Streitsichel, Kriegssichel, Sturmsichel
Heute stellen wir Euch eine ungewöhnliche aber nicht selten vorkommende Kriegssichel vor, die eine Bauernwaffe ist. Ungewöhnlich ist sie, weil ihre Form einer rundlichen Mondsichel gleicht.
Häufigere Formen haben eher eine langgestreckte, leicht gekrümmte Klinge - nicht zu verwechseln mit Sturmsensen.
Das Deutsche Historische Museum hat zwei solche „typische" Kriegssicheln im Bestand, die hier und hier angeschaut werden können.
Das bekannte Auktionshaus Herrmann Historica hatte im April 2009 eine ähnliche Kriegssichel aber mit Holzschaft im Angebot, die aus dem 16. und 17. Jhd. stammen soll.
Auch wenn Kriegssicheln wie auch Kriegsgerteln und Sturmsensen martialisch aussehen und zuerst einmal Eindruck erzeugen, so fallen sie militärisch jedoch ins Hintertreffen, weil sie nur bedingt
kriegstauglich waren. Gegen die bestens ausgestatteten Landsknechte oder Söldner waren solche "Notwaffen" der Bauern, die zudem keine militärische Ausbildung genossen haben, oftmals nutzlos. Sie
konnten nur zum Schlagen, mit weit ausholender Bewegung, gebraucht werden und waren zum Reißen und Stoßen ungeeignet. Im Nahkampf im Streithaufen waren Stangenwaffen dann fast gänzlich
wirkungslos, da sie selten lange Spießformen aufwiesen (siehe Artikel Bürgerwehrspieß mit seinen unterschiedlichen Funktionen).
Doch warum wurden solche Waffen dann erst geschmiedet? Während der Empörungskriege (Bauernaufstände) nutzten die Bauern jedwede Art, sich zu bewaffnen. Pflugscharen wurde so sprichwörtlich zu Schwertern geschmiedet. Bäuerliche Arbeitsgeräte, wie Sicheln, Gerteln, Sensen und Hacken wurden verstärkt, umgeschmiedet und auf hölzerne Schäfte gesteckt. Zumeist hatten sie nur einfache konische Tüllen, deren Ränder überlappend geschmiedet wurden. Eventuell wurden noch Nietlöcher zur besseren Fixierung durch die Tülle gestoßen. Eiserne Schaftfedern, wie sie zumeist Kriegswaffen hatte, fehlten im überwiegenden Fundspektrum. Nur selten wurde versucht, kriegstaugliche Helmbarten von den Bauernschmieden nachzuahmen. Eher behalf man sich mit dem, was man hatte. In der Gerichtserzählung eines steirischen Bauernaufstandes am Schloss Steyr im Jahr 1596 griffen zwei der zornigen Bauern den Schlossherrn nur mit ihren Hacken an (hier nachzulesen).
So endeten die deutschen Bauernaufstände denn auch zumeist sehr blutig und zu Ungunsten der deutschen unterdrückten Bauern. Denn trotz ihrer Masse von mehreren tausend Bauern pro Streithaufen
(überregional sogar über zehntausende), konnten sie sich gegen die professionellen Armeen des Adels nicht durchsetzen. Im Fall der steirischen Bauern wurden etliche gehängt, wenige per Lösegeld
freigekauft, der Rest zu Hunderten auf freien Feldern mit Knüppeln bestialisch zu Tode geprügelt.
Gesamtansicht der Kriegssichel. Gut sichtbar ist das Nietloch an der Tülle.
Detailaufnahme des Klingenblattes und der Schmiedemarke (Punze).
Die Tüllenränder sind überlappend geschmiedet worden. Die Tülle selbst ist stark verjüngend zum Sichelblatt, sodass der Holzschaft angespitzt sein musste.