Schwert für den Scramasax gesetzt, ebenso gladius.

 

Die Namen des Schwertes wurden einfach wahllos aus der Antike übernommen. Gladius war der Schwertname, wie zur Römerzeit, so auch in der Folge, obwohl diese Waffe ganz anders aussah. Das Schwert bloß als arma, ahd. wafan, benannt, finden wir häufig, ähnlich wie telum Wurf- oder Stoßlanze sowie Pfeil bedeutet; daneben kann arma noch andere Waffen, wie Lanzen oder gar Schutzwaffen, bezeichnen.

 

Die Namengebung kann uns also nicht zur Erkenntnis der Schwertformen dienen, und ebenso fehlt eine Trennung der verschiedenen Schwertarten zwischen den einzelnen in den Funden und Miniaturen gekennzeichneten Zwischenstufen von der Merowinger-, Karolinger-, romanischen Zeit.

 

Erst das Volksepos und die höfischen Epen schildern die Schwerter allgemeiner.

 

Wir müssen daher bei der Untersuchung der Schriftquellen darauf verzichten, eine Entwicklung der Schwertformen in zeitlicher Reihenfolge wie bei den Funden und Miniaturen aufzustellen. Immerhin kann gesagt werden, dass Berichte über geschmückte Schwerter, wie sie uns aus den Funden der Merowingerzeit erhalten sind, fehlen; erst im Beowulf stoßen wir darauf und dann sehr häufig in der karolingischen Epoche.

 

Mangelt uns die Kenntnis dieser Entwicklungsreihe, so können wir trotzdem nach den Schriftquellen ein Bild des karolingischen Schwertes zu dem bereits aus den Ergebnissen der Funde und Miniaturen bekannten erhalten. Denn es sind genügend Schilderungen der einzelnen Schwertteile, der Herstellung des Schwertes, seines Wertes und der Wertschätzung bei den Zeitgenossen sowie seines Gebrauchs im Krieg und im Frieden nebst seiner Verbreitung im In- und Ausland vorhanden, aus denen wir erkennen, dass Funde, Miniaturen und Schriftquellen die gleichen Schwertformen, den gleichen Schmuck und die gleiche Führung bis in die Einzelheiten aufweisen.

 

Wie schon erwähnt, erfahren wir über das Aussehen des ganzen Schwertes wenig, ebenso über die Länge der karolingischen Spatha. Die gesta Dagoberti kennen die longitudo gladii, quod spata vocant an zwei Stellen (c. 1, c. 14). Dass das Schwert zur Zeit Chlotars II. und auch Karls des Großen nicht klein gewesen war, müssen wir aus der Erzählung des Mönchs von St. Gallen (II c. 12) schließen, nach der diese beiden Herrscher befahlen, pueros et infantes der besiegten Feinde ad spatas metiri, und quicunque eandam mensuram excederet, capite plecteretur. Der Brauch, die Besiegten nach der Länge der Spatha zu messen, ist so barbarisch, dass wir dem Monachus Sangallensis, der sowieso gerne flunkert – abgesehen davon, dass er kein Zeitgenosse war und keine andere Quelle über solches berichtet –, keinen Glauben zu schenken brauchen. Jedenfalls hat aber die Größe des damaligen Schwertes die Entstehung dieser Sage beeinflusst.

 

Aus Liudprands legatio Constantinopolitana a. 968/9 (c. 11) ersehen wir, dass der griechische Kaiser Nikephoros die longitudo ensium der Krieger der ottonischen Zeit tadelt, da sie deswegen untauglich zum Kampf seien. Obwohl das Letztere nicht der Fall war und der Kaiser an dieser Stelle seinem Unmut höhnisch die Zügel schießen lässt, so muss das deutsche Schwert entschieden doch bedeutend länger als das byzantinische gewesen sein.

 

Dass neben dieser langen Spatha noch Schwerter für Knaben angefertigt wurden und tauglich waren, beweist Paulus Diac. hist. Lang. IV 37, wo ein Knabe ensem, qualem in illa aetate habere poterat, vagina exemit und seinen Feind capitis in vertice percussit; ahd. Glossen erwähnen spatula, suertelin. Funde von solchen kleinen Schwertern sind uns nicht bekannt, wohl aber solche von kleinen Wurfäxten für Knaben.

 

Das Schwert besteht aus drei Teilen: Klinge, Griff und Scheide. Diese setzen sich wieder aus einzelnen Stücken zusammen. Betrachten wir, was die Schriftquellen davon erzählen.

 

Die Klinge der Schwerter seit der Völkerwanderungszeit bis ins späte Mittelalter war mit wenigen Ausnahmen zweischneidig, mit stumpfem oder mit spitzem Ort, oft mit Hohlkehle oder mit Damast versehen.

 

Die zweischneidigen Schwerter werden erwähnt: Vita Balderici eps. Leodiensis c. 16: gladius bis acutus Agnelli liber pontifical. eccles. Ravenn. c. 96: abstulit gladium ancipitem ... quem spata vocamus Abbo de bello Parisiaco II 72: bis acuta romphea — ebenda II 385: Hic ensis bis acutus adest meus Jonae mon. vita S. Columbani I 31: ensem anceipitem dextra ferens Walthari 336: Et laevum femur anceipiti praecinxerat ense — ahd. Glossen I 523,55: anceipites sc. gladii ziuvassiu — II 392,43: bipennem das zwifidrige suert Diplom. Carol. t. I Nr. 286, 429,40 St. Denis 813: anceipiti gladio defendo.

 

Die Klingenschneide (acies) wird ohne nähere Beschreibung angeführt. Ob der Ort stumpf oder spitz war, müssen wir aus der Anwendung der Schwerter im Kampf schließen, worauf wir noch zurückkommen.

 

Der Stoff der Schwertklinge war Eisen, Stahl und Eisen zusammengeschweißt oder Stahl allein. Die Arbeit des Schmiedens war schwierig, der Verfertiger angesehen. Eine Schwertklinge musste hart und stark, biegsam und scharf sein; daneben wurde die Kunst des Schwertfegens und -polierens geschätzt. Unsere Quellen bezeichnen häufig das Schwert als durus, trux, saevus, coruscus, fulgens, micans, fulminens, acutus, secans.

 

Ausführlicher sind: Mon. Sang. I c. 9 — er spricht von Yperboreae venae gladiis duratis und in Saxonis duratis sanguine gladiis — ersteres wird sich auf ein Härteverfahren für Stahl beziehen — ebenda II 14: gladius vester in sanguine Nordostranorum duratus obsistat.

 

Die Eigenschaften einer guten Klinge preist das Beowulf-Lied häufig, wie überhaupt in dieser Dichtung das Schwert die weitaus gebräuchlichste Waffe ist.

 

Beowulf 431: das ringgeschmückte Schwert, das hehre, tönte an der Rüstung — 539: Wir trugen das bloße Schwert, das harte in der Hand — 561: ich diente ihnen mit dem guten Schwert — 673: sein geschmücktes Schwert, des Eisens auserlesenstes — 803: ein auserlesenes Eisen, ein Kampfschwert — 893: ein vorzügliches Schwert — 1024: ein herrliches, kostbares Schwert — 1144: das lichte Schwert, der Schwerter bestes — 1286: wenn das gezierte Schwert, der geschmiedete Hammer, das Schwert vom Blute bunt, den Eber über dem Helme mit der tüchtigen Schneide auseinanderhaut — 1289: das tüchtige Schwert — 1456: das Schwert war nicht die geringste der Kraftstützen — 1490: das kostbare, wuchtige Schwert, das harte Schwert — 1520: er verlieh einen gewaltigen Anlauf dem Schlachtschwert — 1522: um das Haupt das sieggeschmückte (Schwert) gellte ein grauses Kampflied — 1524: die Kampfleuchte — 1534: das strenge und mit stählerner Schneide versehene (Schwert) — 1558: das sieggesegnete Schwert, das alte Schwert, von Riesen stammend, die feste Klinge, der Streiter Zier; das war die beste der Waffen, nur dass es größer war, als dass einer oder der andere Mann es zum Kampfe hätte tragen können — gut und stattlich, das Werk der Riesen — 1565: das beringte Schwert — 1664: das glänzende, das alte, wuchtige Schwert — 1819: das teure Schwert — 1821: das Schwert, kräftig und gut im Streite — 2141: mit wuchtiger Schneide — 2155: das schmucke Kampfschwert — 2259: das Heerkleid, welches im Kampfe erfuhr über der Schilde Krachen der Schwerter Bisse — 2493: mit lichtem Schwert — 2510: das harte Schwert — 2565: das unerträgliche Schwert, das alte Erbstück — 2611: das alte Schwert — 2617: das alte Schwert, der Riesen Arbeit — 2639: die harten Schwerter — 2829: da ihn des Eisens Schneide wegnahm, die harte, kampfscharfe, der Hämmer Nachlass — 2979: er ließ da, der tapfere Degen, die breite Schneide, das alte Riesenschwert, hervorbrechen über den Schildwall — 2988: das harte Schwert.

 

Nach diesen Stellen sind die Anforderungen an ein gutes Schwert groß; der Krieger war ja meist verloren, wenn seine Waffe brach.

 

Die Schutzrüstung wurde beständig stärker, und so wurde der Waffenschmied vor schwierigere Arbeit gestellt. Da durfte es nicht gehen wie Sedulii Scotti carm. XVI 17: Plumbeus ut pugio gladius lentescit acutus. — Dass aber bei sehr gut ausgeführter Schutzrüstung trotzdem auch gute Schwerter zerspringen oder wirkungslos bleiben konnten, ergeben die folgenden Stellen.

 

Walthari 1374: cuius (cassidis) duritia stupefactus dissilit ensis. Beowulf 1030: Um des Helmes Dach, Hauptberge aus Draht gewunden, Buckel, hielten von außen ab, dass ihn die Schwerter verletzen nicht konnten — 1523: da fand er, dass die Kampfleuchte haften nicht wollte ... die Klinge versagte dem Fürsten in der Bedrängnis, sie duldete früher viele Handgemenge, den Helm sie oft zerhieb, des zum Tode bestimmten Kampfkleid; das war zum ersten Mal dem kostbaren Kleinod, dass sein Ruhm erlag — 2585: das Kampfschwert versagte, das nackte beim Kampfe, wie es nicht sollte, das von jeher gute Schwert — 2680: mit seinem Kampfschwert schlug er, dass es auf dem Kopfe stand, es brach der „Nägling“, es trug im Kampfe das Schwert, das alte, eiserne.

 

Meist aber erfüllte die Klinge ihren Zweck, und viele Stellen der Schriftquellen wissen vom Helmespalten, Harnisch- und Schildezerhauen und -durchstechen zu berichten; davon aber später, wenn wir den Gebrauch des Schwertes im Kampf schildern. Wie stark die Federkraft einer guten Klinge sein musste, berichtet der Mönch von St. Gallen II 18. Dem König Ludwig dem Deutschen schickten normannische Fürsten ihre Schwerter zum Zeichen der Unterwerfung. Er befahl gladios attemptandos afferre. Dann erprobte er ihre Elastizität, wobei eines zerbrach. Die anderen konnte er wie eine Weidenrute bis zum Griff zusammenbiegen und wieder in ihre ursprüngliche Gestalt und Lage zurückgehen lassen. Viele der uns erhaltenen Klingen sind wirklich heute noch sehr federkräftig. Dieses Experiment Ludwigs jedoch dürfte man bei ihrem Alter nicht mehr auszuführen wagen. Die biegsamsten und besten Klingen waren durch ihre Zusammensetzung die damaszierten, sogenannten wurmbunten Klingen. Die Herstellungsart wurde schon bei der Behandlung der Funde geschildert; vermöge ihrer Schwierigkeit waren diese Klingen selten und hochgeschätzt.

 

Die ausführlichste Beschreibung von wurmbunten Klingen ist bei Cassiodor zu finden (Variae lib. V ep. I) a. 523/26. Regi Warnorum Theodoricus rex: Cum piceis timbribus et pueros gentili candore relucentes, spathas nobis etiam arma clesecantes vestra fraternitas destinavit, ferro quam auri pretio ditiores. Splendet illic claritas expolita, ut intuentium facies fideli puritate restituant: quarum margines in acutum tali aequalitate descendunt, ut non limis expositae, sed igneis fornacibus credantur effusae. Harum media pulchris alveis excavata quibusdam videntur crispari posse vermiculis, ubi tanta varietas umbra concludit, ut intextum magis credas variis coloribus lucidum metallum.

 

Nach dieser Schilderung ist es unzweifelhaft, dass hier der Gotenkönig Theoderich von einem uns unbekannten König der Warnen (nicht der Vandalen, wie Lindenschmit [Altert. 222] und andere nach einer unrichtigen Lesart anführen) Schwerter mit damaszierten Klingen erhielt, deren Eisen köstlicher ist als Goldeswert.

 

Ihre polierte Klinge glänzt so hell, dass sie im Anschauen das treue Spiegelbild des Gesichts zurückwirft, und ihre Schneiden sind von oben bis unten so gleichmäßig, dass sie nicht aus Streifen zusammengesetzt, sondern wie aus einem Schmelzofen geflossen zu sein scheinen. In ihrem mittleren Teil erscheinen schöne Vertiefungen, wie kräuselndes Gewürm, und es zeigt sich so mannigfaltige Schattierung, dass man glauben möchte, es sei das glänzende Metall mit verschiedenerlei Farben durchwirkt.

 

Diese Stelle zeigt uns, dass diese Klingen nicht etwa aus dem Orient stammten, sondern im Lande verfertigt wurden – hier also bei den Warnen, welche im Süden der cimbrischen Halbinsel von der Elbe über das Havelland wohnten. Diese wurmbunten Klingen finden wir bis ins 11. Jahrhundert im Gebrauch; wann diese Technik vom Orient her zu den Römern kam, erfahren wir leider nicht, aber aus den Funden von Nydam ersehen wir, dass die Damastbereitung schon den Spätrömern bekannt war.

 

Die Germanen der Völkerwanderungszeit haben sie von diesen übernommen und nach der obigen Schilderung vollendet herstellen können. Auch die uns erhaltenen Klingen mit Damast aus dem 9. bis 11. Jahrhundert sind vorzüglich und schön geschmückt, und die ganze Beschreibung bei Cassiodor stimmt mit diesen Funden bis ins Kleinste überein.

 

Weitere Zeugnisse für die Existenz dieser Klingen finden wir im Beowulf 1458: Dieses Schwert trug den Namen „Hrunting“, das war einzig voran allen alten Kleinoden; die Schneide war von Eisen, durch Giftzweige bunt, gehärtet durch Kampfblut, nie versagte es im Kampfe irgendeinem, wenn er es mit der Hand umgab, der da wagte, Schreckenswege zu gehen, auf das Schlachtfeld zu wandeln. — 1697: das Schwert ... der Eisen bestes ... mit gewundenem Hefte und wurmverziert. — 2702: das Schwert ... das beste, goldgetriebene. — 3049: teure Schwerter, wurmzerfressen, als wie sie in der Erde Schoß tausend Jahre da geruht hätten.

 

Auch aus dem Beowulf-Lied müssen wir auf die Seltenheit und Hochschätzung der wurmbunten Klingen schließen. Nur die Vornehmsten führten solche Waffen; der Griff war dabei meist mit Gold geschmückt. Gute Schwerter werden den Königsschätzen einverleibt, sie sind Erbschwerter (Beowulf 796, 1043, 1688, 1904), Erbstücke (Beowulf 2192, 2564, 2578, 2612), der alten Riesen Arbeit (Beowulf 1558, 1680, 2617, 2980) oder von Riesen stammend. Das hohe Alter scheint ihre Vortrefflichkeit zu beweisen.

 

Wenn auch die übrigen Schriftquellen die wurmbunten Klingen nicht weiter erwähnen, so haben wir doch aus dem Obigen gesehen, dass sie hochgeschätzt waren und die beste Art des Schwertschmiedens darstellten.

 

Die Mehrzahl der Spathaklingen war aber nicht damasziert. Neben ihrem Wert im Kampfe diente die wurmbunte Klinge zugleich als Verzierung; daneben treffen wir in den Funden, allerdings erst in nachkarolingischer Zeit, in die Klingen eingegrabene, eingelegte oder eingeschlagene Verzierungen und Inschriften.

 

Unsere Schriftquellen erzählen auch davon: Beowulf 1532 – das mit Zeichen versehene Schwert, das gebundene Kunstwerk. — 1687: den Griff er sah, das alte Erbstück, auf dem war der Anfang geschrieben des Kampfs Ursprungs. — 1695: auch war auf der Leiste von lauterem Golde durch Runenstäbe recht verzeichnet, gesetzt und gesagt, wem das Schwert gewirkt, der Eisen bestes, zuerst wäre, mit gewundenem Heft und wurmverziert.

 

Also nicht nur Verzierungen, sondern Schwertinschriften sind für diese Zeit schon bezeugt (vergl. Lindenschmit, Altert. 228, Fig. 141). Aus späterer Zeit sind uns ebenfalls Schwertinschriften bekannt. Nach Einhardi annales a. 799 überbrachte Graf Wido König Karl die Schwerter der britonischen Herzöge, qui se dediderunt, inscriptis singulorum nominibus. Mit denselben Ausdrücken schildert Regino chron. II a. 799 den gleichen Vorgang.

 

Aus den Funden sind uns erst in späterer Zeit solche Inschriften erhalten – die Ulfbert- und Ingelred-Klingen des Nordens (Wegeli, Inschriften auf mittelalterlichen Schwertklingen, Ztschrft. f. hist. Waffenk. Bd. III, Heft 7 ff.). Die Sitte jedoch, den Namen des Eigentümers auf dem Schwert – sei’s auf der Klinge, der Leiste, Parierstange oder dem Knauf – anzubringen, reicht ins 6. Jahrhundert zurück und kommt, allerdings in den Schriftquellen spärlich erwähnt, bis ins 13. Jahrhundert vor, wo die Funde immer häufiger werden.

 

Die in Mainz nach 850 geschriebene Visio domni Caroli schildert eine Klingeninschrift ausführlich. Dem Kaiser Karl wird nachts im Traum von einer Erscheinung ein Schwert überreicht: vidit quattuor loca in eodem litteris exorata. In primo quidem loco iuxta capulum eiusdem mucronis erat scriptum „Raht“, in secundo vero „Radoleiba“, in tertio „Nasg“, in quarto iuxta cuspidem eiusdem ensis „Enti“.

 

Aus dieser Inschrift, die von der Parierstange bis zum Ort hin lief, ersieht man, dass zur Karolingerzeit solche Klingeninschriften bekannt waren. Über eine weitere Schwertinschrift berichtet Ademar hist. lib. II, 41: ingentem ex auro purissimo ensem direxit ei, in quo ense litterae significabantur, legentes „Hainricus imperator cesar augustus“. Diese Inschrift stammt aus dem Jahre 998.

 

Möglicherweise stand nach den beiden folgenden Stellen eine Inschrift auf der Klinge: Annal. Bertiniani a. 877: spata, quae vocatus S. Petri Casus S. Galli c. 65: Ipse ... sancto Mauritio, in cuius ense et lancea pugnabat, laudibus triumphat. Weitere Stellen aus jener Zeit sind mir nicht bekannt. Sicher ist, dass die Schwertinschriften viel älter sind als das 13. Jahrhundert (wie Jähns, Trutzw. p. 243 glaubt).

 

Damit wäre die Beschreibung der Klinge zu Ende, und wir gehen zur Behandlung des Griffes und seiner Teile über.

 

Der Griff der Spatha, caput gladii, capulus, setzt sich zusammen aus dem Knauf, dem Handgriff (manubrium, ahd. helza) und der Parierstange. Die einzelnen Teile des Griffs sind leider in den Schriftquellen nicht auseinandergehalten. Wir können daher den Griff in den Schriftquellen nur in seiner Gesamtheit behandeln.

 

Gewöhnliche Schwertgriffe ohne Zier werden überhaupt nicht erwähnt, außer bei einem Unfall, der Ludwig den Frommen betraf: Da quetschte sich der Kaiser bei einem Sturze mit dem Schwertknauf an der Brust (Einhardi ann. a. 817: caput gladii, quo accinctus erat ...).

 

Wo uns eine ausführliche Beschreibung des Schwertgriffs entgegentritt, handelt es sich um einen geschmückten Griff. Wir finden diese verzierten Griffe zahlreich in den Schriftquellen unseres Zeitabschnitts geschildert. Diese Stellen wollen wir anführen, um daraus ein Gesamtbild des Aussehens des Spathagriffs zu erhalten.

 

Nach Gregor von Tours, Hist. Franc. X, 21 erhielt König Gunthram von den Söhnen Waddos gladium mirabile, cuius capulum ex gemmis Hispanis auroque dispositum erat.

 

Dann erscheint eine Zeit lang keine Beschreibung in den Schriftquellen mehr; hingegen spielt im Beowulf das geschmückte Schwert eine Rolle. Die betreffenden Stellen lauten:
322: das ringgeschmückte Schwert —
672: das geschmückte Schwert, der Eisen auserlesenstes —
1024: ein herrliches, kostbares Schwert —
1286: das gezierte Schwert —
1459: dieses Schwert … war einzig voran allen alten Kleinoden —
1490: das kostbare, wuchtige Schwert —
1532: das gebundene Kunstwerk —
1565: das beringte Schwert —
1615: das Heft von Kostbarkeiten bunt —
1678: das goldene Heft —
1695: auch war auf der Leiste von lauterem Golde durch Runenstäbe recht verzeichnet, gesetzt und gesagt, wem das Schwert gewirkt war … mit gewundenem Hefte —
2155: das schmucke Kampfschwert —
1901: ein mit Gold gebundenes Schwert —
2192: ein Erbstück, mit Gold geschmückt; keiner … ein edleres Kleinod in Schwertgestalt hatte —
2701: das Schwert, das bunte, goldgetriebene.

 

Mit der Karolingerzeit werden die Nachrichten über den Schmuck des Schwertgriffs wieder häufig. Einhardi vita Caroli c. 23 erzählt von Karl: gladio semper accinctus, cuius capulus ac baltheus aut aureus aut argenteus erat. Aliquotiens et gemmato ense utebatur, quod tamen non nisi in praecipuis festivitatibus vel si quando exterrarum gentium legati venissent.

 

Ein solches Schwert mit goldenem Griff wurde in des Kaisers Grab gelegt (Annal. Einhardi a. 814). Die Annales Laurissenses a. 814 erwähnen, Karl der Große sei ense aureo accinctus bestattet worden. Ebenso hatte das Schwert, welches der Langobardenkönig Liudbrand am Grabe St. Peters niederlegte (Vita Gregorii II. papae c. 22), einen goldenen Griff.

 

Ferner: Thegani vita Hludowici pii c. 8: baltheo aureo praecinctus et ense auro fulgente. Astronomi vita Hludow. pii c. 63: ensem auro gemmisque redimitum. Ermoldi Nigelli in honor. Hludow. carm. 377: insignem … quem gesserat ensem aurea quem comunt cingula rite data. Cod. Carolin. ep. 17 Paulus an Pippin: direximus vobis spatam ligatam in gemmis cum balteum unum. Annal. Fuldens. a. 873: Obtulerunt quoque idem nuntii (Halbdenis) gladium regi pro munere aureum habentem capulum. Sedulii Scotti carm. VIII 18: Aureo fulgens gladio. Ermentarii miracula S. Filiberti II c. 11: aureum ferens dextera evaginatum manu mucronem. Poeta Saxo vita Caroli p. 814, 354: stellatus radiis iaspidis ensis erat. Panegyricus Berengarii imperat. I 172: Ensis in ore (hier Knauf, nicht Ort) etiam praeclarus refulget iaspis (vgl. Nibelungen 1721). — Walthari 1314: Rex quoque gemmatum vaginae condidit ensem — ibid. 1378: Impatiensque sui capulum sine pondere ferri quamlibet eximio praestaret et arte metallo. Ruodlieb 26: accinctus gladio compto capulo tenus auro. Hist. eccles. Cisoniensis p. 87: testamentum Evrardi comitis a. 867: ut habeat … spatam unam cum aureis hilcis et cuspide aurea et facilum unum de auro et gemmis, baltheum unum de auro et gemmis … ut habeat spatas duas, unam cum hilcis argenteis et aureis simul … balteos aureos cum gemmis duos … ut habeat spatas duas, unam cum hilcis eburneis et aureis … et balteum eburneum et aureum … et balteos aureos duos cum gemmis. Ademari hist. lib. II 9: ense auro accinctus — ibid. II 41: ingentem ex auro ensem direxit ei Dudo hist. Norman.: ensem ex auri sex libris in capulo bratteolisque atque bullis artificabiliter mirabiliterque sculptum dedit — ibid.: ensem … auro gemmisque praefulgidum illis demonstraret — ibid.: Uni vero ensem ex auro quattuor librarum in capulo fulgidum … dedit.

 

Aus diesen Stellen können wir die verschiedenen Arten der Schwertausschmückung erkennen.

 

Zur häufigsten Art der Verzierung des Griffes wird Gold verwendet. Wir dürfen aber nicht an massiv goldene Spathagriffe denken, denn solche wären wegen der Weichheit des Stoffes völlig untauglich zum Kampfe gewesen. Wenn Ademar ex auro purissimo ensem erwähnt und Dudo einen Schwertgriff von sechs oder vier Pfund Gold, so darf daraus nicht auf einen massiv goldenen Griff geschlossen werden. Wir haben uns diese Schwerter aus Eisen vorzustellen; Knauf und Parierstange wurden mit Goldblech belegt oder schwer vergoldet. Die Hilze besteht aus Holz, mit Goldblech beschlagen oder mit Goldfäden oder solchen aus vergoldetem Messing oder Kupfer umwunden.

 

Daneben konnte die Hilze außer Goldschmuck aus Elfenbein (cum hilcis eburneis), mit Goldeinlagen oder aus getriebenem Gold- oder Silberblech, auch mit Fäden zusammengesetzt sein, so Beowulf: ein in Gold gebundenes Schwert, mit gewundenem Hefte.

 

Ein solchermassen geschmücktes Schwert mit verzierter Scheide und kostbarem Wehrgehänge war teuer genug; der Griff brauchte nicht massiv zu sein. Diese Spatha heißt daher praefulgidus, fulgens. Daneben wird der Griff mit Gold- und Silbereinlagen verziert, indem – wie auch die Funde zeigen – Streifen von Gold oder vergoldetem Erz, Messing oder Kupfer neben Streifen von Silber senkrecht auf Knauf und Parierstange eingelegt werden; so mag der Schwertgriff Waltharis gewesen sein: praestaret et arte metallo.

 

Eine noch kostbarere Ausschmückung ergibt sich durch Einlegen von Edelsteinen und Gemmen in den goldenen Griff. Beowulf 1615 wird das Schwert mit von Kostbarkeiten buntem Griff so ausgesehen haben. Am Knauf können große Edelsteine eingelassen sein: ensis in ore praeclara refulget iaspis; stellatus radiis iaspidis ensis erat, spata in gemmis ligata, ensis in gemmis redimitus, gemmatus ensis. Hier werden Einlagen direkt in das Eisen oder den Stahl gemeint sein, ohne dass das Schwert vergoldet zu sein brauchte.

 

Die Schriftquellen kennen die verschiedensten Arten der Schwertverzierung, und alle diese Beschreibungen stimmen mit der Wirklichkeit genau überein und sind durch die Funde belegt, sowie durch die Darstellungen der Miniaturen. Dass man sogar die Klinge vergoldete oder versilberte (spata cum cuspide aurea), wird ebenfalls durch die Miniaturen bestätigt.

 

Dieses kostbare und reich geschmückte Schwert konnte aber wegen der Kostspieligkeit des Materials und der Schwierigkeit der kunstvollen Herstellung nur die Waffe der bevorzugten Krieger gewesen sein; der gewöhnliche Kriegsmann hat sich einer Waffe ohne solchen Schmuck bedienen müssen, die ganz nach den gleichen Grundsätzen konstruiert war wie die geschmückte Prunkspatha, wie wir aus den Funden und Miniaturen ersehen haben.

 

Dieses einfache Schwert besonders zu beschreiben, fanden die Geschichtsschreiber nicht nötig, da es ja allen Lesern ihrer Zeit bekannt sein musste, und deshalb erfahren wir aus den Schriftquellen ausschließlich nur Beschreibungen von Prunkschwertern.

 

Das Gleiche gilt von der Scheide und der Schwertfessel.
Die Schwertscheide,
vagina, theca, ahd. scogilo, scogila?, besteht aus Holz mit Mundstück, Ortband, Randleisten und weiteren Verzierungen.

 

Die Scheide wird als nebensächlich in den Schriftquellen spärlich erwähnt. Die ausführlichste Schilderung finden wir beim Monachus Sangallensis I c. 34:
spatha primum vagina, secundo corrio qualimcunque, tertio linteamine candidissimo cera lucidissima roborato ita cingebatur ut per medium cruciculis eminentibus ad peremptionem gentilium duraret.

 

Die Scheide bestand nach diesem aus Holz mit einem Lederüberzug, welcher noch durch weiße, mit sehr hellem Wachs gestärkte Leinwand umgeben wurde. Die Mitte bildeten eine Reihe senkrechter glänzender Kreuzchen, wahrscheinlich aus Metall, ähnlich wie die merowingischen Scramasaxscheiden halbmondförmige und runde Zieraten aufweisen.

 

Von den anderen Teilen der Scheide erfahren wir nichts, außer Beowulf 2777: das erzgeschuhte eiserne Schwert, also ein Schwert mit bronzenem Ortband; ferner erwähnen Diplom. Carolin. t. I p. 242 Nr. 174, März 795, aus der Beute der besiegten Sarazenen eine spata ex India cum techa de argento parata. Spata ex India wird hier wahrscheinlich nur die morgenländische Herkunft dieser Waffe bedeuten – vielleicht war es ein Säbel.

 

Dass die Scheide noch reicher verziert wurde, etwa mit Edelsteinen und Gemmen, wissen wir aus den Darstellungen der Miniaturen und den erhaltenen merowingischen Schwert- und Messerscheiden. Die weiße Farbe und die Kreuzverzierungen sind uns ebenfalls bekannt.

 

Die Scheide wurde an der Schwertfessel, cingulum militare, baltheus militaris, getragen und diese um die Hüfte geschnallt. Agnelli lib. pontific. eccl. Ravenn. c. 96: alligavit (gladium) iuxta capitalia lecti fortiter cum ipsa lora, qua regi praecingebatur lumbos, quod ipsa infixa erat vagina.

 

Dieser baltheus war oft reich geschmückt. Einige Stellen sind bei der Beschreibung des Schwertschmuckes schon erwähnt worden; hier folgen die übrigen:
Greg. Tur. X 21: offerentes balteum magnum ex auro lapidibusque preciosis ornatum
Chron. Moissiac. a. 815: dedit ... baltheos aureos ... gemmatos
Angilberti de eccl. Centulensi libell.: balteus aureus unus
Milonis de sobrietate carm. II 114: Balteus et rutila gemmarum luce coruscans.

 

Das Wehrgehänge bestand nach diesen und den früheren Stellen häufig aus kostbaren Stoffen. Das aureus wird entweder golddurchwirkten Stoff bedeuten oder Goldplättchen und Riemenzungen, die auf Leder oder anderem Stoff befestigt waren. Daneben treffen wir Ausschmückungen mit Edelsteinen, mit Gemmen und Elfenbein. Jedenfalls waren die beiden Riemenzungen der Schwertfessel meist aus Metall – viele Funde bestätigen dies ebenso wie die Miniaturen.

 

Die Schwertfessel wurde um die Hüfte geschlungen und das Schwert daran befestigt. Hildebrandslied 6: gurtun ihro suert ana helidos ubar ringa.

 

Das cingulum militare bildete sich später allmählich zum eigentlichen Abzeichen des Ritterstandes aus, und mit seiner feierlichen Umgürtung war die Aufnahme darin verbunden.

 

Das Schwert der Karolingerzeit samt seinen Bestandteilen haben wir nun kennengelernt, daher wollen wir im Weiteren verfolgen, was wir über seine Herstellung, seinen Wert, seine Wertschätzung und Bedeutung für jene Zeit, über seine Führung in Krieg und Frieden, nebst seiner Verbreitung im In- und Ausland aus den Schriftquellen erfahren.

 

Im Abschnitt über die Funde wurde die Herstellung der Schwerter schon behandelt; es erübrigt sich nur noch, die wenigen Stellen in den schriftlichen Zeugnissen nachzutragen, die über die Herstellung von Schwertern, über die Schmiedekunst und die Wertschätzung der Schmiede berichten.

 

Paulus Diacon. L 27 erwähnt: arma quaeque praecipua sub rege Albuino fabricata fuisse a multis narratur, ferner den Brief Theoderichs an den Warnerkönig (vgl. S. 131). Die Eisenindustrie blühte in Oberitalien und bei den Warnen nach diesen Zeugnissen, ebenso war das auch bei den Franken und den übrigen deutschen Stämmen der Fall, wie die Eisensteinbergwerke und Eisenschmelzen, deren Spuren noch vorhanden sind, beweisen, obwohl die Schriftquellen uns davon keine genaue Kunde bewahrt haben.

 

Otfried von Weißenburg berichtet in seiner Evangelienharmonie I 169 über die Eisengewinnung am Rhein (nicht Main):
Zi nuzze grebit man ouh thar er inti kuphar, ioh bi thia meina isine steina.

 

Von der bayerischen Waffenschmiedekunst berichtet im 11. Jahrhundert das Annolied XX 293/305:
Dü sich Beireland wider in vermaz, die merin Reginsburch her se besaz, da vant er inne heim unte brunigen manigen helit güdinjdie dere bürg huhdin. Wiliche knechti dir werin, deist in heidnischin büchin meri. Da lisit man: Noricus ensis, das diutit ein svert Beierisch wanti si woldin wizzen, daz nigeini baz nie bizzen, die man dikke durch den heim slug.

 

Nicht viel mehr teilen uns die Schriftquellen unserer Zeit über den Schmied mit; erst die spätere Heldensage weiß von wunderkräftigen Schmieden zu berichten, die den Helden ihre unvergleichlichen und ruhmvollen Klingen schmiedeten und deren Namen gefürchtet, geehrt und weit verbreitet war. Doch dieses kann für unsere Darstellung nicht mehr in Betracht kommen.

 

Sicher ist, dass der Schmied von der germanischen Frühzeit an bis tief ins Mittelalter den Ruf eines hochgeschätzten und geehrten Mannes besaß. Aber gerade in unserer Zeit schweigen die Quellen beinahe völlig. In den Volksgesetzen wird die Tötung eines Waffenschmieds mit höherer Strafe bedroht als die anderer Knechte.

 

Die Lex Alamannorum a Hlothario instituta lib. II tit. 81,7 setzt fest: Faber, aurifex aut spatharius, qui publice probati sunt, occidantur, 40 sol. componat, ähnlich die Lex Salica und Burgundionum.

 

Im Beowulf 1680 wird ein Schwert der Riesen „alte Arbeit“, das Werk der Wunderschmiede, genannt. Wielands Name finden wir bei Ademar III 28: ense corto durissimo per media pectoris secuit simul cum thorace una percussione (corto nomine durissimo quem Walander faber cuserat). Ferner Walthari 964: Et nisi duratis Velandia fabrica giris obstaret.

 

Die Geschichtsschreiber unserer Periode erwähnen die Herstellung des Schwertes und die Tätigkeit der Schmiede nicht, weil sie diese Kenntnisse als selbstverständlich erachteten – wie ja auch die einzelnen Schwertformen und ihr Aussehen aus den Schriftquellen zu ergründen nicht möglich ist.

 

Nicht viel besser sind wir über den Geldwert des Schwertes unterrichtet. Die Annal. Bertiniani a. 869 berichten einmal, dass mit 150 Schwertern Gefangene ausgelöst wurden; wie viele, erfahren wir nicht, sodass hier die Werterkenntnis des Schwertes unmöglich ist.

 

Für die Frühzeit hingegen bestimmt die Lex Ripuaria tit. XXXVI 11: Si quis weregeldum solvere coepit. Spatam cum scogilo pro septum solidos tribuat, spata absque scogilo per tres solidos tribuat.
Scogilum stammt von scoh – Schuh, Schwertschuh, Ortband und Scheide.

 

Diese Stelle ist darum sehr merkwürdig, weil der Wert einer spatha ohne Scheide nur drei solidi und die Scheide allein mehr, nämlich vier solidi, wert hat. Scheidenbruchstücke mit Metallverzierungen sind in den Funden wenig häufig, die einem solchen Wert – mehr als das Schwert selbst – entsprächen.

 

Die hohe Wertschätzung der Scheide kann eher darauf beruhen, dass sie aus feinem Lederflechtwerk, kostbaren Stoffen, Pelzverzierungen, überhaupt aus vergänglichem Material bestand, das uns nicht mehr erhalten ist. Vielleicht war überhaupt nicht jede Scheide so kostspielig; man trug doch gewiss einfachere Scheiden, etwa bloß von Holz und Leder. Viele Funde von Klingen der Schwerter und Scramasaxe, an die Holzstücke oder das Leder angerostet sind, beweisen das.

 

Die Lex Ripuaria lässt uns weiter erkennen, wie hoch in jener Frühzeit die Waffen geschätzt wurden. Der Wert einer gesunden Kuh wird auf einen, der eines Ochsen auf zwei, einer Stute auf drei, eines Hengstes auf zwölf solidi angegeben.

 

Der Wert der spatha ohne Scheide war gleich dem von drei Kühen oder einer Stute, mit Scheide gleich dem von sieben Kühen. Wir sehen, dass ein Schwert eine teure Sache war, die in der früheren Zeit nicht jeder Krieger sich anzuschaffen vermochte.

 

Bei dem Wert von vier Kühen für die Scheide kann unmöglich eine gewöhnliche Scheide gemeint sein; dieser Wertansatz galt gewiss nur für kostbare Scheiden, z. B. die aus dem Fund von Tournai, Flonheim usw. – also Scheiden, die reich mit Gold, Almandinen und Granaten besetzt waren, nebst dem dazugehörigen reich verzierten Wehrgehänge.

 

Der gewöhnliche fränkische Krieger der Merowingerzeit wird eine einfache Holzscheide mit Leinwand- oder Lederüberzug und Bronze- oder Eisenbeschlag besessen haben. Die karolingische Scheide war jedenfalls beim gewöhnlichen Kriegsmann einfach und ihre Herstellung nicht sehr kostspielig. Man vergleiche die Schilderung des Mönchs von St. Gallen und die Scheiden der Miniaturen, sofern nicht Prunkschwerter dargestellt sind.

 

Sieben Kühe für Schwert und Scheide der Merowingerzeit waren ein Vermögen für jene Leute. Der breite, dicke, nicht federkräftige Scramasax war viel leichter herzustellen als eine spatha-Klinge, die ganz andere Anforderungen an den Waffenschmied stellte.

 

Aus diesen Gründen ist daher die spatha in der merowingischen Periode nicht allgemeine Waffe gewesen, sondern der billigere Scramasax. Erst mit der größeren Verbreitung der Schmiedekunst, der Eisenindustrie und des Handels, erst durch fabrikmäßige Herstellung der Klingen, ist die spatha zur Karolingerzeit bevorzugte Waffe geworden und sicher auch im Preis zurückgegangen.

 

Die kostbaren Prunkscheiden sind nicht mehr zahlreich; wir ersehen das aus den Funden, den Darstellungen der Miniaturen und den Schriftquellen. Das Prunkbedürfnis scheint sich nur noch bei der Ausschmückung der Schwertfessel betätigt zu haben.

 

Kostbar geschmückte Schwerter fanden als Geschenkgegenstände Verwendung, ferner als Zeichen der Übergabe und Unterwerfung, ebenso bei der Investitur zur Herrschaft. Es wurde beim Kreuzgriff des Schwertes geschworen und über ihm gebetet. Das Schwert wurde auch zum Sinnbild des Gerichts.

 

Das Schwert als Geschenk finden wir: Greg. Tur. X, 21 – Annal. Fuldens. a. 873 – Regino chron. II a. 799 – Cod. Carol. ep. 17 – Alcuini ep. 57 a. 796 – Mon. Sang. I 21 – Testament. Evrardi Ademar hist. lib. II 41 – ferner öfter im Beowulf und im Isländerbuch.

 

Als Zeichen der Übergabe im Mon. Sang. II 18 – Walthari 64 – Wiponis vita Chuonradi imp. c. 13 – Annal. Einhardi a. 799.

 

Bei der Investitur zur Herrschaft: Annal. Bertiniani a. 877. Bei den Goten fand die Annahme an Sohnes statt durch Übergabe des Schwertes ihre Bekräftigung, bei den Franken durch die Lanze.

 

Das Schwert beim Schwur finden wir in Hrotsvithae primordia coenobii Gandeshemensis 849: iurat per gladium. – Das Gebet über dem Kreuzgriff bei Walthari 1159: Contra Orientalem prostatus corpere partem ac nudum retinens ensem hac cum voce precatur...

 

Ferner bildet das Schwert neben dem Streitkolben die Waffe beim gerichtlichen Zweikampf (Lex Alamann. a Hlothario instituta LXXXVII).

 

Weit wichtiger als diese Stellen sind die Belege, die uns über die Handhabung und den Gebrauch des Schwertes im Kampf aufklären.

 

Das Schwert kann zu Hieb und Stich verwendet werden, je nach seiner Beschaffenheit, und vermöge dieser Eigenschaft hat es seine große Bedeutung erlangt: Es wird die Waffe schlechthin.
Astronomi vita Hludowici imp. c. 59: armis virilibus, id est ense cinxit; ferner ahd. Glossen: I 70,40 gladius – wafan; ebenfalls 144,8; 242,89; 316,8; 412,57; 425,18; 514,24; 687,7; 684,4.

 

Ganz allgemein wird wafan und arma für das Schwert gesetzt – es war eben die Hauptwaffe geworden. Seine Führung und Wirkung im Kampf wird in den Schriftquellen oft geschildert, und wir wollen im folgenden Teil noch näher darauf eingehen.

 

Leider sind die Bezeichnungen des Schwertes in den Schriftquellen nicht immer so klar, dass man unbedingt daraus die Anwendung zu Hieb und Stich erkennen kann. Aber beim Großteil der Erwähnungen ist doch die Art der Führung des Schwertes deutlich bezeichnet.

 

Den Schwertkampf im Allgemeinen schildern die folgenden Stellen am besten:

 

Beowulf 483: mit der Schwerter Schrecken den Kampf bestehen – 583: niemals ich von dir solchen Schwertkampf erzählen hörte, der Schwerter Graus – 596: dass er der Fehde nicht bedarf, des feindlichen Schwertsturms – 1041: das Spiel der Schwerter kämpfen.

 

Das Schwert wurde mit der Rechten geführt, und man musste tüchtig ausholen zum Streiche. Beowulf 1520: er verlieh einen gewaltigen Anlauf dem Schlachtschwert, dass um das Haupt das sieggeschmückte gellte ein grauses Kampflied – Regino chron. a. 885: evaginato gladio cum summo annisu in capite percuteret Greg. tur. vitae patrum VIII 7: unus elevati ensis acumine cum adsultu gravi virum percutit.

 

Was für Hiebwirkungen die Spatha sowohl auf die Rüstung als auch auf den Körper hervorbrachte, ersehen wir aus den folgenden Zeugnissen. Das „in Stücke hauen“ finden wir oft bei Gregor von Tours, so III 15: gladiorum ictibus in frusta discerpi – V 5: extractis gladiis eum in frusta concidunt membratimque dispergunt – VIII 41: in frusta concidit – IX 9: eum gladiis minutatim caput conliserunt – ferner Greg. tur. vitae patrum IV 2: gladiorum ictibus in frusta discerptus est.

 

Gewaltige Hiebe trennen das Haupt vom Rumpf: Greg. tur. hist. Franc. VI 13: extracto gladio in capite librat, ita ut descendens per oculos gladium cervical capitis amputaret – ibid. VI 35: ut ad decidendum cervicem eius gladius imminerit – VII 39: extracto gladio caput eius cum cocullo decidit Annal. Mettens. a. 716: gladio amputavit Paul. Diac. hist. Lang. III 2: extracto gladio, ut caput eius amputaret Vita S. Meingoldi comitis c. 11: caput gladio amputat Panegyr. Berengarii imp. I 200: illius ense deiectum longe caput a cervice cucurrit... fuso super arma cerebro Milonis carm. de sobrietate II 183: Ille caput flexum gladio fulgente cecidit Ermoldi Nigelli in honor. Hludow. pii carm. II 479: caput afertur collo tenus ense revulsum Richer hist. lib. II 35: Ictuque in dextram obliquato provocantis caput cum humero sinistro obtruncat Walthari 345: gladio mea colla secentur.

 

Ein gebräuchlicher Hieb scheint der gegen die Füße und Schenkel gewesen zu sein: Vita S. Meingoldi c. 15: pedem... gladio amputat Isländerbuch I 140: Gellend hallte hoch der Schild vom scharfen Hiebe, meines Schwertes scharfe Schneide fuhr dem vorderen Feinde pfeifend durch den Schenkel – p. 217 wird ein Schwert „Fußbeißer“ genannt. Schwerthiebe ins Bein treffen wir bei verschiedenen Kampfszenen, ibid. II 185, 214; II 134 z. B.: er schwang das Schwert… schlug das Schildende ab und das Bein dazu – auch Walthari 1029: suras mucrone recidit.

 

Daneben wird auch der Armhieb angewandt worden sein. Agnelli lib. pontif. eccl. Ravenn. c. 174: nec erat quies secantium gladiis membra Carm. de bello Saxon. VII 181: Corpora perfossi telis gladiisque secati.

 

Dieses Sich-Durchhauen durch die Reihen der Feinde wird in späterer Zeit diu kere genannt: Richer hist. lib. 743: ferro viam violenter aperiens Wiponis vita Chuonradi imp. c. 13: gladiis viam facientes Brunswilarensis monasterii fundaturum actus c. 5: gladio viam secans.

 

Die gebräuchlichste Hiebweise, wenn es zum suertu hauwan (Hildebrandslied 53) kam, war der Kopfhieb. Paul. Diac. IV 51: ense in cervice percussit Annal. Bertiniani a. 864: in capite spatha percutitur pene usque ad cerebrum Regino chron. a. 870: evaginato gladio ex adverso eum in capite percussit Thietmar chron. V 18: gladio caput eius merso.

 

Im Isländerbuch ist der Kopfhieb der häufigste: I 148: „Über mir des Schwertes Schlund mit weitem Klaffen gähnt, die Stirne splittert und die Arme sinken.“

 

Oft tritt aber dem Hieb die Rüstung entgegen – Schild, Helm und Brünne. Nicht immer vermochte die Rüstung den Krieger zu schützen; Schild, Helm und Brünne werden hie und da durchgehauen. Beowulf 2259: das Heerkleid, welches im Kampfe erfuhr der Schwerter Bisse über der Schilde Krachen – 2489: der Kampfhelm zerfiel, der Greise sank schwertgetroffen… den Todesstreich hielt er nicht auf – Liudbrandi lib. antapodos. II 4: Sic galeae strictis reboant tunc ensibus ictae – ibid. IV 24: Heinricus vehementer in brachio est percussus, et quamquam loricae triplicis fortitudo ad carnem usque ensis aciem non admitteret, pondus tamen percussionis acerbae brachium est adeo in livorem conversum, dass er den Arm nicht mehr gebrauchen konnte im Gefecht.

 

Walthari 1370 ff: Aeratam caput inclinans obiecit ad ictum... sed cassis fabricata diu meliusque peracta excipit osculum mox et scintillat in altum, cuius duritia... sed stupefactus dissilit ensis... crepitans partim micat aere et herbis.

 

Adalboldi vita Heinrici II. imp. c. 39: gladium quo accinctus erat extractum... uni ab acumine galeae usque in iugulum infixit Chronic. Salernitan. c. 83: eius galea forti ictu percussit Abbo bell. Parisi. I 286: crudeli lorica mucrone foratus Isländerbuch II 215: Darauf hieb er mit dem Schwerte und traf ihn am Halse. Er hatte in einer Filzhaube gesteckt, die über die Schulter ging und am Halse mit Horn unternäht war; dahinein war der Hieb gegangen.

 

Alle diese Schilderungen handeln von der Hiebwirkung des Schwertes; ganz selten wird der Stich erwähnt, wie auch bei den Darstellungen der Miniaturen der Hieb vorherrscht und in den Funden stumpfartige, nur zum Hieb taugliche Spathen überwiegen.

 

Die Schilderungen der Stoßwirkung des Schwertes sind nie recht deutlich gekennzeichnet, etwa so wie die der Hiebwirkung. Jedoch kann man ersehen, dass das völlige Durchbohren des Gegners vorkam. Beowulf 891: Doch es glückte ihm, dass er mit dem Schwerte durchbohrte den wunderbaren Wurm, dass es an der Felswand stand, das vorzügliche Schwert – Walthari 683: capulo tenus ingerit ensem Ludwigslied 52: Sunan thuruhskluog er, sunan thurustah her Abbo bell. Paris. I 286: crudeli lorica mucrone foratus.

 

Zum Stoß konnten natürlich nur spitzartige Klingen verwendet werden; wie wir aus den Funden wissen und aus den Miniaturen, existieren spitz- und stumpfartige Schwerter nebeneinander, die letzteren jedoch in bedeutend größerer Anzahl vertreten.

 

In den benutzten Schriftquellen finden sich ungefähr 160 Ausdrücke, die einen genauen Schluss auf die Verwendung des Schwertes zulassen. Auf den Gebrauch zum Hieb weisen zwei Drittel der Bezeichnungen, auf den Stoß nur ein Drittel; also überwiegt in den Schriftquellen die Führung des Schwertes als Hiebwaffe, analog den Funden und den Darstellungen der Miniaturen.

 

Für den Stich taugte die Lanze viel besser; der erste Anprall hatte mit dem Speer zu geschehen, erst dann trat das Schwert als Hiebwaffe im Nahkampf hervor und brachte die Entscheidung. Mit dem Schwert in der Faust wurde der Kampf zu Ende geführt, nachdem die Lanze als Stoß- oder Wurfwaffe ihre Schuldigkeit getan hatte. Aus den früher herangezogenen Schriftquellen haben wir den Gebrauch des Schwertes genau betrachtet.

 

An dieser Stelle sollen nur noch einige Beweise für die Kampfart mit Lanze und Schwert gebracht werden. — Gregor von Tours kennt den Lanzenwurf mit nachfolgendem Schwertkampf an folgenden Stellen: hist. Franc. V 5, 25, 32; VII 29, 46; IX 10; X 15. — Im Hildebrandslied 63: clo lettun se aerist askim scritan scarpen scürin Angilberti de conversione Saxonum carm. 45: per spicula lata cruore contrivit sibimet gladio vibrante subegit Poeta Saxo vita Caroli II 213: dardique volant... gladio regnante Ermoldi Nigelli in hon. Hludow. pii carm. IV 459: confixus cuspide... stricto caput abstulit ense — ibid. 607: et iaciunt hastas mucronibus insuper actis Regino chron. a. 860: Franci qui cominus strictis gladiis pugnare consueverant Richer hist. lib. I 8: At regii pedites hostibus directi primo certamine sagittas iaculantur, densatique lanceis obversis in illos (Nortmannos) feruntur. Post pedites regius equitatus succedit ac acies hostium multo nisu inrumpit.

 

Ferner II 35: Die königliche Reiterei hält einen Angriff aus und geht dann zur Offensive gegen die Normannen über, indem sie ungeteilt ansprengt und die Gegner zu Boden wirft, niederhaut, durch die feindlichen Reihen bricht und wieder umkehrt. In zweimaligem Angriff wird der Gegner zersprengt. — ibid. III 76: telum iaculatus clipeum gravi ictu pertundit gladioque eclucto erfolgt der Angriff. — Liudbrandi lib. antapod. II 4: Spicula scinduntur validae quis terga loricae, sic galeae strictis reboant tum ensibus ictae Widukind res gest. Sax. I 9: telis emissis gladii res agitur — ibid. III 46: gladiis ineipiamus nach vorherigem Speerwurf — Benedict chron. 23: Hic caret hasta loco sed solus dimicat ensis Tomelli hist. monasterii Hasnoniens. 11: gladiis iam non missilibus pugna geritur Panegyr. Bereng. II 96: Italo vibrant omnes de more sarissas — ibid. 101: ac labor est saevis gladios praetendere Iberis Gumpoldi vita S. Vencezlavi ducis c. 19: membra lanceis gladiisque perfodiunt Carm. de bello Saxon. I 103: Eminus emissis crebrescunt vulnera telis post haec res agitur gladiis — ibid. III 181: Corpora perfossi telis gladiisque secati Gesta Galcherii eps. Cameracens. c. 67: sed ventum est ad gladium Walthari 190: Postremum cunctis utroque ex agmine pilis absumptis manus ad mucronem vertitur omnis — ibid. 673: hastam misit... mucronem educere coepit — 766: hastile retorsit... tunc aciem gladii promens — 716: Sub mentum cuspidis ictum fixerat... caput... mucrone recidens — 746: hasta volans... vi diripit ensem — 783: hastam dimisit... confisus ensem — 909: fixa gladio petit ocius hasta — 921: hastam rapiebat... demerserat ensem — 970: amissa gladium nudaverat hasta — 1360: missa cuspide... evaginato ense.

 

Aus diesen Belegen geht deutlich hervor, dass die Taktik des Angriffs zur Karolingerzeit bis ins Mittelalter hinein darin bestand, mit der Lanze, sei’s durch Wurf oder Stoß, den Feind in wuchtigem Anprall zu erschüttern — in der Frühzeit zwar noch nicht in geschlossener Formation — und dann, zum Schwertkampf übergehend, seine Reihen zu durchbrechen. Auch der Einzelkämpfer bediente sich zuerst der Lanze und darauf zum Entscheidungskampf des Schwertes.

 

Neben der Verwendung des Schwertes zu Hieb und Stich findet sich noch eine merkwürdige Erwähnung vom Gebrauch der Spatha zum Wurf. Richer hist. lib. II 35: Propinquantesque (Nortmanni) patrio more in primo tumultu enses iaciunt. Quorum densitate equites territos ac sauciatos rati, cum clipeis et telis prosecuntur. At regius equitatus ensium nube dilapsa clipeorum obiectione tuti in pedites feruntur.

 

Ferner wird der Schwertwurf noch angeführt in Leges Langobard. lib. Papiensis Rothari 330: Si quis vindicando occiderit canem alienum, id est cum spata aut virga, aut cum quolibet arma manu tenendo non requiratur. Tantum est ut ipsa virga talis inveniatur esse, ut mediocris spata. Nam si post ipsum iactaverit et eum occiderit, reddat ferquinum, i. e. similem.

 

Dieses Letztere ist begreiflich. Dass aber eine ganze Heeresabteilung — und erst noch nach alter normannischer Sitte — Schwerter schleuderte, trotzdem ihnen Lanzen (tela) zur Verfügung standen, ist kaum glaublich. Das Schwert ist keine geeignete Wurfwaffe, und zudem hätten sich die auf solche Weise Angreifenden wehrlos gemacht, wenn der Gegner dann seinerseits mit Lanze und Schwert bewaffnet heranstürmte. Dazu war das Schwert ja für den Besitzer im Falle einer Niederlage völlig verloren, sobald er es geworfen hatte.

 

Diese „vaterländische Sitte“ der Normannen ist zudem aus keiner der übrigen Quellen bekannt. Die Beschreibung einer so merkwürdigen Sache hätten die Chronikschreiber kaum unterlassen. Auch sonst findet sich kein Anhaltspunkt für den Schwertwurf im Kriege. Die Darstellung Richers muss daher auf einem Missverständnis oder auf Erfindung beruhen.

 

Damit wäre die Schilderung der Führung des Schwertes erledigt, und wir haben nur noch die Verbreitung des Schwertes im karolingischen Kulturkreis zu betrachten und zum Schluss die Resultate aus den Ergebnissen der Funde und Miniaturen mit denen der Schriftquellen zu vergleichen.

 

Bei der Behandlung der Funde haben wir darauf hingewiesen, dass im Karolingerreich und in der Folgezeit eine schwungvolle Waffenfabrikation stattfand und ebenso ein ausgedehnter Handel. Die Belegstellen wurden dort angegeben.

 

Der Verkauf von Waffen im karolingischen Reich war frei, die Grenze jedoch gesperrt, wie wir später noch genauer erfahren werden. Das Edictum pistense vom 3. November 862 (Bor. 273) bestimmt: designata sunt loca regni usque ad quae negotiatores brunias et arma (Schwerter) ad venundandum portare et vendere debeant.

 

Von einem Zoll bei der Überschreitung von Gebietsteilen innerhalb des Imperiums erfahren wir durch den Zollkatalog des Bischofs Giso von Aosta (a. 960; Schulte, Geschichte des Handels I 68). Von einem Dutzend Lanzen wurde ein Stück als Zollgebühr genommen, von einer Saumlast von Schwertern zwei. Neben der Spatha galt als wichtiger weiterer Handelsartikel die Brünne; der Helm wird merkwürdigerweise nicht genannt. Ferner Schilde, Sättel, Zügel, Sporen — letztere drei erwähnt im Katalog Gisos.

 

Die Annales Bertiniani a. 876, aus Anlass der Schlacht von Andernach, berichten von mercatores et qui scuta vendentes, die beim Heer geweilt hätten. Jedenfalls wurden dort auch Schwerter und sonstige Waffen feilgehalten. Der Handel im Inland war sicher ausgedehnt, sonst würde man nicht an den verschiedensten Orten Schwerter von gleichem oder nur ganz wenig verändertem Aussehen gefunden haben; das gilt, wie wir wissen, auch von den Lanzen.

 

Wer aber war der Abnehmer dieser Schwerter?
Wohl zunächst der Berufskrieger, dann wurde im Frieden das Schwert als Waffe der Vornehmen und der Freien getragen. Schon zur Merowingerzeit finden wir in den Schriftquellen an vielen Stellen, hauptsächlich bei Fehden und Streitigkeiten im Frieden, Bewaffnete, bei denen keine andere Waffe als das Schwert angeführt ist; als Waffe, die immer bei der Hand war, schildern ferner die Bestimmungen der Gesetze die
Spatha.

 

In der Karolingerzeit wurde das Schwert in Friedenszeiten von den Vornehmen und begüterten Freien gewiss allgemein geführt. Das ist noch daraus ersichtlich, dass in den Kapitularien über Wehrpflicht und Waffenausrüstung alle anderen Waffen aufgezählt werden, das Schwert aber – das wir als wichtigste Waffe neben der Lanze aus den Schriftquellen und Miniaturen sowie den Funden kennen – meist nicht erwähnt wird, weil der Besitz der Spatha beim wehrpflichtigen Freien als selbstverständlich vorausgesetzt wurde. Man trug also im Frieden das Schwert ebenfalls, nicht aber Lanze, Rüstung und Schild.

 

Capitul. missor. in Theodonis villa dat. secund. generale a. 805 (Bor. 44) c. 5:
De armis infra patria non portandis, id est scutum et lanceis et loricis.

 

Liber Papiensis Pippini leg. Langob. c. 40:
Ut nullus ad mallum vel placitum infra patriam arma i. e. scutum et lanceam portet – ebenso Lib. Papiens. Caroli magni c. 20.

 

Nur in der Kirche war das Schwerttragen verboten, und es stand schwere Bestrafung auf dem Ziehen der Spatha in der Kirche; auch die übrigen Waffen sollten nicht dorthin mitgenommen werden.

 

Ansegisi abb. capitularium collectio IV 14 – Hlotharii capitul. Papiense Febr. 832 c. 2 (Bor. 201) – Consilium Triburense Mai 895 c. 4, c. 6 (Bor. 275) – Lex Romana Raetica Curiensis addit. III.

 

Die Geistlichkeit sollte nach kanonischem und weltlichem Recht überhaupt keine Waffen führen:

 

Carlmanni principis capitul. Apr. 742 c. 2 (Bor. 11):
Servis Dei ... armaturam portare vel pugnare aut in exercitum et in hostem pergere ... prohibuimus.

 

Decretum Vermeriense a. 758/68 Pippini Capitul. (Bor. 16):
Ut arma clerici non portent.

 

Capitul. Karls des Kahlen a. 846 c. 37:
Ut quicunque ex clero esse videntur, arma non sumant, nec armati incedant; quod si contempserint, tanquam sacrorum canonum contemptores et ecclesiasticae sanctitatis profanatores proprii gradus amissione multentur, quia non possunt simul Deo et seculo militare.

 

Die Annales Bertiniani a. 882 entrüsten sich, dass Walam episcopum Mettensem contra sacram auctoritatem et episcopale ministerium bellantem et armantum.

 

Diese Verbote waren oft illusorisch, zeigen uns doch viele Schilderungen in den Schriftquellen streitbare Kleriker und Bischöfe bis tief ins Mittelalter hinein; sogar auf dem Teppich von Bayeux ist Odo episcopus baculum tenens in voller Ausrüstung dargestellt. Einige Hauptstellen dafür finden sich bei Paulus Diaconus V 40 – Annales Fuldenses a. 849 – Annales Bertiniani a. 866 – Annales Vedastini a. 879, a. 880, a. 882 – Richer I 49 – Casus S. Galli c. 3.

 

An sehr vielen Stellen wird das geistige Rüstzeug angeführt; dieses lässt erkennen, dass die damalige Geistlichkeit wohlvertraut war mit Benennung und Zweck der Waffen.

 

Für das Schwert allein als geistige Waffe kommen folgende Namen mehrfach vor:
Schwert des Anathematis, des Fastens, des Wortes Gottes, der göttlichen Zurechtweisung, des Heils, des göttlichen Zorns, des Heiligen Geistes, der Lesung, des Gebets, der Kirche; evangelisches Schwert (mucro evangelicus).

 

Alle diese Verbote des Waffentragens, sei es für Kleriker oder Laien, lassen erkennen, dass die Spatha auch im Frieden getragen wurde. Erst im Kriege trat die Lanze als weitere Waffe zum Schwert. Sehen wir, wie dieses in den Wehrpflichtgesetzen behandelt wird.

 

Die Lex Visigothorum lib. IX Tit. II 1 zählt zur allgemeinen Bewaffnung die Spatha, ebenso die Lex Ripuaria XXXVI 11, die übrigen Volksgesetze aber nicht. Die Kapitularien geben uns mehr Kunde.

 

Capitul. missorum a. 792 vel 86 c. 4 (Bor. 25) nennt die Spatha in der Ausrüstung, nicht im Capitul. de villis a. 800 c. 64. Hingegen im Capitul. Bononiense Oct. 811 c. 10 nur Brünne und Schwert. In Caroli ad Fulradem abb. ep. a. 804/11 ebenfalls zur Bewaffnung gehörend, ferner Capitula Francia c. 6 und Annal. Benedictini lib. 26 c. 89 a. 798, dann wieder fehlend im Capitul. Aquisgranense a. 801/13 c. 9.

 

Aus dem Fehlen des Schwertes bei einigen Waffenaufzählungen in den Kapitularien dürfen wir aber nicht den Schluss ziehen, das Schwert habe nicht zur Ausstattung des karolingischen Kriegers gehört. Es wurde wahrscheinlich weggelassen, weil man annahm, jeder Krieger besitze sowieso eines. Auch war das Schwert dauerhafter und fester als eine Lanze – es konnte länger gebraucht werden, während die Lanze eher zerbrach oder verloren ging; deshalb wird immer an die Lanze gedacht.

 

Überhaupt sind die Kapitularien in ihren Bestimmungen gerade in den Ausführungen über die Bewaffnung unklar und widerspruchsvoll; zudem sind einige gar nicht auf uns gekommen, die Hauptbedeutung für die Bewaffnung hatten.

 

Wenn die Kapitularien uns keine bestimmte sichere Auskunft geben über das Schwert in der Kriegsausrüstung, so wissen wir aus den übrigen Schriftquellen, dass das Schwert die Waffe des Kriegers jener Zeit war und auch im Frieden getragen wurde; ebenso weisen Miniaturen und Funde darauf hin, ferner die Ausfuhrverbote von Waffen – das heißt nur von Schwert und Brünne –, die übrigen waren nicht so wertvoll.

 

Diese Schwertausfuhrverbote hatten den Zweck, die Gegner ringsumher, die keine so guten Waffen herstellen konnten, am Bezug zu hindern und die eigene überlegene Bewaffnung zu wahren; wie ja heute noch in überseeischen Kolonien der Handel mit Schusswaffen unter strenger Kontrolle steht oder überhaupt verboten ist.

 

Schon Karl der Große wird das eingesehen haben und, um seine Feinde an den Grenzen nicht mit fränkischen Waffen gegen das eigene Reich auszurüsten, diese Waffenausfuhrverbote für Spatha und Brünne erlassen haben.

 

Daneben erkennen wir aus diesen Bestimmungen, dass die Eisenindustrie – hauptsächlich die Waffenschmiederei – so entwickelt war, dass sie auf Export hin arbeiten konnte, obgleich die Eisengewinnung zur karolingischen Zeit lange nicht so intensiv war wie im späteren Mittelalter. Beck (Geschichte des Eisens I, 728) verweist auf die Spärlichkeit der Verwendung des Eisens im Frühmittelalter zu Werken des Friedens.

 

Die auf die Ausfuhrverbote bezüglichen Stellen folgen anbei:

 

Capitulare Haristalense März 779 c. 20 (Bor. 20):
De brunias ut nullus foris nostro regno vendere praesumat.

 

Capit. missorum a. 803 c. 7 (Bor. 40):
Ut baugas et brunias non dentur negotiatoribus.

 

Capit. missorum in Theodonis villa dat. secund. gen. a. 805 c. 7 (Bor. 44):
De negotiatoribus, qui partibus Sclavorum et Avarorum pergunt ... et ut arma et brunias non ducant ad venundandum, quod si inventi fuerint portantes ut omnis substantia ab eis auferatur.

 

Capit. Bononiense Oct. 811 c. 10 (Bor. 74):
Constitutum est ut nullus episcopus aut abbas aut abbatissa vel quislibet rector aut custos ecclesiae bruniam vel gladium sine nostro permissu cuilibet homini extraneo aut dare aut vendere praesumat, nisi tantum vasallis suis.

 

Edictum Pistense Nov. 862 c. 25 (Bor. 273):
Ut nullus sine permissu regio bruniam vel arma extraneo dare aut vendere praesumat, ut quicunque ... Nortmannis vel pro redemptione vel pro aliquo pretio bruniam vel quaecumque arma aut caballum donaverit, sicut proditor patriae et expositor christianitatis sine ulla retractione vel redemptione de vita componat ... ut omnis substantia eorum auferatur ab eis, dimidia quidem pars partibus palatii, alio vero medietas inter missos regios et inventorem dividatur, designata sunt loca regni usque ad quae negotiatores brunias et arma ad vendendum portare et vendere debeant.

 

Im Inland dürfen die Händler Schwert und Brünne verkaufen; der Export ist streng verboten und mit hoher Strafe belegt. Auch sonst dürfen keinem Ausländer Schwert und Brünne verkauft oder geschenkt werden. Die Grenzorte, wo der Verkauf sistiert werden muss, sind genau bestimmt; leider aber sind diese Kapitularien nicht erhalten.

 

Für einzelne Grenzländer wurde das Verbot noch besonders betont, so bei Slawen, Awaren und Normannen. Mit der Auflösung des Karolingerreichs erlosch die Bedeutung dieser Verbote, deren Ausführung wahrscheinlich nie ganz durchgeführt wurde und auch nicht werden konnte bei der mangelhaften Kontrolle jener Zeit.

 

Die karolingischen Schwerter und Lanzen haben ihren Weg ins Ausland trotzdem gefunden, wie uns die Funde karolingischer Waffen in den Ländern des karolingischen Kulturkreises lehren.

 

In der romanischen Zeit stand der Waffenexport von Köln, Regensburg und Passau ins Ausland in hoher Blüte.

 

Zu erwähnen ist noch an dieser Stelle, dass auch fremde Waffen ins Karolingerreich kamen. Der Codex Carolinus Alcuini ep. 57 April 796 berichtet: dirigere studuimus unum balteum et unum gladium hunniscum et duo pallia sirica, als Geschenke. Es muss sich hier um einen Säbel orientalischen Ursprungs handeln, wahrscheinlich um einen awarischen Säbel.

 

In der Wiener Schatzkammer befindet sich ein leicht gekrümmter Säbel mit reich verziertem, schwach nach vorne gebogenem silbernem Griff; dieser wird Karl dem Großen zugeschrieben (vgl. Boeheim, sog. Säbel Karls des Großen, Zeitschrift für historische Waffenkunde I, Heft 1).

 

Dieser Säbel ist nach Hampel (Ztschr. f. hist. Waffenkunde Bd. I, Heft 2 und Ungarische Altertümer Bd. I, S. 205) identisch mit den ungarischen Säbeln der sogenannten Zeit der Landnahme, also ungefähr 300 Jahre nach Karl dem Großen. Immerhin dürfte der gladius hunniscus, der Awarensäbel, ähnlich wie diese Landnehmersäbel gewesen sein.

 

Da das Krummschwert sonst in den Quellen nicht erwähnt wird und in den Funden nur in Ungarn und in slawischen Ländern vorkommt, liegt es nicht im Ziel dieser Darstellung, sich weiter darüber auszulassen. (Die Entwicklung des Säbels behandelt Hampel, Ungarische Altertümer Bd. I, S. 193 ff.) Dasselbe gilt auch für den sonst nirgends belegten Ausdruck suertstapa für mucro, ahd. Gloss. Bd. II, 661,35.

 

Wir sind damit am Schluss der Betrachtung der Schwerter in den Schriftquellen angelangt und haben aus den Schilderungen der zeitgenössischen Autoren ein Bild erhalten von Art, Aussehen und Beschaffenheit des Schwertes der Karolingerzeit – sowohl in seiner Gesamtheit wie in seinen einzelnen Teilen und seiner Ausschmückung. Ebenso lernten wir seine Anwendung im Krieg und seine Bedeutung als Hauptwaffe kennen, sowie seine Führung im Frieden nebst seiner Verbreitung im karolingischen Kulturkreis.

 

Das Schwert hat sich von der Merowingerzeit an in den Nachrichten der schriftlichen Zeugnisse einen immer wachsenden Einfluss errungen, bis es dann in der Karolinger- und Folgezeit seinen Platz als Hauptwaffe des gerüsteten Kriegers neben der Lanze erobert hat. Von der fränkischen Spatha ausgehend, hat sich das Schwert zur eigentlichen Nationalwaffe der Deutschen ausgebildet und behielt seine große Bedeutung bei, bis die Taktik des Hiebes durch die von den Romanen eingeführte des Stoßes im Spätmittelalter eine Umwandlung der ganzen Fechtweise herbeiführte.


Quelle: Die Trutzwaffen der Karolingerzeit vom 8. bis zum 11. Jahrhundert