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Notizen Heft 5

Frage 1: Herr A. v. S. in P. fragt an, welches die richtige Schreibweise der Namen Ferrara (Ferraro, Feraro), Ayala (Aiala) und Piccinino (Picinino) sei, und ob hieraus wohl auf die Echtheit der mit gedachten Namen bezeichneten Klingen geschlossen werden könne.

 

Antwort auf die Frage: Die Beantwortung dieser Frage ist durchaus nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick vielleicht den Anschein hat; auch ist es unmöglich, sie in dem eingeschränkten Rahmen, der in der Zeitschrift dafür verfügbar ist, gründlich zu behandeln. Der Fragesteller möge sich daher mit der folgenden kurzgefassten Antwort begnügen.

 

Der Name des zuerst genannten Klingenschmiedes findet sich am häufigsten Feraro geschrieben; mit dieser Bezeichnung bewahrt das Historische Museum zu Dresden zwei echte Klingen. In der Leibrüstkammer zu Stockholm dagegen ist eine Klinge, an deren Echtheit nicht zu zweifeln ist, Andrea Ferrara signiert. Mit der Bezeichnung Ferraro, bez. Andrea Ferrara, finden sich wiederum Nachahmungen im Historischen Museum zu Dresden.

 

Nach Boeheim, «Meister der Waffenschmiedekunst», kommt der Name, der vom Handwerk abgeleitet ist, sowohl in den angeführten als auch noch in anderen Schreibweisen in den Büchern der Kathedrale zu Belluno vor. Es dürfte daher die Echtheit der gedachten Klingen weniger an der Schreibweise des Namens als an ihrer Struktur zu erkennen sein und empfiehlt sich in zweifelhaften Fällen ein Vergleich mit fraglos echten Feraro-Klingen. Der Meister führte überdies noch eine Marke, ein gekröntes S mit Auge zwischen Buchstaben und Krone in einem spanischen Schild, die zumeist mit dem Namen zusammen, hier und da aber auch allein auf seinen Klingen vorkommt.

 

Der Schreibweise des Namens Ayala mit y sind wir auf echten Klingen des Meisters noch nicht begegnet; die Inschrift lautet vielmehr auf diesen stets Tornas de Aiala, mit i geschrieben. Es erscheint uns daher zweifelhaft, ob ein Degen im Musée d Artillerie zu Paris, J. 126, Catalogue par L. Robert, en 1889, mit der Jahreszahl 1570 am Knauf des Gefäßes, echt, bzw. ob der in spanischen Schrifttypen eingeschlagene Meistername richtig gelesen worden ist. Im Catalogo de la Real Armeria de Madrid vom Conde de Valencia de Don Juan, 1898, wird der Name im Text auf S. 232, 239, 243 Aiala, im Verzeichnis aber Ayala geschrieben, ein Widerspruch, der vielleicht durch die heutige Schreibweise des Ortes Ayala in der Provinz Alava, wohl dem Geburtsort unseres Meisters, veranlasst worden ist.

 

Außer mit dem Namen signiert derselbe häufig noch mit einem auf seinen Vornamen bezüglichen Stempel, einem T mit einem S darüber in spanischem Schild. Die Aiala-Klingen waren außerordentlich gesucht und wurden daher vielfach gefälscht. Nachahmungen sind jedoch unschwer sowohl an der weniger sauberen Arbeit als auch an der geringen Güte des Materials zu erkennen. Aber auch durch die Typen der Buchstaben, mit denen der Name eingeschlagen ist, sowie durch dessen Schreibweise, z. B. Thomas — anstatt Tornas, dAyala _ anstatt de Aiala, in Toledo — anstatt en Toledo, sind die Plagiate leicht von den Originalen zu unterscheiden. —

 

Als Schreibweise des dritten Namens erscheint uns Picinino mit einem c als die allein richtige; eine echte Klinge mit der Bezeichnung Antonio oder Federico Piccinino, mit cc, haben wir noch nicht gesehen. Da, wo der Name innerhalb einer ovalen Kartusche auf Klingen vorkommt (vergl. Boeheim, Meister der Waffenschmiedekunst, oder Catalogo della armeria reale, di Angelo Angelucci), ist er stets mit einem c wiedergegeben; trotzdem aber schreiben fast alle Fachgenossen Piccinino. So lautet der Name des Meisters in dem illustrierten Werk über die Kgl. Leibrüstkammer zu Stockholm von C. A. Ossbahr, so in dem Guidadel raccoglitore e dell amatore di armi antiche di Jacopo Gelli, Milano 1900, und anderen Fachschriften. Worauf diese Schreibweise sich stutzt, ob auf archivalische Unterlagen, ob etwa Antonio Petrini in seinem Manuskript über Mailänder Waffenschmiede den Namen so schreibt, oder ob ein etymologisches Moment für gedachte Orthographie vorliegt, da piccinino auf deutsch «sehr klein» heißt und der Name von diesem Wort hergeleitet sein dürfte, ist uns unbekannt. Bevor wir aber nicht eines anderen belehrt werden, können wir uns nur an die uns auf Klingen allein bekannte Schreibweise Picinino mit einem c halten und bestätigt unseres Erachtens dieser Stempel auch deren Echtheit, während Klingen mit der Bezeichnung Piccinino oder Piccinio oder gar Piccino, bez. Pichinino als Nachahmungen anzusehen sind.

 

Erwähnt sei Insbesondere für den Fall einer Entgegnung, dass es uns natürlich nicht unbekannt ist, wie häufig in der damaligen unorthographischen Zeit es vorkam, dass die Namen eines und desselben Meisters, bzw. einer und derselben Familie in verschiedener Schreibweise erscheinen. Es möge hier nur auf die Namen der Solinger Klingenschmiede Koller, Keuler, Kuler, an die Paether, Pather, an den Büchsenmacher Balthasar Dressier, Drechsler in Dresden, der als Marke eine Eule mit den Buchstaben B. T. gebrauchte, hingewiesen werden. Ja, wir halten es sogar nicht für unmöglich, dass der Plattner Valentin Siebenbürger während einiger Zeit einen Stempel führte, der neben dem «Stechhelm mit einer heraldischen Lilie als Zimier» die Buchstaben F. S., also Falentin zeigt, obgleich dies von anderer Seite bestritten wird. M.

 

 

Hefner-Alteneck, Dr. J. H. v., Lebenserinnerungen.

München 1899. (Nicht im Handel.) 404 S.

 

Die Memoiren-Literatur ist in den letzten Jahrzehnten eifrig gefördert worden. Sie wird von den späteren Historikern wohl mehr zu Rate gezogen, sicherlich aber mehr genossen werden, als die stattliche Reihe von Werken, in denen jetzt schon eine Übersicht über die Entwicklung der letzten hundert Jahre, sei es im Großen und Ganzen, sei es über einzelne Kulturzustände, zu geben versucht wird. Denn

 

ganz anders wird sich die Zeit in einer Selbstbiographie darstellen, wo sie in ihren mehr oder minder dramatischen Beziehungen zu einer scharf ausgeprägten Persönlichkeit geschildert wird, als in der wissenschaftlich zergliedernden Abhandlung des Gelehrten, der ebenso wie die weiter zurückliegenden Jahrzehnte, auch die kaum schon Vergangenheit zu nennende Periode in ein ausgeklügeltes Paragraphen-System hineinzwängt.

 

Derartige Gedanken stellten sich ein, als ich eben von dem Studium eines solchen gelehrten Werkes kam und mir ein freundliches Geschick die Lebenserinnerungen von Dr. J. H. v. Hefner-Alteneck auf den Schreibtisch legte. Der warme Ton der schlichten Erzählung fesselte mich bald ganz. Und mit herzlichem Dank, den ich dem Verfasser schuldig zu sein fühlte, schied ich von dem Buch. Die wenigen Zeilen, die ich ihm hier widmen möchte, sollen diesem Dank die Sprache leihen. Es ist in den Schilderungen nicht allzu viel von Waffen die Rede. Aber trotzdem, meine ich, darf sie die Zeitschrift eines Vereins, welcher den Verfasser sein Ehrenmitglied nennt, nicht unbeachtet lassen. Denn sie bilden einen Beitrag zur Geschichte der historischen Waffenkunde, indem sie uns von dem Bildungsgang eines Mannes unterrichten, der als einer der ersten versuchte, in das düstere Durcheinander leichtherzig ersonnener Fabeln Lichtstrahlen fallen zu lassen, deren Quelle eine aus streng sachlichem Studium und ausgebreiteter Denkmälerkenntnis hervorgegangene Erfahrung war. Es scheint uns heutzutage so leicht, bei der Sache zu bleiben, uns, den Kindern einer historisch streng geschulten Zeit. Wir unterliegen nicht mehr dem Zauber, seltsame Mär von Ritterspielen und Waffentaten zu erfinden, wir umwinden nicht mehr die Rüstungen eines Waffensaals mit novellistischen Kränzen und dichten auch dem schönsten Schwert kein Epos mehr an. Anders war es in Hefners Jugendzeit. Da blühte die «blaue Wunderblume der Romantik». Und wenn es sicher ist, dass sie manchem die Pforte zum Tempel historischer Erkenntnis erschloss, so ist es doch leider ebenso gewiss, dass sie vielen nur den Eingang zu Irrwegen öffnete. Unsere Burgen, die sich oft so seltsame Herstellungsversuche gefallen lassen mussten, geben noch heute davon betrübliche Kunde. Und wie sich hier eine willkürliche Phantastik einnistete, so nahm sie auch von dem, was innerlich mit ihnen in Beziehung stand, Beschlag: Ritter und Waffen waren für Dichtung, nicht für historische Erkenntnis da. Den wenigen, die sich nicht auf diesen bequemen Pfad drängen ließen, gebührt unsere aufrichtige Verehrung. Sie haben dornige Wege, die sie sich nicht zu betreten scheuten, uns geebnet, damit wir nun weiter vorwärtsschreiten können.

 

Hefners große Ehrfurcht vor allen Kulturäußerungen unseres Volkes und namentlich vor den feinsten darunter, den Kunstwerken, hat ihn davor bewahrt, auf falsche Bahn zu kommen. Dass er diese Ehrfurcht besaß, dankt er dem Elternhaus. Es geht ein alttestamentlich-patriarchalischer Ton durch die Erzählung von Hefners Jugendjahren. Die Vorfahren sind uralte Leute geworden, wie der Verfasser nun auch selbst schon in das höchste Greisenalter eingetreten ist. Man glaubt nicht, dass ein Zeitgenosse zu uns spricht, wenn er in lebendigster Form uns Erinnerungen mitteilt, die ihm in der Kinderzeit erzählt wurden und in denen noch die Allonge-Perticke des Urgroßvaters eine Rolle spielt. Zu dem historischen Sinn, der in der Familie lebendig war und in dem Vater, einem hohen Beamten Dalbergs, dann des bayrischen Staates, in besonders verfeinerter Form sich äußerte, kam die Lust des Jünglings, mit dem Zeichenstift sich auch in seiner Erscheinungsform zum Eigentum zu machen, was ihn mit seinem geschichtlichen Inhalt gereizt hatte. Die Folge war eine strenge Schulung des Blicks, ein reif entwickelter Sinn für Stilunterschiede, ein seltenes Geschick, wertvolle Dinge aufzufinden, an denen oft ein anderer achtlos vorbeiging.

 

Es gibt in dem Buch eine Fülle von Beispielen, zu welchen glücklichen Erfolgen ihn diese Eigenschaften führten, auf literarischem Gebiet wie auf dem praktischer Tätigkeit. Ich brauche für das eine den Waffenhistorikern die wichtigen Werke, zu denen man immer wieder greift, nicht zu nennen, und für das andere steht als monumentales Zeugnis das Kgl. Bayrische Nationalmuseum in München da. Ihm galten Hefners beste Jahre. Man begreift es wohl, dass er die Entwicklung desselben ausführlich schildert, man begreift auch, wenn sich ihm dabei ein Wort des Unmutes gegen die auf die Lippen drängt, die sich seinem heißen Bemühen entgegenstemmten oder ihn um die Früchte seines rastlosen Fleißes bringen wollten.

 

Ich muss mich damit begnügen, die Grundlagen von Hefners Entwicklung und das betont zu haben, was mir für seine Stellung innerhalb unserer Kultur als besonders wichtig erscheint. Mehr kann ich an diesem Ort nicht geben. Wohl aber möchte ich noch der Stellen gedenken, an denen Waffen und darauf Bezügliches erwähnt werden. Ich tue es in kürzester, einfach registrierender Form.

 

S. 64: Waffensammlung des Grafen Erbach-Erbach. — S. 76: Der Zustand der Wiener Waffensammlung und Fr. von Lebers Verdienst. — S. 100: Die früher Lassbergsche Bilderhandschrift: Les voeux du Paon als Quelle für Waffen. — S. 111: Waffen auf dem Schloss Mainberg bei Schweinfurt. — S. 113: Waffenfunde auf der Burg Tannenberg in Hessen. — S. 115: Die bei der Belagerung der Burg Tannenberg in Anwendung gekommenen mannigfachen Geschützgattungen des -14. Jahrhunderts. — S. 119f: Helme des 14. Jahrhunderts, gefunden auf Euböa. — S. 124 f: Drei Schilde des 13. Jahrhunderts in der Marburger Elisabethkirche. — S. 126: Prachtrüstung im Schloss zu Weimar. — S. 133: Prinz Karl von Preußen als Waffensammler. — S. 162: Die Waffen der Sammlung in Sigmaringen. — S. 163: Das Turnierbuch Burgkmairs ebenda. — S. 201: Die von Freybergsche Rüstung (später in Paris) beim Antiquar Pickert in Nürnberg. —S. 225ff: Die Versteigerung der Rüstkammer des Schlosses Hohenaschau in Bayern. — S. 235f: Deutsche Waffen im Pariser Musée d’artillerie. — S. 241 ff u. 247ff: Entwürfe deutscher Meister für Prachtrüstungen der Könige von Frankreich. — S. 251 f: Entwürfe deutscher Waffenschmiedemeister für Könige von Spanien. — S. 254ff: Jost Ammans Aquarell, ein Turnier der Nürnberger Patrizier vom Jahre 1561 darstellend, im Münchener Kupferstichkabinett. — S. 323 u. 328: Die Waffen im Kgl. Nationalmuseum zu München. — S. 358: Waffen im Kloster Neustift in Tirol. — S. 366: Der Verein für historische Waffenkunde. Generalleutnant von Ising. — S. 368: Georg Hiltl, Quirin von Leitner, Wendelin Boeheim, Graf von Meran, Graf Hans von Wilczek.

Koetschau.

 

 

 

Schweizerisches Landesmuseum in Zürich. Siebenter und achter Jahrgang 1898 und 1899.

 

Dem Departement des Innern der schweizerischen Eidgenossenschaft erstattet im Namen der eidgenössischen Landesmuseums-Kommission von Direktor H. Angst. Zürich 1900. Unser heutiger Bericht über diese an sich wertvolle Veröffentlichung eines Museums geht über die Grenzen einer fachlichen Besprechung hinaus; er verbreitet sich über das Institut in seiner Bedeutung und Verdienstlichkeit im Allgemeinen und für unsere Spezialwissenschaft, er enthält die Summe unserer freudigen Gefühle bei einem erhebenden Augenblick: der Eröffnung des neuen Palastes des schweizerischen Landesmuseums in Zürich.

 

Was uns hierzu drängt, das ist zunächst in dem nicht geringen Anteil gelegen, den die historische Waffenwissenschaft in diesem herrlichen Museum nimmt. Letzteres pflegt immerhin alle Kulturgebiete des Landes, aber es wird gewiss der Werkzeuge nicht vergessen oder diese auch nur minder schätzen, die die Eidgenossenschaft geschaffen und erhalten haben; dafür bürgen uns in erster Linie die erfahrenen Organisatoren und in Beziehung auf die Durchführung im Einzelnen der weite historische Blick, die tiefe Kenntnis und die Tatkraft seines Direktors H. Angst.

 

Was in der Schweiz für das Studium und die Pflege der heimischen Waffengeschichte bisher getan wurde, musste unzulänglich bleiben; es fehlte an einem musealen Vereinigungspunkt, denn die kleinen Sammlungen in Solothurn, Murten u. a. O. boten kein Material für ein umfassenderes Studium. Wir haben uns diese uns so prächtig darbietende Gelegenheit nicht entgehen lassen und stehen seit längerer Zeit in inniger fachlicher Verbindung mit dem reichen Museum und seinem gelehrten Leiter.

 

Der vorliegende Bericht über zwei denkwürdige Jahre gibt uns einen Überblick über die letzten riesigen Anstrengungen zur Neuorganisation, Neuaufstellung und somit zur Vollendung der vaterländischen Anstalt. Wer zwischen den Zeilen liest, wird es gewahr, dass das edelste Herzblut der wackersten Patrioten an dem Werk klebt, dass eine Unsumme von Mut, Kraft und Ausdauer aufgewendet werden musste, letzteres zu vollenden. Damit halten wir auch diese eben erschienene Veröffentlichung der Kommission und Direktion für die bedeutendste, inhaltreichste und wertvollste! Mögen in der Zukunft für das Museum sonnige Tage erwachen: seine Leitung wird nie mehr in die Lage kommen, einen so gehaltreichen Bericht über ihr Wirken zu erstatten. Bei den tiefen Teilnahmsgefühlen, die uns für das schweizerische Landesmuseum beseelen, konnte die Durchlesung des vorliegenden Berichtes nur erhebend wirken. Das Interesse vor dem fachlichen Inhalt tritt zurück vor der Mitfreude an dem festlichen Augenblick der Erschließung der neuen Pforten; sie löst sich auf in den wärmsten Glückwünschen für das Gelingen des Werkes und sein kräftiges Gedeihen. «Vivat,'floreat, crescat!»

 

Das Hauptinteresse an dem Bericht konzentriert sich für uns begreiflicherweise auf die Installation der Waffensammlung, deren Kern bekanntlich die reiche kantonale Kollektion aus dem Züricher Zeughaus bildet, und wir anerkennen mit Befriedigung den Nachdruck, welchen die Kommission auf die Ausstattung des hierfür bestimmten Raumes, der „Waffenhalle“, gelegt hat. Wir anerkennen nämlich die Regung, nicht die Anlage, nicht die Durchführung; ja, wir hätten uns da manches vom Herzen wegzureden, wenn wir an dieser Stelle und in diesem Moment einer Kritik nicht möglichst ausweichen müssten. Wir können aber nicht verschweigen, dass die Museums-Direktion sich veranlasst gesehen hat, in einer Broschüre1 die Vorgeschichte der Ausstattung der Waffenhalle mit Wandmalereien darzulegen. Ein an manchen Stellen überaus erheiterndes Traktat, aus dem nur hervorgeht, dass, wie überall, auch hier viel zu vielen Leuten Einfluss auf eine ganz einfach zu lösende Frage eingeräumt wurde. Haben die vielen Begutachter des Wandgemäldes: «Die Schlacht bei Marignano» auch bedacht, dass die öffentliche Meinung über dasselbe noch zu Gericht sitzen wird? Doch das nur nebenher. Wenn die allgemeine Erfahrung gelehrt hat, dass für Waffensammlungen einzig das «Korridorsystem» vorteilhaft erscheint, so ist es zu bedauern, dass für die Einrichtung der Züricher abermals ein ausgedehnter Saal gewählt wurde, dessen hohe Wände allein schon eine Verlegenheit bilden. Um das «Große» wieder «klein» zu machen, mussten Querwände aufgestellt werden.

 

Über die Anordnung der Sammlung, die wir ja noch nicht gesehen haben, können wir uns kein Urteil bilden; eine chronologisch-synchronistische Vorführung wird ja in erster Linie auf dem Installationsprogramm gestanden sein; das ist wohl die Hauptsache. Im Detail beunruhigen uns einige kurze Bemerkungen im Bericht. So haben sich die Anordner, wie es heißt, den großen Waffensaal als «Zeughaus» gedacht. Eine moderne Waffensammlung und ein «Zeughaus»! Sind die romantischen Phantasien noch immer nicht aus den Köpfen der Waffenliebhaber gewichen? Vielleicht ist auch in Zürich, wenn wir den Text verfolgen, zu viel Nachdruck auf die «Trophäen» gelegt worden.

 

Derlei Zusammenstellungen widersprechen dem instruktiven Zweck und ihr Hervorheben lässt befürchten, dass auch hier der dekorative Zweck viele andere Aufgaben in den Hintergrund gedrängt hat. Doch wir haben die Stelle im Text vielleicht zu streng aufgefasst.

 

Der Bericht für 1898 und 1899 schließt sich in Form und Ausstattung an die vorher erschienenen an. Das Buch ist mit außerordentlich gelungenen, auch farbigen Lichtdrucktafeln ausgestattet, deren Darstellungen aber diesmal das historische Waffenwesen nicht berühren. W. Boeheim.

 

 

 

 

Jacopo Gelli, Guida del raccoglitore e dell’ amatore di armi antiche. Milano 1900.

Unter diesem Titel ist zu Anfang dieses Jahres in der bekannten Verlagsbuchhandlung von Ulrico Hoepli ein Werk erschienen, das speziell für Italien, welches bisher eines ähnlichen Handbuches für Sammler und Liebhaber alter Waffen entbehrte, gewissermaßen ein Bedürfnis war. Das Buch ist dem Andenken des ausgezeichneten, leider zu früh verstorbenen Direktors der Armeria Reale in Turin, Angelo Angelucci, gewidmet. Die Anordnung des Ganzen ist übersichtlich; der Vorrede folgt eine Erklärung der verschiedenen Techniken der Waffenschmiedekunst, hieran schließt sich ein Abschnitt über Ordnung und Aufstellung von Waffen; nach diesem finden wir eine alphabetisch geordnete Terminologie, leider insofern ohne System, als nicht etwa die italienischen Bezeichnungen der Waffenstücke ins Alphabet gesetzt und diesen die Benennungen in anderen Sprachen beigefügt sind, sondern vielmehr deutsche, französische, englische und spanische Nomenklaturen mit nachgesetzter italienischer Bezeichnung in bunter Reihe sich folgen.

 

Den größten Teil des Werkes füllt in alphabetischer Ordnung die Aufzählung und Beschreibung der Schutz- und Trutzwaffen aus, denen teilweise gute Illustrationen beigefügt sind. Text sowohl als Abbildungen lehnen sich vielfach an die bekannten fachwissenschaftlichen Werke von Angelo Angelucci, Wendelin Boeheim und August Demmin an, die als Quellen im Anhang aufgeführt werden. Insoweit sich der Inhalt auf die «Kriegswaffen in ihrer geschichtlichen Entwicklung etc.» von dem zuletzt genannten Schriftsteller stützt, haben darin auch dessen vielfache Irrtümer Aufnahme gefunden, Irrtümer, die dem sonst verdienstlichen Fachmann wohl kaum unterlaufen sein würden, wenn er nicht in den letzten Jahrzehnten seines Lebens durch Krankheit behindert gewesen wäre, praktische Studien in den großen Waffenmuseen zu machen. Beim Durchlesen des Gellischen Leitfadens konnten wir uns des Eindruckes nicht entschlagen, dass auch hier der Verfasser das Material zu seinem Werk, in der Hauptsache wenigstens, von seinem Arbeitstisch aus gesammelt habe. Zu dieser Annahme tragen ganz besonders die beiden letzten Abschnitte, die Namen der Künstler und Handwerker, sowie die Abbildung und Erklärung der am häufigsten vorkommenden Meistermarken bei. Trotz manches Guten, das auch in diesen beiden Abschnitten zu finden ist, enthalten sie doch eine solche Menge, meist von Demmin übernommener Irrtümer, dass es ebenso unmöglich ist, darüber zu schweigen, als sie an dieser Stelle alle aufzuzählen. Hingewiesen sei indes auf die folgenden Unrichtigkeiten: Unter dem Buchstaben D finden sich verschiedene Namen, wie z. B. De Aguirre, De Ayala, De Belmonte, De la Orta usw., die doch wohl unter A, B und O hätten eingereiht werden müssen, wie das in anderen Fällen auch geschehen ist. De la Orta ist als italienischer Klingenschmied angeführt, während er spanischen Nationalität war; Felix Meier in Wien, Büchsenmacher in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, gebrauchte durchaus nicht die Marke |coma|, sondern bezog, wie mancher seiner Kollegen zu jener Zeit, Läufe aus Spanien, unter anderen auch von Antonio Coma (Comas), die alsdann von ihm montiert wurden. Die Marke 4, Taf. XII, ist als die Marke eines Klingenschmiedes Petro Antonio Furmicano (Furmigano) in Padua bezeichnet, während doch der maurische Halbmond und das Beschau von Toledo darauf hinweisen, dass Boeheims Erklärung der Marke auf Louis de Velmonte richtig erscheint.

 

Ohne Quellenangabe ist daher die Deutung des Verfassers anzuzweifeln. Tafel X gibt spanische Klingenschmiedemarken, wie sie auf einer dem photographischen Werk von A. Jubinal Uber die Armeria Real zu Madrid beigefügten Tafel abgebildet sind, in verkleinertem Maßstab wieder. Die Deutung der gedachten Marken in dem Werk Gellis deckt sich mit derjenigen auf der angeführten Tafel. Wir möchten jedoch verschiedene der Erklärungen mit einem Fragezeichen versehen. So ist z. B. das Beschauzeichen von Toledo mehrfach als Meistermarke gedeutet; ferner sind eine und dieselbe Marke mit Klingenschmieden verschiedenen Namens in Verbindung gebracht; mithin kann auch diese Tafel nicht als unbedingt zuverlässig angesehen werden, weshalb es wohl richtiger gewesen wäre, nur die zweifellos feststehenden Stempel aus dem gedachten Verzeichnis auszuwählen. Marke Nr. 20 auf Tafel XII, der «Königskopf», bezieht sich jedenfalls auf den Solinger Klingenschmied Johannes Wundes, nicht aber auf einen Italiener Antanni Matinni, wie der Verfasser annimmt. Der verstümmelt auf Klingen angebrachte Name, bei welchem dem Klingenschmied die Namen Antonio Picinino und Juan Martinez vorgeschwebt haben dürften, ist lediglich als eine Reklame anzusehen.

 

Damianus de Neron (Nerve) bediente sich durchaus nicht der auf Tafel XII, Nr. 21 angeführten Marke; diese gehörte vielmehr, wie das beigefügte Mailändische Kreuz vor Augen führt, einem Mailänder Klingenschmied an, dessen Klingen Neron häufig fasste. Die Marken 12 und 22 auf Tafel XII sind als Meisterzeichen des berühmten spanischen Klingenschmiedes Tomas de Ayala (recte Aiala) erklärt, was unrichtig ist; denn der Meister führte neben seinem Namensstempel eine Marke, ein T, über welchem ein S steht, im spanischen Schild. Befinden sich aber andere Marken als diese neben dem Namen Aiala auf einer Klinge, so handelt es sich um Nachahmungen, wie sie zu Anfang des 17. Jahrhunderts sehr häufig vorkommen. Der Irrtum ist wiederum dem «Demmin» entnommen.

 

Dass derartige Reproduktionen auf dem Gebiet der Markenkunde, welche neuere Forschungen übersehen, nicht allein nutzlos sind, sondern geradezu irreführend wirken, bedarf kaum eines besonderen Hinweises. Die Waffenkunde ist eben eine Wissenschaft, die an und für sich ein so weites Gebiet umfasst, dass Gelehrte in anderen, selbst verwandten Fächern oder gar Amateure dasselbe unmöglich so übersehen können, dass sie darüber grundlegende wissenschaftliche Abhandlungen zu schreiben vermöchten. Ebenso wenig sind, wie an dieser Stelle gesagt sein möge, solche Gelehrte befähigt, in schwierigen Fällen, wo es sich um die Echtheit oder Unechtheit von Waffen handelt, als Experten zu fungieren. Durch solches Übergreifen wird, wie es schon wiederholt vorgekommen ist, nur Verwirrung angerichtet. Wir können uns daher des Bedauerns nicht erwehren, dass ein in vieler Beziehung verdienstliches und durchaus nicht wertloses Werk doch in manchen Punkten den gründlich geschulten Fachmann im engeren Sinne des Wortes vermissen lässt.

 

 

 

1. Giraud, J. B., Notes pour servir ä l’Histoire de la Sidörurgie en Lorraine: Arsenal de Nancy. Mines.

Forges, Armes etc. Lyon 1900. Propriete de l’Auteur. Op. IX.

 

Wir haben wiederholt in unserer Zeitschrift von den grundlegenden Arbeiten des ausgezeichneten Forschers auf dem Waffengebiet Frankreichs, des Konservators Giraud, eingehend Notiz genommen und dennoch befinden wir uns angesichts der kürzlich erschienenen IX. Lieferung seiner gediegenen Veröffentlichungen im Rückstand mit deren Besprechungen. Mannigfache Ereignisse in unserem Vereinsleben und nicht zum wenigsten lange und schwere Krankheit des Schreibers dieser Zeilen haben die fortlaufende Berichterstattung gestört. Wir werden nach aller Tunlichkeit das Versäumte nachzuholen trachten, nicht allein aus Achtung für den geschätzten Autor, sondern auch aus Pflicht gegen unsere Vereinsgenossen.

 

In dem vorliegenden IX. Bändchen wendet sich der Verfasser vorwiegend der Gießkunst Lothringens auf dem Waffengebiet zu und liefert damit ein Quellenwerk, wie wir kein zweites in irgendeinem Landgebiet aufzuweisen haben. Für die Gießkunst in Frankreich, auf die wir einen Hauptwert legen, waren wir bisher auf Champeaux’ Dictionnaire des Fondeurs, ein brauchbares, aber immer lückenhaftes Meisterlexikon und auf die kurzen Notizen Gays, in seinem allerdings ausgezeichneten Dictionnaire archeologique angewiesen. Hier finden wir aber frisch aus den Archiven geschöpfte Daten, die uns in der Technik wie in den Schicksalen einer Waffenindustrie im Herzogtum Lothringen von der Urproduktion bis zur künstlerischen Darstellung ein blendend helles Licht wirft.

 

Der Verfasser behandelt zuerst das Hotel de Salm, welches seit 1629 das Arsenal in Nancy enthielt und bringt über dessen Geschichte eine geistreiche Studie voll Leben und vollendeter Literaturkenntnis, die er durch wertvolle Archivbelege, von 1462 bis 1650 laufend, ergänzt. Wir empfehlen diese Partie dringend unseren Fachgenossen im Feuerwaffengebiet zur Durchlesung.

 

Der zweite Abschnitt beschäftigt sich lediglich mit dem Leben und Wirken der lothringischen Bildhauer- und Gießerfamilie Chaligny: Jean, Claude, David und Antoine. Wertvolle biographische Daten; umso wertvoller, als uns diese Meister bisher nebelhaft gegenübergestanden sind.

 

Im dritten Abschnitt kommt die Urproduktion in den Eisenwerken Lothringens zur Behandlung. Wir haben oft mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass die Waffenindustrie bis auf ihre Urstätten verfolgt werden muss. Hier finden wir unseren Hinweisungen durch Anführung von nicht weniger als 33 lothringischen Minen und Hammerwerken anerkennenswert Rechnung getragen. Giraud hat daneben auch die vorzüglichsten Werkstätten der anderen Rohprodukte, wie auch des Schießpulvers nicht vergessen. Über die Bezeichnung «acier de Carme», die uns übrigens in einem späten Beleg, von 1630 vor Augen tritt, gehen die Meinungen weit auseinander. Am nächsten wäre darunter «Kärntner Stahl» zu verstehen, wiewohl Kärnten nirgends, wie Giraud meint, vulgär «Carm» bezeichnet wird. Auf Kerment oder Körmend, einer kleinen Landstadt in Ungarn, die nie in der Waffenerzeugung hervorgetreten ist, kann sich die Stelle nicht beziehen.

 

Im vierten Abschnitt beschäftigt sich der Verfasser speziell mit der Waffenerzeugung Lothringens auf ihrem Gesamtgebiet und bringt nach einer kurzen Einleitung eine umfangreiche, nach Orten alphabetisch gereihte Liste von Urkundenauszügen, die unsere Kunstgeschichte im Fach ungemein bereichert. Hier liegen Massen von Material zur Verwertung. Den Schluss des Werkes bildet eine Untersuchung über die schon im 12. Jahrhundert erwähnten «Schwerter von Verdun» und bemerkt, dass er in keinem Archiv über eine Waffenfabrikation in der Stadt Verdun ein Datum habe finden können. Auch wir halten dafür, dass die Bezeichnung «verdun», wie im Alexanderlied v. 32: «Branc ot il en sa main d’un acier Verdunois» auf die Stadt Verdun als Waffenerzeugungsort nicht zu beziehen ist.

 

Wir haben im Besitz dieser unschätzbaren Beiträge alle Ursache, unserem gelehrten Fachkollegen den vollsten Dank auszusprechen. W. Boeheim.

 

 

 

 

Deutsche Heeres-Uniformen auf der Weltausstellung in Paris 1900.

Herausgegeben von dem Königl. Preußischen Kriegsministerium. — Berlin und Leipzig, Giesecke & Devrient. 115 S. mit 93 Abbildungen.

 

Der Zusammenhang der Uniformenkunde mit der Waffenkunde ist in dieser Zeitschrift schon des Öfteren betont worden. Wie deutlich er gefühlt wird, beweist auch der in diesem Heft mitgeteilte Entschluss der Dresdener Versammlung, «mit dem Verein für Heereskunde in Bezug auf wissenschaftliche Publikationen ein Zusammengehen ins Auge zu fassen». Schon dies allein ist Grund genug, die Leser mit einem Büchlein bekannt zu machen, welches das preußische Kriegsministerium als «Ergänzungsblätter» zu der kurzen, aber vortrefflichen Übersicht der «Uniformen des deutschen Heeres» auf S. 399—401 des «Amtlichen Kataloges der Ausstellung des deutschen Reiches» veröffentlicht hat.

 

Das Werkchen wird seine volle Bedeutung auch dann noch behalten, wenn die Gruppen der Uniformen nicht mehr den Ausstellungsbesucher belehren und erfreuen können. Es ist ihm ein bleibender Wert zuzusprechen. Denn in der Tat bietet der knappe Text, wie es vor dem ersten Teil heißt, eine «Entwicklungsgeschichte», in deren Schilderung die entscheidenden Wandlungen geschickt herausgehoben sind. Schon die Einteilung der Gruppen setzt ein reifes historisches Verständnis bei den Anordnern der Ausstellung voraus. Es war richtig, dass die vielerlei früheren Versuche, eine Uniform zu schaffen,2 ganz unberücksichtigt geblieben sind. Denn so belehrend es ist, sie zu verfolgen, für den vorgesetzten Zweck hätte die Darstellung einer Vorgeschichte nur Nachteile gebracht. So setzt denn die erste Gruppe erst mit dem Zeitpunkt ein (1680), wo ein stehendes Heer für die einzelnen Staaten ins Leben gerufen war. Sie endet mit der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. (1740), dem es gelang, die völlige Loslösung der Militäruniform von dem bürgerlichen Gewand durchzusetzen. Bis zum Jahr 1807 führt uns die zweite Gruppe: damals erleichterte die Neugestaltung des preußischen Heeres eine vollständige Umformung der nun nicht mehr zweckentsprechenden Uniformierung. Mit der Einführung des Waffenrockes und der Pickelhaube im Jahre 1843 beginnt die vierte Gruppe, die uns mit den heute noch geltenden Grundtypen genügend bekannt macht und, wohl um jede peinliche Erinnerung in Paris zu vermeiden, mit dem Jahre 1863 schließt.

 

So gut sich nun dieser Schlusspunkt durch die Verhältnisse rechtfertigt, so sehr ist doch zu wünschen, dass, wenn keine Rücksichten mehr zu nehmen sind, diese vierte Gruppe eine Ergänzung bis in die Neuzeit hinein erfährt. Denn hoffentlich bleibt die Uniform-Ausstellung dauernd in den Armee-Museen der in Betracht kommenden Staaten erhalten. Dann aber muss gefordert werden, dass auch die Uniformen von 1870 und die der Gegenwart dargestellt werden. Allein das veränderte und verbesserte Tragen der Ausrüstungsstücke rechtfertigt diesen Wunsch.

 

Die fünfte und letzte Gruppe endlich zeigt uns die prunkvollen, mit Absicht altertümlich gehaltenen Uniformen königlicher Haustruppen. Es ist natürlich, dass Preußen den anderen Staaten gegenüber — Bayern, Sachsen, Württemberg — in den Vordergrund gestellt wurde. Natürlich, weil kein anderes Heerwesen auch das allgemeine Interesse so sehr erweckt, wie das preußische, kein anderes so viele vorbildliche Einrichtungen geschaffen hat. Doch sind in den anderen Ländern die Typen so geschickt ausgewählt worden, dass auch sie, trotz der geringeren Zahl, dem Betrachter ein klares Bild bieten. In einer Hinsicht hätte ich im Text gern mehr geboten gesehen: der Freund der historischen Waffenkunde sucht fast immer vergebens nach einem Hinweis auf den Zusammenhang von Uniform und Waffe. Beide sind nicht voneinander zu trennen, und oft ist die Waffe für die Ausgestaltung der Uniform von größter Bedeutung gewesen.

 

Der Bilderschmuck des Buches erfordert eine besondere Beurteilung. Auf zehn doppelt zusammengefalteten Blättern sehen wir die fünf Gruppen so abgebildet, dass erst die Vorderseite einer jeden, dann die Kehrseite sich dem Betrachter darbietet. Im zweiten Teil des Buches können wir weiterhin auf 83 Blättern jeden einzelnen Mann der fünf Gruppen genau studieren, da die Abbildungen aus guten, klaren Netzätzungen bestehen. Die knappen Unterschriften bezeichnen den Dargestellten genau und geben noch obendrein einen kurzen Vermerk über den Verbleib des betreffenden Truppenteils. Die Einzelskizzen zu den Figuren und Uniformen sind für Preußen und Württemberg vom Maler R. Knötel gefertigt worden, den das größere Publikum zuerst in seinem mit C. Röchling herausgegebenen Bilderbuch «Der Alte Fritz in 50 Bildern:» (Berlin, Paul Kittel) schätzen lernte, für Bayern vom bekannten Schlachtenmaler Professor L. Braun, für Sachsen vom Maler G. Müller. Alle Künstler haben sich bemüht, in einem Geist zu arbeiten, und der Bildhauer P. Werner, der mit der Modellierung der Figuren beauftragt war, hat es verstanden, diese beabsichtigte einheitliche Wirkung mit geschickter Hand vortrefflich zur Geltung zu bringen.

 

So ist es denn den Veranstaltern der Ausstellung gelungen, etwas zu schaffen, das als Vorbild nicht warm genug empfohlen werden kann. Museen, die vor eine gleiche oder ähnliche Aufgabe sich gestellt sehen, werden guttun, dem Muster zu folgen. Denn es sind nicht nur die Gruppen so zusammengestellt, dass man die deutliche Vorstellung eines zwanglosen Nebeneinanders bekommt, wie ihn etwa der bunte Wechsel eines mit den verschiedensten Truppen besetzten Platzes darbieten mag, sondern es kommt auch jeder einzelne Mann in seiner Eigenart durchaus zu seinem Recht: nicht ein auf Theaterwirkung gerichtetes lebendes Bild wird geboten, sondern ein Stück wirklichen Lebens. Vor allem aber ist freudig anzuerkennen, dass man sorgfältig alles vermieden hat, was an die grässlichen Erzeugnisse des Wachsfigurenkabinetts erinnern könnte. Die Haltung der Figuren entspricht der Waffengattung, zu der ein jeder Soldat gehört, und von den Gesichtern liest man Geschichte und Geist ihrer Zeit: anstatt lebloser Larven sehen wir Charaktere, anstatt Gliederpuppen von Leben durchdrungene Körper.

 

Sicherlich werden diese Erzeugnisse fleißigen Studiums und reifer Kunst die kurze Zeit der Ausstellung überleben und an würdigen Plätzen, wie sie es verdienen, aufbewahrt werden. Dann erst werden sie voll die Mühe lohnen können, die man auf sie verwandte. Das Büchlein aber, das ihre Kenntnis auch denen vermittelt, die nicht in Paris waren, wird in der Literatur über die Geschichte der Uniformen einen Ehrenplatz behaupten. Koetschau.

 

 

1 Die Wandmalereien in der Waffenhalle des Schweizerischen Landesmuseums in Zürich. — Dokumentierter Spezialbericht der Museums-Direktion an die Eidgen. Landesmuseums-Kommission. Zürich 1900.

2 Vgl. hierzu G. Liebe, Zur Geschichte der Uniform in Deutschland (Zeitschrift für Kulturgeschichte II, S. 51—58).


Quelle: Zeitschrift für Historische Waffenkunde. Organ des Vereins für historische Waffenkunde. II. Band. Heft 5. Dresden, 1900-1902.