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Zwei feindliche Brüder

Symbolbild einer Hussitenpredigt

Johannes Hus, Rektor der Prager Universität, hat bekanntlich durch seine Irrlehren, welche er zumeist aus den verderblichen Schriften des englischen Irrlehrers Wikleff geschöpft, viele tausend Köpfe und Gemüter von Leichtgläubigen verwirrt und dadurch Anlass zu den sogenannten Hussitenkriegen gegeben, welche namenloses Unheil über Böhmen, Mähren, Österreich und andere Länder gebracht haben.


Durch diesen traurigen Abfall vom wahren Glauben entzündete sich nach beiden Seiten hin ein Religions-Fanatismus, der die zartesten Familienbande zerriss und mit Feuer und Schwert auf eine so grässliche Weise wütete, dass man die Jahrbücher jener wüsten Zeit nur mit Schauder und blutendem Herzen lesen kann.


Wir entnehmen hier aus diesem tragischen Schauspiel nur eine kleine, aber höchst bedauerliche Szene. Sie handelt von zwei feindlichen Brüdern, den Freiherren von Würnitz, welche einst gemeinsam und friedlich das väterliche Erbgut am Manhartsberge besessen und verwaltet haben. Von ihnen gilt, was Schiller in seiner Tragödie: "Braut von Messina" sagt:


"Ihr habt sie unter euch in freud´ger Kraft
aufwachsen sehen, doch mit ihnen wuchs
auch ein unsel´ger bruderhass empor,
der Kindheit frohe Einigkeit zerreißend,
und reifte furchtbar mit dem Ernst der Jahre."


Maximilian von Würnitz, der ältere Bruder, war und blieb mit ganzer Seele ein pflichtgetreuer Diener der katholischen Kirche, während Rudolf von Würnitz, unbedacht vom heillosen Schwindel des Tages ergriffen, ein leidenschaftlicher Anhänger der Hussiten wurde.


Der letztere befand sich als Mitkämpfer bei den hussitischen Scharen, die wildverheerend aus Böhmen in Österreich einbrachen, wandte sich nach seinem Stammschloss und forderte seinen Bruder, weil er kein Abtrünniger werden wollte, zum Zweikampf. Maximilian ward besiegt und schwer verwundet den Taboriten überlassen, welche seine ausgestreckten Arme mit großen Nägeln an die Schlossmauer befestigten, mit Pfeilen nach ihm schossen und ihn grausam töteten. Das Gerippe dieses Märtyrers wird noch jetzt im Schloss Würnitz aufbewahrt.

 

Textquelle: Zeitspiegel: Eine chronologische Ährenlese aus der österreichischen Völker- und Staaten-Geschichte. Zur Belehrung und Erheiterung für die reifere Jugend von Joseph Alois Moshamer 1866
Bildquelle: Deutscher Kaiser-Saal. Geschichte der deutschen Kaiser in Biographien ... Mit 50 Vollbildern, Stuttgart 1894


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