Der Dolch ist sehr einfach gearbeitet und die Parierstange passt nicht genau auf die Scheide, sodass die Vermutung gerechtfertigt ist, beides habe ursprünglich nicht zusammengehört. Doch ist bei beiden jeder Zweifel an der Echtheit ausgeschlossen. Es mag vorgekommen sein, dass die geschmückte Scheide beiseitegelegt wurde, während das Dolchmesser zu allerlei friedlichen Zwecken Verwendung fand, bis es verloren ging. Am Besteck ist ein noch unerklärtes Wappen eingraviert sowie die Initialen C. M. Das Bildwerk der Scheide gibt zwei Momente der Geschichte von David und Goliath wieder: Der Hirtenknabe David steht dem schwer bewaffneten, riesigen Philister vor dem jüdischen Lager gegenüber, und die Flucht der Philister vor den Israeliten ist dargestellt – in deren Mitte schwingt David über dem toten Goliath das Schwert, um ihm das Haupt vom Rumpf zu trennen.
Das zweite Exemplar stammt nach einer Notiz von Herrn Challande aus Luzern und trägt auf einer Schlaufe an der Scheide das Datum 1567. Hier ist es ein wildbewegter Totentanz, der sich über die Scheide hinzieht. Der mit der Papstkrone geschmückte, langbärtige Tod ergreift zuerst den Kaiser und entreißt ihm den Mantel, während er den Reichsapfel mit Füßen tritt. Dann schleppt er die Kaiserin am Gürtel hinweg, das ihr abgenommene Krönlein triumphierend in die Höhe haltend. Weiter ruft er mit Schlachthorn und Trommel den geharnischten Bannerherrn, der sich abwenden will. Dann fasst er mit der Knochenhand die Dirne an der Schulter, weiter einen knieenden Mönch und schließlich ein kleines Kind. Die Komposition des zweiten ist genialer; sie stammt von keinem Geringeren als Hans Holbein d. J. Eine Kopie der in Berlin aufbewahrten Originalskizze befindet sich in Basel, das auch aus dem Nachlass von Basilius Amerbach († 1591) einen Dolch mit gleicher Scheide besitzt (vgl. M. Heyne: Kunst im Hause II, S. 11 und T. XIV sowie Woltmann, II, S. 102).
Aus der schönen Serie von Schusswaffen heben wir eine Jagdbüchse mit Radschloss vom Ende des 16. Jahrhunderts besonders hervor, die – wie der erstgenannte Schweizerdolch – aus Bern stammt. Sie wurde dem Museum vor ein paar Jahren zum Kauf angeboten; wegen des geforderten hohen Preises wurde jedoch darauf verzichtet. Herr Challande erstand sie auf einer Auktion in Zürich. Sie ist über und über mit Jagdszenen verziert. Am achtkantigen, bei der Mündung etwas verstärkten gezogenen Lauf sind solche an beiden Enden in Relief geschnitten. Die Backenseite des Kolbens zeigt eine Wildschweinjagd, in Elfenbein eingelegt. Der berittene Jäger ist im Begriff, einem von Hunden gepackten Eber den Fang zu geben. Auf der oberen Seite des Kolbens sieht man eine Bärenjagd, auf dem Schieber eine Hirschjagd. Dazwischen befinden sich Ornamente mit Perlmutt-Einlagen. Am Kolbenende ist auf einer weißen Platte ein Wappen graviert: im unblasonierten Feld eine Armbrust und als Helmzier zwei Steinbockhörner. Diese Gravierung steht nicht auf der Höhe der übrigen Ornamentik und ist wohl eine spätere Zutat. Am Rohr hat der Verfertiger seinen schildförmigen Stempel angebracht: LH, darunter ein Krönchen (vgl. die Abbildungen auf der Lichtdrucktafel, die dem Jahresbericht beigefügt ist).
Die Jagdwaffen sind in der Sammlung besonders gut vertreten und sollen im Erker der Waffenhalle zu einer Gruppe vereinigt werden. Armbruste mit Pfeilen und Köcher, Bären- und Schweinspieße, eine auserlesene Reihe von Hirschfängern werden in die Zeit zurückverweisen, da auch bei uns das Waidwerk noch in Blüte stand.
Quelle: Jahresbericht des Historischen Museums in Bern. Bern, 1899.
(Das Bild wurde überarbeitet.)

