· 

Die Beurteilung der Echtheit und des Wertes der Waffen

Beispielbild einer Waffensammlungsausstellung 3

 

Das Erkennen der Echtheit einer Waffe ist eine der schwierigsten Aufgaben für den Sammler, es erfordert nebst einer tüchtigen Kenntnis der Geschichte ein ungemeines Formenstudium, eine große Geläufigkeit in der Bestimmung der zahllosen Stilvarianten und eine nicht geringe Kenntnis der alten technischen Herstellungsarten. Dabei muss dem Beurteiler ein sicheres Auge zu Gebote stehen, ein Vorzug, dessen sich nicht jeder erfreut, der die obigen Bedingungen erfüllen zu können vermeint. Wenn es nun auch keinem Zweifel unterliegt, dass die fortwährende praktische Übung die Fähigkeit zu einem klaren und richtigen Urteil herbeiführen kann, so gibt es doch viele Leute, die dessen ungeachtet nie zur vollen Sicherheit in der Beurteilung alter Gegenstände gelangen, weil ihnen die natürliche Begabung hierzu mangelt. Der Sammler selbst besitzt in der Regel eine mehr kulturgeschichtliche als fachliche Bildung, die ihn zwar einigermaßen unterstützt, aber doch nicht das sichere Auge gewinnen lässt, das der Händler, der oft ganz ungebildet ist und sich von einem unbewussten Gefühl leiten lässt, sich aufgrund jahrelanger Beschäftigung mit alten Kunsterzeugnissen anzueignen weiß. Häufig sehen sich beide betrogen; der Sammler hat in solchem Fall das Falsum meist auf dem Hals, während der Händler sich desselben auf gute Manier zu entledigen weiß. In jedem Jahr werden Unsummen für wertlose Fälschungen verschleudert, und zwar oft von Leuten, die sich nicht wenig auf ihr Verständnis zugutetun. Ähnlich verhält es sich mit der Beurteilung des Preises eines Gegenstandes, sofern es nicht um den Preis an sich als pretium affectionis, sondern um sein Verhältnis zu der Seltenheit oder den Kunstwert sich handelt. Der richtige Maßstab für den Preisansatz auf unserem Gebiet mangelt allenthalben. So kann noch heute ein geschulter Sammler das wertvollste Stück für wenige Goldstücke erwerben, während für gar viele Gegenstände von höchst mäßigem Wert geradezu ungeheure Summen verlangt und leider auch bezahlt werden.

 

Zum Besten der Menschenklasse, die das Fälscherhandwerk treibt, ist zu sagen, dass die meisten ihrer Glieder durch das Publikum selbst auf die unsittliche Bahn gedrängt wurden. Die überwiegend größte Zahl der Käufer nimmt die beste, schönste Imitation alter Kunstwerke nur dann, wenn sie für „alt“ ausgegeben wird. Was will dann der Erzeuger machen? Über dieses missliche Verhältnis haben dem Verfasser schon viele talentvolle Kunstarbeiter ihr Leid geklagt. Ein sicheres Mittel, um sich durch die Beteuerungen von der Echtheit eines Gegenstandes nicht irre leiten zu lassen, bleibt immer die Gegenfrage: ob der Verkäufer geneigt sei, die Echtheit schriftlich zu bescheinigen.

 

Es kann nicht die Aufgabe des Verfassers sein, die zur Beurteilung der Echtheit und des Wertes einer Waffe unbedingt nötigen Disziplinen ins Auge zu fassen. Der aufmerksame Leser wird in den anderen Kapiteln dieses Buches zahlreiche Anhaltspunkte finden, die seine Kenntnis des Gegenstandes für diesen Zweck unterstützen; wohl aber wird es dem Bedürfnis des Publikums entsprechen, jene Grundsätze anzuführen, die, auf der Kenntnis des Gegenstandes fußend, maßgebend bleiben müssen, um das Echte vom Falschen unterscheiden zu lernen, um eine rationellere Basis für den Wert des einzelnen Stückes zu schaffen und so der heutigen Zerfahrenheit in der Wertbestimmung zu steuern.

 

Beginnen wir mit der Beurteilung der Echtheit eines Gegenstandes als der ersten Bedingung für dessen Wert, so müssen wir vorweg den Kardinalsatz aufstellen, dass jeder angebotene Gegenstand, der mit den heutigen Mitteln nicht um den geforderten Preis zu fertigen ist, die Vermutung der Echtheit für sich hat. Dies ist ganz einfach daraus zu erklären, dass derjenige, der zu dem Mittel der Fälschung greift, viel mehr, als mit ehrlicher Arbeit möglich ist, verdienen will. Wenn das nicht erreichbar ist, lohnt sich der redliche Erwerb besser als der betrügerische. Ist der Preis im Verhältnis zum Wert der Arbeit höher, dann treten alle Maßregeln der Vorsicht in ihre Rechte und es sind dann allerdings unzählige Umstände zu berücksichtigen, um den Fälscherkniffen auf die Spur zu kommen, von denen wir nur die bemerkenswertesten hier anführen können.

 

Vorerst muss die allgemeine Form zum angegebenen Zeitalter stimmen; das ist bei Zuschreibung an bestimmte historische Personen oder Tatsachen von besonderer Wichtigkeit. Beigaben dekorativer Natur, Inschriften, Wappen müssen in Form und Technik unverdächtig erscheinen, denn oft wird derlei nachträglich selbst an echten Stücken hinzugefügt, um den Wert zu erhöhen. Jedes Zeitalter hat seinen eigenen Stil in Schrift und Bild und seine eigene Technik.

 

Bei Inschriften, Versen und dergleichen ist wohl zu beachten, dass jede Zeitperiode ihre eigene Ausdrucksform, ihre poetische Richtung besitzt. Gewisse Sinnsprüche gehören bestimmten Zeitaltern an und gerade da wird von den Fälschern am häufigsten gefehlt, die gewöhnlich bessere Kunstarbeiter als Philologen und Kulturhistoriker sind. Gar manche Fälschung ist schon durch das einfache Lesen der Inschrift zu entdecken; man hat dann gar nicht nötig, sich in weitere Untersuchungen einzulassen.

 

Was die allgemeine Form betrifft, so ist es auch dem talentvollsten Fälscher nicht so leicht, den Kenner zu täuschen; denn oft verrät die Linie einer Kante, die an echten Stücken mit einer gewissen Empfindung und nach handwerksmäßiger Regel geführt ist, die moderne, ungebildete Hand. Unwillkürlich verleitet die menschliche Natur den Fälscher dazu, es regelmäßiger zu machen als die Alten und der Vorzug wird dann zum Verräter. In Bezug auf Plattenharnische ist zuvörderst zu bemerken, dass der alte Harnisch aus Schlagblech gearbeitet ist, das aus einem Frischeisenstück anfänglich mittels Fallhämmer zu Platten geschlagen, später aber mit flachen Handhämmern in teils glühendem, teils heißem Zustand in die beabsichtigte Form gebracht wurde. Es müssen daher an der nicht geglätteten Rückseite die Hammerspuren sichtbar sein. Das moderne Walzblech ist an seinen rinnenartigen Streifen leicht zu erkennen und eine Untersuchung mit dem Vergrößerungsglas klärt schnell darüber auf, ob etwa stärkeres Walzblech bloß mit dem Hammer überarbeitet wurde, um als Schlagblech zu erscheinen.

 

Die schwierigste und wenigst lohnende Arbeit für den Fälscher ist die Brust des Harnisches, die nicht so sehr als Blechstück, sondern als getriebene Eisenplatte erscheinen soll, besonders aber der Helm des 16. Jahrhunderts, dessen genaue Herstellung in alter Technik den Lohn auf ein Minimum herabdrücken würde. Man findet demnach häufig alte Helme und Bruststücke, die durch Neuhinzufügung aller übrigen Teile zu einem ganzen Harnisch ergänzt wurden. Eine solche Spekulation verlohnt sich in der Regel, ist aber leicht zu entdecken, sobald man einzelne Stücke auf die Farbe des Eisens hin vergleicht. Wenn auch alles andere sachgemäß erscheinen sollte, so bilden meist die Nieten den Verräter, die früher durch Handarbeit und nun durch Maschinenarbeit hergestellt werden, die augenblicklich zu erkennen ist. In Paris befinden sich einige Werkstätten, die Harnische von, oberflächlich betrachtet, tadelloser Form erzeugen, aber ihre Helme sind Blechhelme, ihre Bruststücke Blechbrüste. So teuer sie diese sich auch bezahlen lassen, sie würden bei Fertigung nach alter Art und in voller Stärke des Metalls ihre Rechnung nicht finden.

 

Alte Helme müssen in ihren Konturen den handwerksmäßigen Formen der Zeit entsprechen; das ist eine schwierige Aufgabe für den Fälscher. Von etwa 1530 an werden die Kämme immer höher und mit dem Scheitelstück zugleich aus einem Stück getrieben. Wie teuer müsste heute der Helm verkauft werden, um, so hergestellt, die Arbeit zu lohnen? Man versucht daher denselben aus zwei Hälften zu fertigen, die an den Kammrändern sorgfältig zusammengeschweißt werden. Derlei Kniffe sind durch sorgfältige Beobachtung des Innern aufzudecken. Von ca. 1580 an kommen übrigens wirklich Helme vor, die aus zwei Hälften gefertigt sind, so z. B. bestehen die bekannten Morions mit den Lilien (Fig. 51) durchweg aus zwei Teilen. Erschiene endlich an einem Harnisch auch alles ohne Verdacht, dann scheitert die Absicht des Fälschers zuletzt an der Wiedergabe der Vorstöße und der Beriemung. Alter Samt und alte Seide ist in Farbe und Textur dem Kenner geläufig und die Fertigung des heutigen Alaunleders ist von der alten sehr verschieden.

 

Wie an der Bronze die Patina, so wird am Eisen der Rost als ein Kennzeichen des Alters angesehen, Grund genug für den Fälscher, dieses Mittelchen bei solchen „grünen“ Kauflustigen zu benutzen, die nicht wissen, dass das durchaus kein Beweis ist, da es eiserne Gegenstände von 400- und mehrjährigem Alter genug gibt, die nicht die geringste Rostspur zeigen. Aber der Rost muss daran sein; darum wird zu Salzsäure, Schwefelsäure und anderen Ätzmitteln gegriffen. Jeder auf derlei Kundschaft spekulierende Antiquitätenhändler hat zu diesem Zweck sein eigenes probates Rezept. Der eine hängt den betreffenden Gegenstand in den Schornstein, der andere gräbt ihn in die Erde; der Rost ist ja ein gefälliger Gast, er kommt sicher. Verdächtig in Bezug auf sein Alter ist aller Rost, der eine lebhaft rote Farbe hat und sich mit dem Finger wegreiben lässt, ebenso solcher, der nicht in den Vertiefungen, Brüchen etc. sitzt, sondern an den flachen, offenen Stellen.

 

An alten Harnischbestandteilen finden sich häufig Beschädigungen, welche durch die Waffenwirkung, durch Stöße und Quetschungen herbeigeführt sind. Derlei Schäden ahmt der Fälscher mit Vorliebe an seiner Arbeit nach in der Meinung, diese umso weniger verdächtig zu machen. Da ist denn sorgfältig zu erwägen, ob solche Beschädigungen an dem Ort, wo sie sich finden, auch wirklich vorgekommen sein können; oft trifft man Mulden und Wannen dort an, wo eine Beschädigung schlechterdings unmöglich ist, z. B. an vertieften Stellen, während die Erhebungen in der Nähe ganz unversehrt erscheinen. Besonders auf die Ränder richte man das Augenmerk. Bei echten Gegenständen sind sie immer nur an bestimmten Stellen durch den Gebrauch abgenützt oder durch Angriffswaffen beschädigt. Verbiegungen und Brüche, die durch Fall herbeigeführt sind, können nur an Punkten auftreten, welche nach der Form des Gegenstandes beim Fallen auf den harten Boden treffen. Der Verfasser bekam jüngst einen Topfhelm zur Ansicht, der am Scheitelstück von dem dicksten Eisen rückwärts eine tiefe Grube aufwies, während die weit schwächeren Helmwände und deren Unterränder, die sonst wohl in verletztem Zustand vorkommen, vollkommen unversehrt waren. Diese mit dem ersten Blick erzielte Beobachtung erregte den Verdacht einer Fälschung, die sich auch bei weiterer sorgfältiger Untersuchung durch Kunstfehler im Innern und nicht zum wenigsten durch die unmittelbare Herkunft des Stückes sattsam bestätigte.

 

Indes wagt es der Fälscher nur dem blöden Neuling einen vollständig neugearbeiteten Harnisch als echt und alt anzubieten. Er greift deshalb lieber zu einem Stück altem Eisen, das er durch Ergänzung fehlender Teile und durch Dekorationsmittel wertvoll zu machen weiß. So ist es ein häufig ausgeführter Kniff, dass ein alter, glatter Harnisch in Schwarz-, ja selbst vergoldeter Ätzung verziert wird. Wer das Missverhältnis zwischen der Arbeit an einem gewöhnlichen Harnisch und seinem frischen Zierrat nicht sofort herausfühlt, der tut gut, den Stil in der Ornamentation und die Technik einer Prüfung zu unterziehen. Zur Beurteilung des Stils ist kunstwissenschaftliches Studium unentbehrlich. Der Fälscher kopiert oft gute alte Muster: ein Grund zu weiterer Vorsicht. Das Alter der Technik ist nicht so schwer zu erkennen. Es kommt uns dabei die Unwissenheit des modernen Arbeiters zu Hilfe. Die alten Ätzmaler bedienten sich nämlich nie oder nur selten eiserner Stifte oder Griffel, um die Zeichnung in den Ätzgrund einzuritzen, sondern hölzerner und beinerner. Die moderne Arbeit kennzeichnet sich demnach fast immer durch feine, wie mit Nadeln gekratzte Striche ohne Kraft und Schwung. Der Hochätzung weicht der Fälscher meist sorgfältig aus. Der alte Ätzkünstler besaß zudem in der Bereitung des Ätzwassers eine staunenswerte Sicherheit. Die Ätzung erscheint in der Regel im Vergleich zu der gefälschten eher stärker als schwächer. Moderne Arbeiten sind oft zwei- bis dreimal nachgeätzt. Dieser Kniff, alte, glatte Harnische mit Ätzungen auszustatten, gibt einer großen Anzahl Leuten reichliches Brot. Derlei Fälschungen betreibt man in Paris, Nürnberg, München und Stuttgart. Sehr schlechte Leistungen derart kommen aus Venedig; trotzdem finden sie Absatz in Griechenland und der Levante. Vergoldung ist unschwer als neue Arbeit zu erkennen. Ist sie nur schwach aufgetragen, um als alt zu erscheinen, dann erscheint sie ungleich; ist sie stark, gleich der alten, dann lässt sie sich nicht vom Fälscher so unverdächtig abreiben, dass man nicht die Spuren dieser Arbeit fände.

 

Aus Spanien, Frankreich und Italien kommen Fälschungen in Gold- und Silbertausia vor, die einen Nichtkenner leicht zu täuschen imstande sind, zumal da sie in der Tat in der Regel sorgfältig und fleißig ausgeführt sind. Wir übergehen die Beobachtungspunkte, die auch bei der Ätzung maßgebend sind, und halten uns unmittelbar an die Technik. Der Goldpartikel, der von den alten Tausiatoren in den Grund der Gravierung eingeschlagen wurde, wurde aus einem flachen Stücke Gold mit dem Grabstichel herausgehoben, er war daher nur kurz und hatte einen eckigen Querschnitt. Moderne Arbeiten sind mit gezogenem Golddraht geschlagen, die einzelnen Teile sind länger und heben sich bei nur einiger Nachhilfe leicht aus dem Grund heraus. Unter dem Vergrößerungsglas ist zu erkennen, wie wenig der zylindrische Draht mit dem Grund in Verbindung steht. Der Verfasser hat davon einige drastische Beispiele vor Augen gehabt. Das Schwierigste aber für den Fälscher ist, dem Eisen den grauen Ton zu verleihen, der für orientalische und Mailänder Tausia-Arbeiten, für welche die Fälschungen in der Regel gelten sollen, charakteristisch ist. Die Fälscher begnügen sich auch gewöhnlich mit einer Bläuung oder einer rötlichen Färbung alla sanguigna, die häufig fleckig geraten ist. Die am wenigsten Geübten schwärzen das Stück durch Einlegen in heiße Asche.

 

Ein ergiebiges Feld für Fälscherkünste bieten getriebene Arbeiten und überhaupt Reliefdarstellungen in Metall. Der ungemein vorgeschrittene Stand der Technik in heutiger Zeit stellt in dieser Hinsicht technische Hilfsmittel zur Verfügung, die das Original mit aller Treue wiedergeben. Für getriebene Arbeiten in Eisen wird der Guss in Weicheisen, sogenannter Weichguss, häufig angewendet, der selbst Nacharbeit mit dem Ziseliermeißel gestattet. Das Erzeugnis verrät sich freilich bei der ersten Probe durch sein im Verhältnis zur Maße übermäßiges Gewicht. Ferner ist der Guss an den scharfen Kanten leicht zu erkennen, sodass es Wunder nehmen muss, wenn Personen auf diese Weise tatsächlich getäuscht wurden. Schwieriger ist es, galvanoplastische Kopien von Originalen zu unterscheiden, besonders, wenn die Umstände es nicht gestatten, die Rückseiten der Reliefs zu untersuchen. Kann die Rückseite betrachtet werden, dann ist es ein Leichtes, die galvanische Ablagerung festzustellen; denn die Oberfläche ist in diesem Fall grieslich gestaltet und von Warzen bedeckt, die nur schwer ganz zu entfernen sind. Ist man lediglich auf die Prüfung der oberen Relieffläche angewiesen, dann kommt in Betracht, dass das galvanisch abgelagerte Metall einen großen Härtegrad und eine gewisse Sprödigkeit besitzt und dass es sich in den vorspringenden Stellen immer dichter ablagert als in den tiefer gelegenen. Griffbestandteile und silberne Beschläge von orientalischen Säbeln und dergleichen werden sehr häufig nachgegossen und selbst Emails werden nachzuahmen versucht. Im transluzíden Email ist eine Täuschung schwierig, weil das alte gewöhnlich nicht sehr rein und meist getrübt ist. Opake Flüsse in Weiß lassen sich leichter darstellen; die alten zeigen aber oft winzig kleine Blasenspuren, die an neueren fehlen. Altes Email, das ausgebrochen ist, lässt sich bekanntlich nicht mehr im Feuer ersetzen, der Arbeiter muss hier sogenanntes kaltes Email zu Hilfe nehmen, eine harzige Masse, die in mäßig heißem Zustand in die Zellen eingestrichen wird. Derlei Restaurationen erkennt man schon mit dem freien Auge. Im Orient und in Russland gibt man sich auch oft Mühe, altes Niello darzustellen, das aber in den meisten Fällen durch eine zu große Regelmäßigkeit der Zeichnung auffällt; dann ist auch gewöhnlich das Nigellum bei den heutigen Mitteln gleichmäßiger verschmolzen und überhaupt zu tief im Ton.

 

Alter Anstrich in Ölfarbe unterscheidet sich durch sein Ansehen von jüngerem und erweist sich als reiner Leinölanstrich. Dicker Lack mit Zusätzen von Harzen wurde erst im 18. Jahrhundert angewendet.

 

In betreff der Echtheit von Steinfassungen haben wir bereits Gelegenheit gehabt, unsere Bemerkungen zu machen. Die Kunst, Edelsteine in Facetten zu schleifen, drang erst am Ende des vorigen Jahrhunderts in die orientalischen Länder1, und man findet selbst an modernen Arbeiten aus dem Orient noch gemugelte Edelsteine. Obzwar schon 1385 Diamantpolierer in Nürnberg genannt werden und 1456 Ludwig von Berquen die Kunst erfand, den Diamant mit seinem eigenen Pulver zu schleifen, so ist es doch bekannt, dass Kardinal Mazarin um 1650 die ersten Diamanten in Brillantenform schleifen ließ, und geschliffene Edelsteine allgemeiner erst am Ende des 17. Jahrhunderts auftraten.

 

In neuester Zeit gelangen häufig gefälschte Schwert- und Säbelgriffe, Scheiden etc. in den Handel, die mit graviertem Nephrit (Beilstein, Punamastein) besetzt sind. Die Fälscher benutzen die allgemein verbreitete Meinung, dass Nephrit in rohen Stücken in Europa nicht in den Handel komme. Aber dieser Halbedelstein, der schon im Altertum bekannt war und im Mittelalter im Orient häufig als Verzierungsmittel für Waffen diente, wurde schon in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts von Joh. Forster nach Europa gebracht und seither vorwiegend zu Fälschungen benutzt. Bei der Beurteilung von derartig verzierten Waffen können lediglich die Formen und die Art der Bearbeitung des Steines den Ausschlag geben.

 

Bei Beurteilung von Schnitzarbeiten in Beziehung auf ihr Alter und ihre Echtheit entscheiden in erster Linie die von dem Geschmack der Zeit bedingten stilistischen Eigentümlichkeiten. Bei Elfenbeinarbeiten zeigen sich immer Spuren des Werkzeuges, das in neuerer Zeit ein anderes ist, als ehedem verwendet wurde. Die Alten verwendeten die Feile nur sehr wenig und begnügten sich mit hobelartigen Werkzeugen und Messern, deren Spuren man verfolgen kann. Bei Polychromierungen ist zu beachten, dass die Alten Pflanzenfarben verwendeten. Auch Holzschnitzereien sind von ähnlichen Gesichtspunkten zu beurteilen. Es ist ein bestimmter Ausspruch über deren Alter vom kunsttechnischem Standpunkt umso schwieriger, als die Imitatoren, die ihr Geschäft in Deutschland fabrikmäßig betreiben, hierzu altes, wurmstichiges Holz verwenden, das sie zu diesem Zweck überall zusammenkaufen2. Ungeachtet aller Finesse aber kann selbst der Holzwurm zum Verräter werden, wenn man nur einige Beobachtungsgabe besitzt. Der Holzwurm bohrt eben nicht über Schnitzwerk hinweg, stellenweise in freier Luft darüberschreitend. Er geht nicht nach abwärts und quer immer auf längere Distanzen. Fälschung von Bohrlöchern und Gängen ist endlich doch gar zu leicht zu entdecken.

 

Bei Blankwaffen ist die Zusammenstoppelung verschiedener fremder Teile zu einem Ganzen am häufigsten anzutreffen und hierbei machen sich nicht nur die Händler, sondern auch die Sammler der Fälschung schuldig. Gar mancher besitzt eine seiner Ansicht nach gute Klinge und strebt darnach, einen Griff oder eine Scheide dazu zu erhalten, ob beide nun zusammengehören oder nicht. In solchem Fall entscheidet ebenso der stilistische wie der historische Faktor. Die wenigsten wissen den Wert und das Alter einer Klinge zu beurteilen und legen das größte Gewicht auf deren Biegsamkeit, während in einzelnen Fällen gerade die Unbiegsamkeit für die Güte und die Zugehörigkeit der Klinge maßgebend ist. Auch sind nur wenige imstande, von der Form der Klinge auf deren Meister zu schließen, also den Punkt zu treffen, von dem zunächst der Wert einer Klinge abhängt. Daher kommt es, dass fast allgemein das Alter einer Klinge nicht richtig geschätzt wird und diese durch Missverstand mit einer Fassung in Verbindung kommt, die durchaus nicht zu ihr passt. In dieser Beziehung kommen die ungeheuerlichsten Irrtümer vor.

 

An Gewehren treten fachwidrige und verständnislose Reparaturen und Ergänzungen am häufigsten auf, und es fehlt auch hier nicht an ganz sinnlosen Zusammenstoppelungen von alten und neuen Stücken. Eingelegte Technik an Schäften wird am seltensten gefälscht und je feiner sie ist, desto seltener. Das kostet Mühe und Zeit und verlohnt sich nicht.

 

Desungeachtet hat der Verfasser im Laufe seiner Wirksamkeit zahlreiche eingelegte Gewehrschäfte getroffen, die sowohl in den Einlagen ergänzt, also ausgebessert, als auch ganz neu gefertigt waren, um für alt ausgegeben zu werden, somit vollständige Fälschungen darstellten. Aber derlei Nachahmungen sind in ihrer technischen Ausführung weit von den alten Arbeiten verschieden. Dem Fälscher von heute fehlt zu seinem Werk die Zeit und auch die Geschicklichkeit, seine Partikel so präzise zu schneiden, dass nach deren Einfügung nicht der geringste Zwischenraum bleibt. Der durch ungenaue Arbeit sich ergebende Zwischenraum wird dann mit Kitt ausgefüllt; bei Verwendung von schwarz gebeiztem Holz wird der Kitt mit Kohlenstaub gemengt. Man halte den Gegenstand gegen das Licht und man wird die matten Ränder sehen, denn der Kitt nimmt nie den Fettglanz des Holzes an und wenn ihm durch eine Beimengung von Graphit Glanz verliehen wird, so bekommt er ein graues Ansehen. Man untersuche auch die Gravierungen in den Elfenbeinpartikeln und man wird sie in den meisten Fällen mit modernem Öllack eingerieben finden, der sein Fett den Rändern mitteilt3.

 

Schließlich raten wir denjenigen Sammlern und Liebhabern, welche zu ihrer Fachkenntnis und ihrem Blick kein volles Zutrauen besitzen, sich angelegentlichst über die berüchtigsten Stätten der Fälschung alter Kunstgegenstände zu unterrichten. Man kann auch auf diesem einfachen Weg auf die richtige Spur kommen. Ist man über die verdächtigsten Werkstätten im Klaren, dann stelle man bei Gelegenheit eines Angebotes ein wohlgeordnetes Verhör an, das sich auf den Nachweis der Herkunft zuspitzt. Es ist oft ergötzlich zu sehen, wie sich der einen Betrug beabsichtigende Händler in die unglaublichsten Widersprüche verwickelt. Es fehlt da wie vor Gericht nicht an geheimnisvollen Unbekannten, an hohen Persönlichkeiten, die den Gegenstand aus Not veräußern, aber nicht genannt werden dürfen, an leisen Hindeutungen, dass das Stück aus einer großen — aber immer sehr fernen — Sammlung stamme und dergleichen. Schließlich löst sich der von der Lüge geschürzte Knoten, sobald ein Ort genannt wird, von welchem das Stück zunächst hergekommen ist; mit diesem ist man auf realem Boden, von welchem aus man sicher weiterschreiten kann. Nach und nach kommt auch ein Name zum Vorschein, aus dem man entweder unmittelbar einen Schluss ziehen oder über den man durch Erkundigungen sich bald Auskunft verschaffen kann. Einige Sammler üben die Vorsicht, sich den angebotenen Gegenstand auf kurze Zeit zu erbitten, um ihn von erprobten Kennern untersuchen zu lassen. Dagegen pflegen sich die Händler sanft zu wehren, indem sie vorgeben, das Stück nicht aus den Händen lassen zu können; andere wagen es auf das gute Glück hin, in der Hoffnung, dass auch der Kenner sich täuschen lässt. Legen doch kleine Händler sehr häufig Museumsbeamten gut ausgeführte Fälschungen zur Beurteilung vor, um möglicherweise ein günstiges Urteil zu erlangen und auf dieses gestützt, dem Kunden gegenüber mit Sicherheit auftreten zu können.

 

Was nun die Beurteilung des Wertes einer Waffe, bei der wir die Echtheit voraussetzen, anlangt, so kommt in erster Linie der historische Wert, ihre verbürgten Beziehungen zu einer historischen Person oder einer historischen Tatsache in Frage; dann folgt die Frage nach dem Meister, nach der Seltenheit des Stückes an sich, nach dem Kunstwert der Arbeit, endlich nach dessen Vollständigkeit. Was nicht unter einem der hier erwähnten Gesichtspunkte Interesse bietet, ist Ware von geringem Wert, die zwar als instruktives Material in öffentlichen Sammlungen nicht fehlen darf, aber nur im Zusammenhang mit anderem eine waffengeschichtliche Bedeutung besitzt. Die hier angeführten Gesichtspunkte sollten eben sowohl für den Händler wie für den Käufer bei der Beurteilung des Preises allein maßgebend sein. Das ist indes nicht der Fall, weil unsere geschichtlichen Kenntnisse zur Stunde noch zu mangelhaft sind, um für eine angemessene Normierung der Preise in allen Fällen einen festen Anhalt zu bieten.

 

Bei der Lückenhaftigkeit unserer kunstgeschichtlichen Erkenntnis lässt sich eine Waffe nur in wenigen Fällen auf ihren Meister hin schätzen, überhaupt wird ihr Wert meist unterschätzt. Dem Verfasser erscheint zum Beispiel ein einfacher Haudegen mit einer zugehörigen Klinge des Spaniers Alonso de Sahagun oder des Italieners Andrea Ferraro wertvoller als der zierlichste — ohne Marke; ein Harnisch mit dem Zeichen des Augsburger Matthäus Frauenbriss weit kostbarer als einer des gleichzeitigen Nürnbergers Mert Rotschmied; eine Arkebuse mit einem Lauf von dem älteren Brescianer Lazaro Cominazzo viel begehrenswerter als eine selbst künstlerisch schöner ausgestattete seines jüngeren Landsmannes Giovanni Francino usw. Die Kenntnis der Meister und ihrer Marken ist im Verkehr noch nicht ins Konzept aufgenommen worden, weshalb die Grundlage für die Wertbestimmung noch ganz unsicher erscheint. Vielleicht tragen unsere Ausführungen und die am Schluss gegebene Liste der Namen und Marken von Waffenschmieden, deren Zusammenstellung zumeist auf dem eigenen Studium des Verfassers beruht, dazu bei, einen sichereren Maßstab für den Wert alter Waffen zu schaffen.

 

1Auch die Fassung der Edelsteine kam aus dem Orient. Schon im frühesten Mittelalter kamen Edelsteine in regelmäßigen Körpern geschliffen und auch durchlöchert vor. Das Verfahren beschreibt uns Theophilus in seiner Schedula diversarum artium. Einfache Facettenschliffe und selbst dublierte Edelsteine treten schon im 15. Jahrhundert auf, immerhin aber vereinzelt und so selten, dass wir in vorkommenden Fällen sehr zur Vorsicht raten. In Brillantenform und als Tafelsteine finden wir sie häufig in den Goldschmiedeblättern des Virgil Solis u. a.

 

2Der Antiquitätenhändler Spengel in München produzierte auf der Kunst- und Kunstgewerbe-Ausstellung in München 1876 Holz von alten Deckenbalken, welche ihm als Material für Imitationen älterer Schnitzwerke dienten. Ein seltener Fall von Aufrichtigkeit.

 

3Wir empfehlen demjenigen, welcher sich über die Praktiken der zahlreichen Betrüger im Gebiet alter Kunst weiter unterrichten will, das Büchlein „Le Truquage“ von Paul Eudel. Der Verfasser hat sich viele Mühe gegeben und es steht ihm auch eine ziemlich große Erfahrung zur Seite. Erheblichere Mängel besitzt das Buch nur nach der kunsttechnischen Seite hin, insofern der Autor über gewisse Verfahrensarten ersichtlich im Unklaren ist. Nichtsdestoweniger wird der Leser manch beachtenswerten Wink finden. Noch empfehlenswerter ist die deutsche Ausgabe des Werkes: „Die Fälscherkünste“, Leipzig 1885, deren Herausgeber, Br. Bucher, den Autor des Originalwerkes an fachlichen Kenntnissen überbietet und auch anmerkungsweise häufig Anlass genommen hat, irrige Anschauungen zu berichtigen und über schwierige Fragen Auskunft zu geben.

 

Quelle: Wendelin Boeheims "Handbuch der Waffenkunde"