In Augsburg soll im Jahr 1430 eine neue Art Büchsen erfunden worden sein, sclopetum genannt.1 Aeneas Silvius berichtet im Kommentar. lib. IV. p. 104: «Sclopetum (zum Unterschied von bombarda) in Germania primum hac nostra aetate inventum.» (Würdinger I, 197.) Nach der Historia Senensis, auctore Johanne Bandino de Bartholomaeis, Muratori XX, col. 41: «habebat (Sigismundus imperator), milites quingentos ad sui custodiam scloppos (ita id genus armorum vocant) in visum apud nos antea deferentes.»2
Nachdem in Italien die kurzen Handbüchsen längst bekannt waren, so konnten bei den Handbüchsen der Leibwache nur die neue Form, der längere Lauf und der kürzere Schaft überraschen. In Deutschland mag die von Žižka eingeführte neuartige Verwendung von kleineren Feuerwaffen im Feld die Ansicht von einer neuen Erfindung unterstützt haben.
Die Handbüchse, welche im Kodex Hauslab abgebildet ist, steht in einiger Übereinstimmung mit einer Abbildung aus Kodex 719 des Germanischen Museums in Nürnberg, welcher nach den «Quellen» mit circa 1450 datiert ist. (Fig. 26.)3 Dieser Kodex ist eine undatierte Abschrift des Feuerwerksbuches, welcher eine Reihe von Zeichnungen beigefügt ist. Die in dieser Handschrift dargestellte Handbüchse bedeutet einen weiteren Fortschritt in der Entwicklung der Handbüchse, indem sowohl der Lauf als auch der Schaft eine gewisse Regelmäßigkeit in der Konstruktion aufweisen.
Es ist nicht unwahrscheinlich, dass der Lauf nicht aus Eisen, sondern aus Kupfer oder Messing war; dass Verhältnis zwischen Kaliber und Seele dürfte nach der Zeichnung beiläufig 1 : 25 betragen haben; es scheint auch, dass sich der Lauf nach vorne verjüngte. Der Schaft hat vorne die muldenförmige Rinne zur Aufnahme des Laufes, ist in der Mitte verstärkt und endigt in einen vierkantigen Kolben.
Die Abbildung zeigt nach der Konstruktion des Schaftes wahrscheinlich eine Handfeuerwaffe größeren Kalibers.
Es wurde oben hervorgehoben, dass die Verlängerung des Laufes, beziehungsweise der Seele, das praktische Resultat zur Folge hatte, dass man mit den langen Rohren «in die wyten» schießen könne und dass die Wahrnehmung von der vergrößerten Flugkraft des Geschosses den direkten Schuss für die üblichen kurzen Distanzen herbeiführte. Tatsächlich zeigen mehrere Darstellungen aus Handschriften jener Zeit, dass die Handbüchse nicht mehr schräg nach vorn aufwärts, sondern waagerecht gegen das Ziel in Anschlag genommen wurde. Von den hierher gehörigen Handschriften bringt der Kodex ms. 3062 der k. k. Hofbibliothek zu Wien mehrere interessante Abbildungen.4
Dieser Kodex enthält eine Abschrift des «Feuerwerksbuchs» und ist wie folgt bezeichnet: «Geschrieben per Johannem Wienn. Anno . . . Tragesimo septo.» Durch diese Angabe ist das Alter dieser Handschrift gegeben. Dem Feuerwerksbuch folgt eine lange Reihe von Abbildungen, welche Feuerwaffen sowie deren Gebrauch zur Anschauung bringen.
Auf Bl. 150 ist ein Schütze abgebildet, welcher eine Handbüchse im waagerechten Anschlag hält. Die Handbüchse besteht aus Lauf und Schaft. Der Lauf ist zylindrisch und dürfte nach der Zeichnung 8—10 Kaliber fang sein. Der Schaft ist stangenförmig, sehr lang und in den Lauf rückwärts eingesteckt.
Der Schütze hält mit der linken Hand den Schaft knapp hinter dem Lauf und gibt mit dieser der Handbüchse die nötige Richtung. Der rückwärtige Teil des Schaftes liegt auf der rechten Schulter und wird mit der rechten Hand augenscheinlich auf diese niedergedrückt. Der Schütze scheint den Blick auf den Lauf gerichtet zu haben; eine Entzündungsvorrichtung fehlt; es ist wahrscheinlich, dass der Schütze kurz vor dem Schuss dargestellt ist. Fig. 27.
1Ebenda 27, 110.
2Sigismund wurde 1431 zu Mailand mit der Lombardei, 1433 in Rom mit der Kaiserkrone gekrönt.
3«Quellen» III u. T. B. I. g. (diesseits Fig. 26). Vgl. Jahns G. d. K. I. 394.
4Vgl. Jähns, G. d. K. I, 261 u. 393.
Eine ganz ähnliche Abbildung enthält eine Handschrift in der National-Bibliothek zu Paris.1 Der Schütze feuert eine Handbüchse ab. (Fig. 28). Die Handbüchse besteht aus Lauf und Schaft. Der Lauf ist scheinbar zylindrisch in die muldenförmige Rinne des Vorderschaftes eingelegt und mit diesem durch vier Ringe verbunden. Nach der Zeichnung dürfte der Lauf beiläufig 50 cm lang und von größerem Kaliber sein. Der Schaft ist massiv, rückwärts stangenartig geformt. Eine Entzündungsvorrichtung ist nicht vorhanden.
Die Abbildung zeigt den Schützen im Moment des Abfeuerns. Der Kolben liegt auf der linken Schulter, die linke Hand unterstützt die Handbüchse und gibt derselben eine horizontale Richtung; die rechte Hand drückt den Schaft auf die Schulter. Der Fortschritt in der Konstruktion des Laufes und infolgedessen in der Handhabung der Handbüchse beim Schießen ist unverkennbar. Man war beim waagerechten Anschlag angelangt, die Handbüchse wurde nahezu auf das Ziel gerichtet, weil man erkannt hatte, dass bei der verbesserten Konstruktion ein direktes Beschießen des Zieles möglich sei. — Vielleicht war bei den größeren Handfeuerwaffen das Gewicht der Waffe mitbestimmend für den obigen waagerechten Anschlag von der Schulter, allein andere Abbildungen aus derselben Zeit zeigen, dass dieser Anschlag und das Zielen auch bei kleineren Handbüchsen zweifellos üblich waren, und dass man diese sogar in Anschlag an die Wange genommen hatte.
1Jähns: Handbuch der Geschichte des Kriegswesens T. 59 Fig. 15 (diesseits Fig. 28). — Nähere Angaben über die Handschrift fehlen.
Auf Bl. 148 des Kodex 3062 der k. k. Hofbibliothek zu Wien ist ein Schütze abgebildet, welcher eine augenscheinlich kleinere Handbüchse an der Wange in Anschlag hält (Fig. 29). Die Handbüchse besteht aus Lauf und Schaft. Der Lauf hat eine engere Kammer mit Zündloch, ist anscheinend nicht lang und liegt in einem vorne muldenförmig ausgeschnittenen Schafte, welcher rückwärts stielartig geformt ist. Eine Abzugsvorrichtung ist nicht vorhanden; der Schütze hält mit der linken Hand den Schaft und gibt dem Lauf die Richtung auf das Ziel; der Schaft ist bis in die Höhe des Auges des Schützen gehoben; die rechte Hand ist in der Zeichnung nicht zu sehen, jedoch lässt die Abbildung entnehmen, dass der Schütze die Handbüchse an der Wange anschlägt, um zu zielen. Dieselben Anschlags-Arten zeigen Abbildungen aus dem Manuskript des Valturius,1 welches dieser nach langer Arbeit um das Jahr 1460 vollendete, mithin Darstellungen bringt, welche mit den letzten Handschriften zeitlich übereinstimmen (Fig. 30).
Die Handbüchsen bestehen aus Lauf und Schaft. Der Lauf ist außen konisch und an der Mündung trichterförmig erweitert. Derselbe liegt im vorderen Teil des Schaftes in einer muldenförmig ausgenommenen Rinne, über deren vorderes Ende der Lauf bei einzelnen Abbildungen bis über die Hälfte vorsteht. Die Verbindung zwischen Lauf und Schaft ist bei einer Handbüchse durch drei Laufringe bewirkt, bei den anderen Handbüchsen lässt sich dies aus der Zeichnung nicht entnehmen. Der Schaft ist in seiner rückwärtigen Hälfte teils stangenförmig, teils kolbenartig geformt und bei einem augenscheinlich größeren Stück für das Auflegen auf die Schulter ausgeschnitten; eine Abzugsvorrichtung fehlt. Eine nahezu vollkommen gleich konstruierte Handbüchse, wie in Fig. 30 rechts, enthält auch die älteste undatierte Ausgabe des Vegelius auf Taf. J (1460—1470).
Bei allen Darstellungen aus den verschiedenen Handschriften überrascht die tatsächliche Erscheinung, dass die Entzündungs- oder Abzugsvorrichtungen, trotzdem dieselben anfänglich in einfachen Konstruktionen schon vorhanden waren, fehlen und alle Handbüchsen ohne eine solche abgebildet sind. Es ist wahrscheinlich, dass die Kriegserfahrung, die in Fig. 15 und 16 dargestellten Abzugsvorrichtungen als unpraktisch verworfen und die Entzündung aus freier Hand mit Lunte, Schwamm oder Gluteisen vorgezogen hatte. Dies konnte nun der Schütze entweder selbst bewirken oder durch einen zweiten Mann bewirken lassen. Bei den größeren Handfeuerwaffen, welche beim Schießen auf ein Gestell oder sonstige feste Unterlage aufgelegt und gegen das Ziel eingerichtet wurden, konnte das Entzünden durch den Schützen selbst anstandslos erfolgen. Anders war es bei den leichteren Handbüchsen, welche der Schütze mit beiden Händen gegen das Ziel richten und in dieser Richtung bis zur Abgabe des Schusses erhalten musste. Wollte nun der Schütze die Büchse selbst entzünden, so wurde seine Aufmerksamkeit unbedingt vom Ziel abgelenkt, die Handbüchse leicht aus der Richtung gebracht, infolgedessen das Geschoss das Ziel nicht erreichen konnte.
Sicherer und einfacher war es, dass der Schütze die Handbüchse gegen das Ziel richtete und ein zweiter Schütze dieselbe auf ein gegebenes Zeichen oder über Aufforderung entzündete. Wohl wurden die Schützen durch diesen Vorgang voneinander abhängig, allein derselbe brachte zweifellos erhöhtes Interesse für die gemeinschaftliche Aufgabe, für den einzelnen Schuss und schließlich auch für die Beobachtung der Wirkung am Ziel.
1Vgl. Jähns, G. d. K. I, 348 fr. Karl von Elgger, Hauptmann im schweizerischen Generalstabe: die Kriegswaffen der Gegenwart. Leipzig 1868. — Abbildung p. 39 (diesseits. Fig. 30).
Die folgende Abbildung aus dem Kodex 3062 der k. k. Hofbibliothek zu Wien zeigt zwei Schützen beim Schießen mit der Handbüchse. (Fig. 31.) Der eine Schütze hält die Handbüchse im Anschlag an der Wange; die rechte Hand umfasst den Schaft, der Ellenbogen ist in gleiche Höhe mit der Schulter gehoben. Der Schütze steht breitspurig mit vorgesetztem linken Fuß.
Links seitwärts, jedoch an den ersten Schützen knapp angeschlossen, steht ein zweiter Schütze, welcher den Schießenden mit einer kleinen Tartsche deckt und gleichzeitig mit der linken Hand, außen über die Tartsche greifend, die Handbüchse entzündet. Die Tartsche hat oben einen Ausschnitt für die Handbüchse, das Abfeuern geschah wahrscheinlich mittelst Lunte.
Eine ähnliche Darstellung enthält auch der Kodex 2952 der k. k. Hofbibliothek zu Wien; diese Handschrift ist ein anonymes Kriegsbuch, welches am Ende die Jahreszahl 1457 eingeschrieben hat.1 Der Inhalt setzt sich zusammen aus dem alten Feuerwerksbuch, einer Abhandlung über Befestigungskunst und einer solchen über Taktik und endlich einer Reihe kriegswissenschaftlicher Zeichnungen. Die vorliegende Abbildung, Fig. 32, zeigt einen Schützen, welcher eine Handbüchse, wahrscheinlich größeren Kalibers, mit rückwärts eingestecktem stangenartigen Schaft auf der rechten Schulter in Anschlag nimmt. Die linke Hand hält die Handbüchse beiläufig in der Mitte des Schaftes und gibt die nötige Richtung. Das hintere Ende des Schaftes liegt auf der rechten Schulter und wird wahrscheinlich von der rechten Hand — nach der Stellung des rechten Oberarmes — auf dieser festgehalten. Ein zweiter Schütze steht rechts seitwärts und entzündet die Handbüchse.
1Vgl. Major Toll: «Eine Handschrift über Artillerie aus dem 14. Jahrhundert» (Archiv f. d. Offiz, d. Kgl. Preuss. Artill.u. Ing.-Corps. Berlin 1866. Jähns, G. d. K. S. 35*(mit der Angabe «ungefähr vom Jahre 1450»).
Vergleicht man die beiden letzten Darstellungen, so ergibt sich, dass das Abfeuern durch einen zweiten Schützen sowohl bei kleinen, als auch bei größeren Handbüchsen üblich war. Auch im Kap. 38, S. 30 desselben Kodex, welche eine belehrende Abhandlung über das Schießen mit Handbüchsen enthält, heißt es u. a.: «halt auf den Mittelpunkt des Ziel. Lass die Büchs anzünden ...»
Die kleineren Handbüchsen erforderten für den Schützen einen besonderen Schutz, wahrscheinlich, weil deren Schussweite die der übrigen Handfernwaffen, insbesondere der Armbrust, noch nicht erreicht hatte; die Schützen mussten, um zur eigenen Wirkung zu gelangen, in den Wirkungsbereich jener eintreten; die größeren Handbüchsen, welche offenbar eine größere Schussweite hatten, zeigen keine Schutzvorrichtung.
Einen bedeutenden Fortschritt in der Entwicklung der Handfeuerwaffen zeigt eine Abbildung aus Kodex 734 der kgl. Hof- und Staatsbibliothek zu München 1460—1470 (Fig. 33).
Dieser Kodex enthält eine undatierte Handschrift des Feuerwerksbuchs, welchem von der Hand eines Künstlers, Hans Formschneider, eine Reihe lehrreicher Darstellungen über Geschütz beigefügt ist.1 Die Abbildung zeigt einen mit fünf Kriegern besetzten Streitwagen, unter welchen sich auch ein Schütze mit einer Handbüchse befindet. Derselbe hält eine Handbüchse im Anschlag an der Wange, die linke Hand stützt die Büchse beiläufig im Schwerpunkt, die rechte Hand hält den Kolben am rückwärtigen Ende umfasst, der rechte Ellenbogen ist bis in gleiche Höhe mit der Schulter gehoben.
Die Handbüchse besteht aus Lauf, Schaft und einer Entzündungsvorrichtung. Der Lauf ist ähnlich den bisherigen Darstellungen; der Schaft erscheint, wenn die Zeichnung richtig ist, massiv, in der Mitte verstärkt, am rückwärtigen Ende kolbenartig. An der rechten Seite befindet sich eine Entzündungsvorrichtung, wie es scheint, eine Art Luntenhahn. Nach der Zeichnung muss sich der Hahn nach vorwärts um einen Stützpunkt gedreht haben. Es ist nicht zu entnehmen, ob dieser Hahn durch, eine Hebelwirkung oder durch den Druck einer Feder bewegt wurde.
In der Abbildung des Kod. ms. 3069, Fig. 15, und im Kod. ms. 55, Fig. 16, wurde der Hahn unzweifelhaft durch die Hebelwirkung zum Zündloch gebracht. In der Handschrift des Froissart, Fig. 17, ist ebenfalls noch die Hebel-Konstruktion zu erkennen, wobei bemerkt werden muss, dass diese Handschrift mit der vorliegenden Darstellung nahezu gleichzeitig datiert erscheint (1468, 1460—1470).2
Auch noch in einem späteren Kodex finden sich Abzugsvorrichtungen, welche augenscheinlich nur auf Hebelwirkung beruhen; so z. B. im Kriegsbuch des Ludwig von Eyb zum Hartenstein, Kod. ms. 1390 der kgl. Universitätsbibliothek zu Erlangen. Dieser Kodex wurde im Jahre 1500 beendet und enthält Darstellungen, welche leider nicht deutlich genug gezeichnet sind und von denen Eyb selbst sagt, dass sie «gute und geringe oder gar abenteuerlicher Zeug zu Büchsen und anderen Dingen» bedeuten. Fig. 34a zeigt einen doppelarmigen Hebel, Fig. 34b einen einarmigen Hebel, welcher am Stützpunkt um einen Stift drehbar ist. Beim Vergleich aller dieser Abzugs-Konstruktionen tritt noch eine andere Erscheinung hervor. Bei den ursprünglichen Abzugsvorrichtungen Fig. 15 und 16, ebenso in den späteren Fig. 17 und 34a liegt der Abzug in der Mitte des Schaftes, das Zündloch war ebenfalls oberhalb in der Mitte des Laufes und gewiss schon vor dem Abzug vorhanden. Bei Fig. 33 jedoch ist der Abzug an der rechten Seite des Schaftes, bei Fig. 34b an der linken Seite, in beiden Fällen wurde auch das Zündloch auf die entsprechende Seite verlegt; es ist sehr wahrscheinlich, dass die Lage des Zündlochs in diesen Fällen von der Lage des Abzugs bedingt wurde. War der Abzug in Fig. 33 tatsächlich mit Hebelwirkung eingerichtet, so musste die Konstruktion jener in Fig. 34b ähnlich gewesen sein.
Eine in jeder Beziehung vollkommene Handbüchse enthält endlich der Kodex Germ. 599 der kgl. Hof- und Staatsbibliothek in München.3 Derselbe soll ganz von der Hand des berühmten Büchsenmeisters Martin Merz herrühren und wird mit 1475 datiert (Fig. 35).
Die Handbüchse besteht aus dem Lauf mit Visier-Einrichtung, Korn und Absehen, dem Schaft, dem Abzug und dem Ladestock. Der Schaft hat unten vorn eine Längennut, in welche der Ladestock eingeschoben ist. Der Ladestock war schon bei der Klotzbüchse im Gebrauch, später zeigt den selben der Kodex Hauslab, Fig. 25; bemerkenswert ist jedoch, dass derselbe mit der Waffe vereint ist. In der Mitte ist der Schaft verstärkt, im rückwärtigen Teil kolbenartig geformt.
Der Abzug ist mittelst zweier Schrauben an den Schaft angeschraubt und besteht nach der Zeichnung aus einem Schlossblech, an welchem außen der Hahn angebracht ist, und der Abzugsstange. Die Funktion des Abzugs kann man sich in der Weise denken, dass der Schütze mit der rechten Hand Schaft und Abzug umfasst hielt, durch einen Druck auf die Abzugstange diese nach aufwärts und dadurch den Hahn nach vorwärts gegen das Zündloch bewegte, und zwar durch einfache Hebelwirkung wie in Fig. 15, 16, 17 und 34a. Wohl lässt sich annehmen, dass die vertikale Stellung des Hahns durch den Druck einer Feder wieder hergestellt wurde.
1Vgl. «Quellen» 43, 111 u T. B, III. Jähns, G. d. K. 394 u. 411.
2Vgl. «Quellen» m und T. B. V (mit 1460—1480 bezeichnet). Jähns, G. d. K. § 13, 272ff.
3 Vgl. «Quellen» 113 u. T. B. VI (diesseits Fig. 25). Jähns, G. d. K. I, 409.
Vor dem Schlossblech ist an dem Schaft noch ein Kettchen mit einer Raumnadel angebracht, um das Zündloch frei machen zu können. Oben am Lauf befinden sich Korn und Absehen, die Zeichnung lässt jedoch die nähere Konstruktion nicht entnehmen. Genaueren Aufschluss in dieser Beziehung bieten die Abbildungen des schon einmal erwähnten im Jahr. 1500 beendeten Kodex ms. 1390 der kgl. Universitätsbibliothek zu Erlangen (Fig. 36). Die Visiereinrichtungen konnten sich nur auf der oberen Fläche des Laufes und auf den höchsten Punkten desselben entwickeln. Diese waren die meist ringförmige Verstärkung des vorderen Laufendes und das rückwärtige Laufende, welches entweder durch die konische Form oder durch einen rückwärts befindlichen Laufring verstärkt war. Fig. 36 bringt nun die verschiedenen Konstruktionen der um diese Zeit üblichen Visier-Einrichtungen ziemlich deutlich zur Anschauung. Nr. 1 zeigt ein spitzes Korn, welches auf die vordere ringartige Verstärkung des Laufes aufgesetzt ist.
Nr. 2 hat zwei Visierpunkte, rechtwinklige Ausschnitte, und zwar am vorderen verstärkten Laufende und an einem rückwärtigen Laufringe (die Zeichnung zeigt eine Art Schirm).
Nr. 3 lässt die Kombination von Nr. 1 und Nr. 2 erkennen; vorne das spitze Korn, rückwärts einen kleinen rechtwinkligen Ausschnitt, — ein Prinzip, welches heute noch angewendet wird. Nr. 4 zeigt vorn am Lauf eine kleine runde Scheibe mit rundem Loch für die Viesur. Die spätere noch zu besprechende Fig. 49 desselben Kodex hat noch eine gleiche zweite Visiereinrichtung am rückwärtigen Laufende.
Diese durchlochte Scheibe entwickelte sich später zu einer Röhre, zu «eyn lochelin oder vffen schrentzelyn» und fand besonders bei Handbüchsen, welche für das Scheibenschießen bestimmt waren, Anwendung.
Die große Mannigfaltigkeit in der Konstruktion beweist, dass man dem Zielen eine große Bedeutung beilegte und dass man bemüht war, durch scharfe Visierpunkte dieses zu erleichtern. Die Aufrichtung derselben brachte ferner die Forderung mit sich, die Visierlinie für den Ausblick des Schützen vollkommen frei zu halten; daher mussten der Abzug und das Zündloch nach seitwärts verlegt werden. Der Kodex Germ. 599 der königlichen Hof- und Staatsbibliothek zu München (1475) bringt auch die Abbildung einer Hakenbüchse (Fig. 37).
Diese Hakenbüchse besteht aus Lauf und Schaft. Der Lauf hat beiläufig in der Mitte unten einen Haken, ähnlich wie im Kod. lat. 197 (Fig. 21). Neu ist hingegen die Konstruktion des Schaftes. Bei Fig. 14 — Göttinger Handschrift — und bei Fig. 21 — Kod. lat. 197 (München) — war der Schaft stangenförmig und in das rückwärtige Laufende eingeschoben. Bei der vorliegenden Hakenbüchse hat der Schaft eine ähnliche Form wie im Kodex Hauslab; eine längliche Rinne im Vorderschaft zur Aufnahme des Laufes, die Verstärkung im Mittelschaft und schließlich das kolbenartig geformte hintere Ende.
Quelle: Zeitschrift für Historische Waffenkunde. Organ des Vereins für historische Waffenkunde. I. Band. Heft 10. Dresden, 1897-1899.