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Vom k. und k. Heeresmuseum in Wien

Während des Jahres 1900 wurde das Heeresmuseum von 14.204 (gegen 10.446 im Jahre 1899) Personen besichtigt. Die Durchschnittszahl der Besucher während der Jahre 1894 bis 1898 betrug 8.638, jene von 1889 bis 1893 gar nur 7.036. Die im abgelaufenen Jahr festgestellte Steigerung des Besuches ist namentlich darauf zurückzuführen, dass das Heeresmuseum an Sonntagen geöffnet ist und umso erfreulicher, als die Verkehrsverhältnisse von der Stadt zum k. und k. Artillerie-Arsenal hinaus, in welchem das Heeresmuseum untergebracht ist, bekanntlich alles zu wünschen übriglassen.

 

Im Verlauf des vergangenen Jahres wurden die umfangreichen Sammlungen dieser Anstalt durch Geschenke wieder wesentlich vermehrt.

 

Se. Majestät der Kaiser spendete ein mit Goldplättchen, Seide und bunten Leinensticken verziertes türkisches Zelt, welches wahrscheinlich 1683 vor Wien von dem Entsatzheer erbeutet worden war; FZM.

 

Herr Erzherzog Friedrich schenkte ein kostbares, 9 m hohes türkisches Rundzelt, von welchem man annimmt, es habe dem Großvezier Damad Ali Pascha gehört und sei in kaiserlichen Besitz gekommen, als am 4. August 1716 Prinz Eugen die Osmanen bei Peterwardein aufs Haupt schlug; ferner eine einzelne türkische Zeltwand. FML.

 

Herr Erzherzog Eugen widmete eine Czapka nach der Vorschrift vom Jahr 1854 für einen Ulanenoffizier. Von hohem persönlichen Wert sind: Ein vom FM. Josef Grafen Radetzky getragenes Taschentuch; das Ritterkreuz des Militär-Maria-Theresien-Ordens, welches die Brust des FML. Ludwig Freiherrn von Pielsticker schmückte; endlich ein sogenannter Banusring,1 eine Gabe von außerordentlicher Seltenheit.

 

Der Bestand an eigentlichen Waffen erfuhr auch im vergangenen Jahr manche Bereicherung. So wurde die Gruppe der Feuerwaffen um eine Reiterpistole mit Zünderschloss (System Augustin), um je ein vollständiges französisches (M. 1886/93) und spanisches (M. 1893) Magazingewehr samt Munition vermehrt.

 

An Blankwaffen wurden dem Heeresmuseum einverleibt: Ein Kürassier-Pallasch aus dem Zeitalter Karls VI., ein Unteroffizierssäbel von 1820, endlich ein Offizierssäbel der auch in Laibach im Jahre 1848 geschaffenen Nationalgarde. Auch der Zuwachs an Fahnen ist ein ziemlich bedeutender: Außer den Resten einer Standarte vom Jahre 1660 der kaiserlichen Reiterei gelangten in den Besitz des Heeresmuseums: Eine Standarte aus dem Zeitalter Karls VI., je eine grüne (M. 1743) und zwei schwarzgelbe Fahnen der österreichischen Infanterie aus der Zeit von 1745 bis 1765, ferner aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Fahne des 1. Landwehr-Bataillons des k. k. Infanterie-Regiments Nr. 24.

 

Außer zahlreichen Geschenken von Erinnerungsmedaillen an die Türkennot, an militärisch wichtige Ereignisse wurde auch die Bibliothek und die Sammlung von heeresgeschichtlich interessanten Bildern in Heeresmuseum in besonders freigebiger Weise von Behörden, Truppen und einzelnen Personen bedacht.

Dr. Potier.

 

1 Als im Jahr 1848 der FML. Josef Graf Jella id als Ban von Kroatien die Grenzer zu den Waffen rief und sie in einer Zeit vielseitigster Verirrung mit seltener Entschiedenheit und auf eigene Verantwortung dem Kaiser zu Hilfe durch ein insurgiertes Land bis unter die Mauern Wiens geführt hatte, da stifteten die Offiziere des Jellaischen Hauptquartiers zur Erinnerung an den bewegten Zug eigene Ringe, welche gegenwärtig, da sie nur in sehr beschränkter Zahl angefertigt wurden, zu den größten Seltenheiten gehören.


Quelle: Zeitschrift für Historische Waffenkunde. Organ des Vereins für historische Waffenkunde. II. Band. Heft 6. Dresden, 1900-1902.