
Die Münchner Hof- und Staatsbibliothek besitzt unter ihren reichen Schätzen an Handschriften auch ein überaus merkwürdiges Geheimbuch eines Kriegsingenieurs, namens Joannes Fontana, das ums Jahr 1420 verfaßt sein mag. Nach einer neueren Forschung war dieser Fontana in den Jahren 1418 bis 1419 Rektor der artistischen Fakultät der Universität Padua.
Um seine Geheimnisse nicht zu verraten, schreibt Fontana sämtliche Aufzeichnungen in einer Geheimschrift. Wir erkennen diese in den letzten drei Zeilen auf unserm Bild. Weit später hat jemand
diese Geheimschrift entziffert und den lateinischen Text in lesbarer Schrift über die Geheimschrift geschrieben.
In dieser Handschrift werden alle möglichen geheimen Mitteln angegeben, deren man sich besonders im Kriege bedienen soll. Eines unter ihnen ist eine Zauberlaterne um bei Nacht den Feind zu
erschrecken. Wir sehen in der linken unteren Ecke des Bildes einen orientalisch gekleideten Menschen, der eine runde Laterne in der Hand hält. Auf der gewölbten Scheibe der Laterne ist, wie man
deutlich zu erkennen vermag, ein grausiger Teufel mit Flügeln, Hörnern und Krallen gemalt, der einen gefährlichen Spieß schwingt. Wir bemerken auch den kegelförmig aufgerollten Wachsstock auf dem
Boden der Laterne, der dieses Teufelsbild von innen her beleuchtet. Den übrigen Teil der Laternenscheibe müssen wir uns durch Blech, oder durch schwarze Farbe abgeblendet denken. Nähert man sich
mit einer solchen Laterne einer weißen Wand, so wird dort die Teufelsfigur vergrößert — natürlich aber auch verschwommen — sichtbar werden. So zeigt denn Fontanas Zeichnung auch, wie der Teufel
recht groß und greulich auf der Wand erscheinen soll.
Über zweihundert Jahre später findet sich die Zauberlaterne wieder, nachdem man sie mit geschliffenen Gläsern der inzwischen erfundenen Fernrohre versehen hatte. Heute feiert diese Laterne magica
im Kinematographen ihre höchsten Triumphe.
Quelle: F. M. Feldhaus, Modernste Kriegswaffen – alte Erfindungen. Leipzig, 1915.