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Noch einmal die geöhrten Nadeln an den Klingen von Dolchmessern

Aus zwei an mich gerichteten Zuschriften ersehe ich, dass die Richtigkeit meiner Ausführungen über die vorzügliche Eignung ahlförmiger Instrumente zu Banditenwaffen Zweifeln begegnet. An der Hand zweier Fälle aus der kriminalistischen Praxis suchte ich die tückische Gefährlichkeit pfriemenartiger Waffen darzutun. Da mir dieses jedoch nicht ganz und gar gelungen zu sein scheint, so verzeiht man es mir wohl, wenn ich auf ein trauriges Ereignis zurückkomme, welches gewiss noch frisch in aller Erinnerung steht.

 

Am 10. September 1898 gegen Dreiviertel auf 1 Uhr stürzte sich in Genf der Italiener Luccheni auf die Kaiserin Elisabeth von Österreich, einen heftigen Stoß gegen deren Brust führend. Die tödlich Getroffene ging aufrecht, wie wenn nichts geschehen wäre, nach dem Landungsplatz der Dampfschiffe, eine Strecke von etwa einhundert Metern, und lehnte sogar den stützenden Arm der Gräfin Sztaray ab. Erst an Bord der «Genéve» sank die Kaiserin um. Noch immer hatte weder die hohe Dame, noch deren Begleitung eine Ahnung von der furchtbaren Tragik der letzten Sekunden. Denn auf die besorgte Frage der Hofdame, ob man nicht doch ins Hotel zurückkehren solle, entgegnete die Dulderin mit erlöschender Stimme: «Nein, er hat mich nur vor die Brust gestoßen; er wollte mir jedenfalls bloß die Uhr stehlen.»

 

Wieder umnachteten sich die Sinne der Sterbenden, welche den letzten Atemzug tat, ohne es erfahren zu haben, dass sie das Opfer eines wahnwitzigen Mordbuben geworden war. Zeitungsnachrichten zufolge soll die Gräfin Sztaray folgende Äußerung getan haben: «Als wir die Kleider der hohen Frau lösten, bemerkten wir keine Blutspuren.»

 

Die Totenbeschau ergab folgendes Bild: Der mörderische Stahl war bei der vierten Rippe in den Körper eingedrungen und hatte diese gebrochen. Dann hatte die Waffe die Lunge und den Herzbeutel durchstochen und war in die linke Herzkammer eingedrungen. Die 8,5 cm lange Stichwunde hatte eine starke innere Blutung hervorgerufen, welche den Tod nach sich zog. Von welcher Art war nun die Mordwaffe, welche eine so unscheinbare Wunde erzeugt hatte, dass man erst an einen Nervenschock dachte, dass man anfänglich dem Mörder gar nicht nachsetzte? Nach dem «Journal de Genéve» war es eine dreikantige, 93 mm lange Feile, deren Seitenflächen etwa je 3 mm an der Basis maßen.

 

Und nun frage ich: Ist der Unterschied zwischen diesem dürftigen, aus sprödem Feilenstahl zurecht geschliffenen Stilette in Lucchenis Faust und unseren kräftigen Nadeln ein so großer, um die Möglichkeit, dass letztere unter Umständen vorzügliche Meuchlerwaffen abgeben könnten, als absurd, als gar so romantisch erscheinen zu lassen?

Dr. Potier.

 

 

Zur Geschichte der Burgunderbeute hat G. Tobler im «Anzeiger für Schweizer. Altertumskunde» 1900 einen interessanten Beitrag geliefert durch Abdruck der Verhandlungen, welche — im bernischen Staatsarchiv aufbewahrt — dazu führen sollten, die in alle Welt zerstreute Burgunderbeute wieder zusammenzubringen und sie dann zu gleichen Teilen unter die Mitkämpfer in Geld oder Gut wieder zu verteilen. In dieser Korrespondenz werden neben anderen interessanten Dingen auch mancherlei Waffen u. dgl. erwähnt.

 

Neben «silbrin löffeln, guldin ketten, silbrin schalen, köstlich edelgesteins, buecher, gülden tuecher, tuoch (aller Farben), zinnschüsseln, tischlaken, ledrin fleschli, erin (ehernen) hefeli, modelisen, strel (Kämmen), schribzug usw.» begegnen wir da vielen Kostümstücken, wie «farbigen puret und piret (Baretten), rocken aller färben, mänteln, kappenzipfein (Gugelmützen), schuoch (Schuhen), hosen, hentschuch, kragen, vil sidin roeck, 1 langen swartzen gefütreten rock, zwechelen (Leinentüchern), zwilchen wamsel, 1 alt sidin wamsel, 1 keppli (Kappe), hüten, 1 tüfelgewand, 1 rock mit einer welschen kappen und sidin roeck der herzogin von Safoy, sowie 26 Kleider, so zuo Murten unter des herzogen (von Burgund) zaelt funden und in seck gestossen und von dannen getragen wurden. ... Auch köstlich edelgesteins, des Burgundischen herzogs bettbuoch, den orden des Burgundischen herzogen . . . der luter gold si . . . ein köstlich kleinot... ob 2000 gülden wert (Diamant) usw.» Einer trug seine Beute «800 stück golds oder silber ungeverlich» in einem «Kocher» fort.

 

Von Schutzwaffen werden erwähnt «schilt, helmlin, isenhuet, harnesch, küris, kreps, pantzerermel, kragen, blechhantschuh, elbogen (-kacheln), pantzer.» Daneben erscheinen «1 lidirn kurset (die ledernen Wämser, die man über der Eisenrüstung trug), 1 kreps, x kragen, 2 stifel, 1 isenhuot, 1 pfawenwedel (Helm- oder Pferdebusch), paner und venlinen». Unter den Angriffswaffen: «swert, swertle, langmesser, scheidmesser, breit bimesser, degen und messer.» Unter den Schusswaffen finden wir «handbogen, 1 armbrust, 1 winden, bogen, pfile, pfilisen, grosse isenbüchsen und 1 hantbüchs». Unter dem Reitzeug begegnen wir: «biss (Pferdegebissen), soumbiss, zoum, biss und leder, ungersche riemen, rott riemen, halfteren, komet, sattel und sporen».

R. Forrer.

 

 

In meiner «Entwicklungsgeschichte der alten Trutzwaffen» sage ich S. 240: «In Russland finden sich die orientalischen, meist aus Griechenland eingeführten Krummschwerter unter dem angeblich aus dem Tatarischen genommenen Namen jelmán.» Diese Bemerkung ist unrichtig und beruht auf dem Missverständnis einer Angabe in des Staatsrates von Lenz ausgezeichnetem Katalog der Waffensammlung des Grafen Scheremetew. Nicht das Krummschwert wird in der russischen Sprache mit dem Worte jelmán bezeichnet, sondern die an orientalischen Krummschwertern sehr häufige, breite, zweischneidige, an der Rückseite eckig eingezogene Spitze, wie deren auch in Westeuropa vom 13. Jahrhundert an nicht selten vorkommen (Fanchon, badelaire, Malchus usw.). — Ich beeile mich, auf dies Missverständnis aufmerksam zu machen, damit es nicht fortwuchere und damit ich Herrn von Lenz gerecht werde.

Max Jähns.

 

 

Alemannisches Kriegergrab.

Bei Stützheim, 11 Kilometer von Straßburg, wo ich Mai und Juni 1900 eine prähistorische Ansiedlung mit intakt erhaltenen Kellergruben ausgegraben habe, fand ich bei diesen Arbeiten einen alemannischen Begräbnisplatz mit Männer- und Frauengräbern. Eines der ersteren war ein Kriegergrab. Der Tote trug als einzige Waffe einen schräg über den Unterleib gelegten eisernen Scramasax von 45 cm Länge. Der Sax schien in zwei Ösen hoch am Gürtel gehängt zu haben. Dabei lag ein Feuerstahl und ein doppelseitiger Beinkamm. Im Kopf trug der Tote eine z. T. vernarbte alte Hiebwunde.

R. Forrer.

Quelle: Zeitschrift für Historische Waffenkunde. Organ des Vereins für historische Waffenkunde. II. Band. Heft 3. Dresden, 1900-1902.