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Volksglauben in der Schweiz Teil 2

Symbolbild aus der Schweiz Basel

In diesem zweiten Teil werden Weissagungen (Aberglaube) aus der Schweiz des 19. Jahrhunderts und zuvor berichtet. Die Auflistung handelt von Angst vor Geistern, Krankheitsheilung und Gottesfürchtigkeit.

 

 

37. Im Jahr 1815 bekam eine fünfzehnjährige Tochter Algentshausen, Kirchgemeine Henau in Toggenburg den Veitstanz, welche Krankheit sowohl die Eltern als auch andere Personen Teufelskünsten zuschrieben. Nachdem sie lange Rat und Hilfe bei Quacksalbern, Teufelsbeschwörern, Kapuzinern und Bettlern gesucht, wandten sie endlich folgendes letzte Mittel an. Sie nahmen ein Pferd, das ohnehin krank war, verbrannten eine Bürde Stroh, die sie ihm am Halse befestigt hatten und verscharrten sodann das Tier noch lebendig mit allen gebrauchten Werkzeug in einer tiefen Grube. (Kanton St. Gallen)


38. Noch jetzt kommt es manchmal im Kanton Glarus vor, dass man das Bett todkranker Personen, welche nicht sterben können, unter den Hausfirst stellt. Stirbt jemand im Zimmer, so öffnet man sogleich nach dem letzten Atemzug ein Fenster.


39. Lässt man des Abends ein Messer auf dem Tisch liegen, so kann entweder die älteste oder die jüngste Person im Haus nicht schlafen. Sticht man mit dem Messer in ein Brot, so sticht man Christus ins Herz. Kommt man mit der Messerspitze in die Milch, um etwas daraus zu nehmen oder darin zu rühren, so tut man der Kuh im Euter weh. (Kanton Solothurn)


40. Am Thuner See sagen alte Leute, wenn es blitzt oder wetterleuchtet, der Teufel schlage an der Spitze des Berges Niesen Feuer an. Auch behauptete man früher, vom Niesen aus sei Christus gen Himmel gefahren und stützte sich dabei auf den Namen Jesen, Jessen, welchen der Berg im Mittelalter führte. (Kanton Bern)


41. Im Bezirk Payerne (Peterlinger) des Kantons Waadt sagt man: Wer am Morgen zuerst einer Frau begegnet, der wird unter die bösen Engel versetzt.


42. Im Rhonstal sagt man, dass Leute, welche wissen, wie man Krankheiten und Geister beschwört, ihre Geheimnisse nur einer einzigen Person mitteilen dürfen, und zwar nur einer jüngeren.


43. Gegen böse Geister ist man geschützt, wenn man ein Psalmbuch in der linken, ein Stück frischen Brotes aber in der rechten Rocktasche und Salz in beiden Westentaschen trägt oder in seinen Wanderstab, der aber ein Dornstock sein muss, drei Kreuze eingeschnitten hat. (Kanton Bern)


44. Zur Zeit des Neumonds hört der geheimnisvolle Bann auf, der zu anderer Zeit Geister und Unholde den Menschen unsichtbar macht. (Kanton Aargau)


45. Manch Kräutlein will, um für besondere Fälle heilsam zu werden, bei Neumond und um Mitternacht gepflückt sein. (Kanton Aargau)
46. Wenn man einem Storch seine Jungen nimmt, so bringt er Feuer ins Haus. (Nordschweiz)


47. In einer Kriminaluntersuchung, welche im Jahr 1855 zu Zürich schwebte, behauptete der Angeklagte: Die Psalmen haben schon zu Israels Zeiten große Wirkung gehabt und haben sie auch noch, wenn man mehrere Psalmen betet, Krankheiten heilen, in Kriegszeiten die Zukunft voraussehen und im Traum Gesichter schauen, namentlich, wenn jemand ein Unglück begegnet ist. Ich selbst habe einmal so einen bedeutenden Seidendiebstahl entdeckt. Nach Ablesung der Psalmen 16, 23 und 42 sah ich im Traum einen fetten Mann mit rotem Gesicht und neben ihm eine kleine magere Frau. Auf meinen Rat verlangte der Bestohlene gegen zwei Eheleute, die so aussahen, die gerichtliche Hausdurchsuchung und man fand wirklich, dass sie die Täter gewesen waren.


48. Der alte Küster zu Därstetten im Simmental, Kanton Bern, legte die Gebeine seiner verstorbenen Verwandten und Freunde, die er bei späteren Beerdigungen ausgegraben hatte, in das Grab eines neugeborenen, unschuldigen Kindes. Als man ihn befragte, sagt er: Das tut den Toten im Himmel wohl und verkürzt ihnen die Büßung.


49. Zu Fronfasten darf man nicht gegen die Geister unternehmen. (Kanton Bündten)


50. Im Aargau wandte man sonst folgendes Mittel gegen rheumatische Anfälle und fliegende Gliederkrankheiten an: Man nahm zwei Turteltauben, sperrte sie in einen Käfig und setzte sie so unter das Bett des Leidenden, der dann bald genas.


51. Die Geister der Mädchen, welche die Tanzwut hatten und infolge derselben starben, fahren unruhig um die Wirtshäuser herum, sobald dort ein Tanz stattfindet. Sie können aber nicht ins Haus hinein, wenn nicht jemand sie auffordert, in den Saal führt und mit ihnen tanzt. Wer dies aber tut, muss bald sterben. (Kanton Bern)


52. Wenn man am Sonntag während des Kirchengeläutes rückwärts einen Haselstecken [ein Wanderstock] in den heiligen drei Namen aus einem Hay [Holz] haut und damit den Pferden den Hafer umrührt, so gedeihen sie gut und sind gegen das Verhexen geschützt. (Kanton Bern)

 

Weiterlesen: Volksglauben in der Schweiz - Teil 1

Symbolbild aus der Schweiz Bern

Bildquellen: 'Switzerland: its scenery and people. Pictorially represented by ... Swiss and German artists. With historical and descriptive text, based on the German of Dr Gsell-Fels. London, 1881
Textquelle: Zeitschrift für Deutsche Mythologie und Sittenkunde. Band 4, Göttingen 1859


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