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Eine Arbeit des Goldschmiedes Heinrich Knopf

 

In der Ausstellung von Kunstwerken europäischer Herkunft aus Eisen, welche der Burlington fine arts club in London im vergangenen Jahre veranstaltete, befand sich, wie die bezügliche Veröffentlichung Plate LXI erkennen lässt, unter den zahlreich vertretenen Schutzwaffen ein Ringkragen, welcher deshalb unserer besonderen Beachtung wert erscheinen dürfte, weil zwischen den getriebenen Verzierungen auf demselben und den in gleicher Weise ausgeführten Ornamenten an dem bekannten Prunkharnisch des Kurfürsten Christian II. von Sachsen im Königlichen Historischen Museum zu Dresden (Prunkwaffensaal Nr. 7) eine ganz auffallende Ähnlichkeit nicht zu verkennen ist.

 

Vergleicht man nämlich das Blumenwerk, die Masken, die phantastischen Tierköpfe und Gestalten auf beiden Objekten, so ergibt sich eine solche Übereinstimmung sowohl in der Verwendung des der italienischen Spätrenaissance entlehnten Blumenwerkes, als auch bei allem sonstigen ornamentalen Beiwerk, dass schon hieraus allein mit hoher Wahrscheinlichkeit der Schluss gezogen werden dürfte: dass wir in dem, dem Mr. D. M. Curric gehörenden Ringkragen eine Arbeit des Goldschmiedes Heinrich Knopf vor uns haben. Weitere Unterstützung aber findet diese Annahme noch, wenn man die Kampfszenen auf dem Ringkragen mit denjenigen auf dem obengenannten Harnisch vergleicht. Hier zeigen sich neben den Vorzügen der Knopfschen Entwürfe — einer sehr geschickten Anordnung des Ganzen, großer Beweglichkeit der einzelnen Figuren und einer vortrefflichen Perspektive — auch deren weniger lobenswerte Eigentümlichkeiten — nämlich die übermäßig ausgeprägte Muskulatur an den Menschen und ein außer Verhältnis stehender, schwerer Rumpf mit besonders starkem Hinterteil an den Pferden.

 

Wäre nun trotz aller dieser Beweisgründe immer noch ein Zweifel für die genannte Annahme vorhanden, so müsste dieser bei Betrachtung noch anderer Arbeiten des Meisters — wie des halben Prunkharnisches des Herzogs (späteren Kurfürsten) Johann Georg (I) im Königlichen Historischen Museum zu Dresden (Prunkwaffensaal Nr. 12) zweifellos schwinden, denn auch dieser weist in Stil und Technik die gleichen Merkmale, wie der hier besprochene Ringkragen auf.

 

Endlich finden sich auch an dem Kragen die glatten, ungerippten Ränder, wie an den beiden von der Hand Heinrich Knopfs gefertigten Harnischen. Dagegen ist freilich am Ringkragen der Untergrund weder geätzt noch ziseliert, wie beim Prunkharnisch Christians II., noch gepunzt (punktiert), wie bei demjenigen Johann Georgs; doch dürfte eine so geringe und immerhin untergeordnete Abweichung in der Ausführung bei Beurteilung der Herkunft eines Stückes kaum von Belang sein. Die treffliche bildliche Wiedergabe des Ringkragens auf Plate LXI des illustrierten Kataloges der «Exhibition of chased and embrosed Steel and iron work of european origin, London 1900» lässt jeden einzelnen Teil des Ornamentes am Ringkragen vollkommen deutlich erkennen.

 

Im Text von J. Starkie Gardner wird der Kragen als französische Arbeit aufgeführt. Es wäre interessant zu erfahren, worauf sich diese Annahme stützt. Ferner glaubt J. Starkie Gardner, dass das Rückenstück des Ringkragens von anderer Hand gefertigt sei, als das Vorderstück. Auch diese Angabe erscheint ganz unverständlich, denn Ausschmückung und Technik stimmen an beiden Teilen so vollkommen überein, dass sowohl deren Zusammengehörigkeit, als auch ihre Herkunft von einem und demselben Meister außer allem Zweifel stehen dürften.

 

E. F. V. H.

 


Quelle: Zeitschrift für Historische Waffenkunde. Organ des Vereins für historische Waffenkunde. II. Band. Heft 6. Dresden, 1900-1902.