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Othmar Wetter, Messerschmied

Degen und Dolch des Kurfürsten Christian I. von Sachsen, gefertigt 1590 von Othmar Wetter.
Degen und Dolch des Kurfürsten Christian I. von Sachsen, gefertigt 1590 von Othmar Wetter.

Von Dr. Georg Petzsch in Dresden.

 

Es ist bekannt, dass die zahlreichen Prunkwaffen aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, deren Besitz das königliche historische Museum in Dresden in die erste Reihe der bedeutenden europäischen Waffensammlungen treten lasst, nicht zum kleineren Teil der kurzen, nur fünf Jahre währenden Regierungsdauer des kunstsinnigen Kurfürsten Christian I. entstammen und dass der kursächsische Hof nicht nur die Erzeugnisse der berühmten Waffenschmiede von Nürnberg, Augsburg, Mailand usw. in ihren Werkstätten ankaufte, sondern auch namhafte fremde Meister nach Sachsen kommen ließ und hier zur Ausübung ihrer Kunst auf kürzere oder längere Zeit festhielt. Zu diesen auswärtigen Künstlern gehört auch einer, dessen Hand mehrere der schönsten in Metall geschnittenen Degengefäße, die jetzt im Prunkwaffensaal der Dresdener Sammlung bewundert werden, fertigte, ein Meister, dessen Name im Laufe der Zeiten wahrlich ganz unverdient der Vergessenheit anheimgefallen ist, freilich wohl nur deswegen, weil er es verschmähte, die Werke seiner Hand mit seinem Namen oder seiner Marke zu kennzeichnen — der Münchener Messerschmied Othmar Wetter.

 

Als Messerschmied wird der Künstler, dessen Wirksamkeit in Dresden von 1590—1598 nachgewiesen werden wird, in den Archivalien dieser Jahre bezeichnet, auch er selbst nennt sich so; betrachtet man freilich seine Werke, so wird sofort klar, dass dieses bescheidene Wort durchaus nicht in dem handwerksmäßigen Sinn von heute verstanden werden darf. Othmar Wetter gehört vielmehr zu den tüchtigsten Meistern des Eisenschnittes und der Wehrverzierung in der Barockperiode. Wenn Wendelin Boeheim in dem Abschnitt «Kunst und Technik im Waffenschmiedswesen» (auf S. 600) seines Handbuches der Waffenkunde sagt, dass im 16. Jahrhundert auch in Bezug auf den Eisenschnitt Italien allen übrigen Ländern weit voranstehe und erst im 17. Jahrhundert deutsche Meister angefangen hätten, die Italiener zu überflügeln, so ist es mein Wunsch, durch diese Zeilen die künstlerischen Leistungen des Bayern Othmar Wetter in der letzten Dekade des 16. Jahrhunderts denen der Italiener wenigstens gleichstellen zu helfen.

 

Über die Lebensschicksal Othmar Wetters konnte bis jetzt leider nur wenig in Erfahrung gebracht werden. In der gedruckten Literatur finden sich fast gar keine positiven Nachrichten über ihn, und das, was aus einigen handschriftlichen Registern in Dresden und München1 eruiert wurde, ist spärlich. Das «Camer-Buch» vom Jahre 1582 im Münchener Stadtarchiv meldet: «Am 12. Maji empfangen Maisterrecht von Otmar Weder Messerschmidt 4 fl. » Diese Notiz lässt vermuten, dass der junge Meister noch vor dem Jahr 1560 geboren sein wird. Ob nun München selbst sein Geburtsort war, wie seine Eltern hießen und ob vielleicht schon der Vater Othmars dem Handwerk der Messerschmiede oder einer verwandten Zunft angehörte, wissen wir nicht. Die hier allein in Frage kommenden Kirchenbücher von München, nämlich das 1588 beginnende Taufbuch der Dompfarrei (Frauenkirche) und das Taufregister von St. Peter, welches 1583 anfängt, dann aber gleich auf 1590 springt, enthalten gar nichts über die Familie Wetter. Ebenso schweigen die Bürgerrollen und Stadtrechnungen der Jahre 1580—1590 von ihr.

 

Dass aber die Kunstfertigkeit des jungen Meisters Othmar als hervorragend schon frühzeitig anerkannt wurde, erfahren wir aus dem Umstand, dass er bereits im Jahr nach seiner Ernennung zum Meister Arbeit für den Hof, und zwar für Seine fürstlichen Gnaden selber bekam. Diese Arbeiten werden leider in den „Hofzahlamtsrechnungen“ (Fol. 157 und 160, 1583 und 1584)2 nicht näher bezeichnet; die drei Aufträge, die sich unter der Rubrik „Auf Herzogs Befehl“ eingetragen finden, können aber nicht unbedeutend gewesen sein, denn Othmar Wetter erhielt für die erste Arbeit 99 Gulden 15 Groschen, für die zweite 12 Gulden und für die dritte über 24 Gulden ausgezahlt. Es wäre interessant, wenn sich in irgendeinem bayerischen Museum noch die Gegenstände ausfindig machen ließen (vermutlich sind es durch Eisenschnitt verzierte Degengefäße), um welche es sich hier handelt.

 

Othmar Wetter, der auch noch die Jahre nach 1584 sich in München aufhielt, muss es auch verstanden haben, innerhalb seiner Gilde sich eine geachtete Stellung zu erobern: denn eine Nachricht vom Jahre 1589 meldet, dass er damals ein Vierer» des Handwerks war. Aus dem Rats-Protokollbuch des genannten Jahres, und zwar aus der Rubrik „Religionssachen“ ersehen wir nämlich, dass am 1. September 1589 Othmar Wetter und drei andere Personen vorgeladen worden sind, um auf eine ihnen jedenfalls wegen ihres lutherischen Bekenntnisses gestellte Alternative sich endgültig zu entscheiden. Die eine Person hatte sich in bälde katholisch zu bekennen; der anderen wurde auferlegt, ungesäumt zu beichten; die dritte und Othmar Wetter erklärten, dass sie aus dem Land ziehen wollten. Das Protokollbuch macht zu dieser Mitteilung die Anmerkung, dass die Akten über diese Angelegenheit, ohne, dass von ihnen Abschrift genommen worden wäre, «nach Hofe» geschickt und nie zurückgekommen seien. — Berücksichtigt man nun die bekannte streng katholische Gesinnung des damals regierenden Herzogs Wilhelm V. von Bayern und den Umstand, dass in den alten Rechnungsbüchern Münchens nach 1584 nie mehr eines Auftrages gedacht wird, mit dem der Hof oder der Rat den Messerschmied betraut hätten, so erscheint es sehr glaublich, dass unser Künstler als Lutheraner in München sein Glück nicht machen konnte und den ihm bereiteten Schikanen durch Auswanderung aus dem Wege zu gehen strebte. Erhärtet wird diese Annahme dadurch, dass er sich nach dem protestantischen Sachsen wandte und bereits am 22. August 1590 als «Meßerschmied allhier zu Dreßden» erscheint,3 während in München an seiner Statt Ambrosi Ziegler «zu einem Vierer daß Handtwerchs der Messerschmied» schon am 20. Oktober 1589 gewählt wurde.4

 

Der glaubenstreue Meister scheint also schon wenige Wochen nach Abgabe seiner Erklärung Bayern verlassen zu haben. Es ist das Verdienst von Albert Erbstein, in seiner «Beschreibung des königlichen historischen Museums und der königlichen Gewehrgalerie zu Dresden» (erste Auflage 1888), zum ersten Mal Othmar Wetter als hervorragenden Dresdener Messerschmied genannt und eine in der königlichen Sammlung befindliche Rapiergarnitur von ihm namhaft gemacht zu haben; durch Erbstein gelangte wohl auch die kurze Notiz über den Künstler und seine Marke (in Gold tauschiertes W) in das siebente Kapitel (S. 654) von Boeheims Handbuch der Waffenkunde.

 

Nagler (Künstlerlexikon) und Bücher (Geschichte der technischen Künste) kennen den Meister nicht, auch unter den Künstlern der Ornamentstiche kommt sein Name nicht vor. Es ist neuerdings gelungen, elf Arbeiten Othmar Wetters aus seiner Schaffenszeit in Dresden festzustellen; von diesen sind neun im historischen Museum zu Dresden erhalten, und zwar fast sämtlich hervorragende Kunstwerke des Metallschnittes. Sie werden später einzeln aufgeführt werden. Begonnen hat der Meister seine Tätigkeit in Dresden mit dem schönsten seiner bekannten Werke, welches wir den Lesern dieser Zeilen auch im Bild vorführen; es ist die Degengarnitur, welche ihm der Kurfürst Christian im August 1590 abkaufte. Die Schönheit und Eleganz dieses Rapiers und Dolches sind vermutlich auch die Ursache gewesen, welche den kunstsinnigen Herrscher bewog, den bayerischen Künstler zum speziellen Dienst seines Hofes zu gewinnen; denn am 21. April 1591 wurde Wetter als kurfürstlicher Messerschmied bestallt. Der Wortlaut der Urkunde,5 die dies verfügt, enthält eine interessante Spezialisierung der Obliegenheiten, die man damals sämtlich unter dem Begriff „Messerschmied“ verstand; die Bestallung besagt nämlich nach einer schematischen Erwähnung der allgemeinen Beamtenpflichten, dass der Meister sowohl alle ihm vom Hofe übergebenen Wehren «in gute Besserung richten und erhalten-, als auch der Anfertigung neuer Stücke, sie mögen im Vergolden oder anderer Arbeit bestehen, sich befleißigen solle. Läge keine Bestellung vom Hofe vor, so solle er «auf Unserem Stall6 die ledigen Klingen mit Fleiß einfassen oder sonsten was Künstliches von Gold, Silber, Eisen oder Helffenbein, wie es die Gelegenheit geben möchte, schlahen oder schneiden, und alles anderes, was einem Messerschmied zu verrichten gebührt, auf sich nehmen».

 

Aus dieser Aufzählung erhellt, dass Othmar Wetter nicht nur als Messerschmied im einfachen Sinne, sondern überhaupt als Künstler für verschiedene Zweige der Metalltechnik bestellt war, dass er sich auf Treibarbeit wie auf Eisenschnitt und Ziselierung verstehen musste und auch fähig war, die weicheren Stoffe Gold und Elfenbein fachkundig zu bearbeiten. Es hat eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich, dass unter dem von J. G. Theodor Grässe in seinem «Guide de l’amateur d’objets d’art et de curiosité» (Dresden 1871) auf Seite 24 unter den «Marques figuratives» abgebildeten Künstlerzeichen O. W. 1591, das Grässe von einem «Sculpteur en ivoire inconnu» hergenommen hat und das neben einem Messerschmiedewappen (drei Säbeln, durch einen Kronenreifen gesteckt) angebracht ist, Othmar Wetters Signatur zu verstehen ist. Da Grässe jedoch bedauerlicherweise in seinem Buch den Aufbewahrungsort des elfenbeinernen Gegenstandes mit diesen Marken verschwiegen hat, muss es einer günstigen Gelegenheit überlassen bleiben, durch Vergleichung desselben mit nachweislich Wetterschen Arbeiten hierüber Gewissheit zu schaffen.

 

Der Meister musste ein schriftliches Versprechen (Revers genannt), seinen Pflichten getreulich nachzukommen, ausstellen, welches uns nicht aufbewahrt geblieben ist. Als Jahreslohn wurden ihm de dato 200 Taler «vor Alles» zugesichert; außerdem ward ihm eine besondere Werkstatt samt dem «Zeug» gehalten und sein Bedarf an Eisen und anderem Handwerksmaterial aus der kurfürstlichen Kasse bezahlt. Vergleichen wir Wetters Gehalt mit dem eines anderen Hofmesserschmiedes seiner Zeit, des Anthony Schuch,7 welcher an demselben Tag wie unser Meister seine Bestallung empfing, so finden wir, dass der Letztere gleich den kurfürstlichen Rüstknechten nur einen Jahresgehalt von 85 Gulden 7 Groschen und 4 Pfennigen8 erhielt, ausschließlich der besonderen Bezüge für Material, welche auch Othmar Wetter gewährt waren; dieser bezog also fast dreimal so viel Gehalt als Schuch und wird folglich, obwohl auch er nur unter dem bescheidenen Titel eines Messerschmiedes bestallt wurde, von vornherein als Künstler betrachtet und nur für künstlerische Arbeiten in Aussicht genommen worden sein, eine Annahme, welche noch dadurch unterstützt wird, dass die alten Rechnungen und Inventare nicht ein einziges Mal erwähnen, dass Wetter die Anfertigung gewöhnlicher Messer oder sonstiger handwerksmäßig hergestellten Geräte übertragen worden wäre, dass ferner auf keiner solcher einfacheren Sachen, von denen in der königlichen Sammlung ebenfalls viele aufbewahrt geblieben sind, sich die uns bekannte Marke des Meisters Wetter findet. Die Bezahlungsart scheint sich übrigens später insofern geändert zu haben, als dem Meister die Arbeit für jedes einzelne Stück vergütet wurde.

 

Der Kurfürst Christian I. starb schon am 25. September 1591, und für den unmündigen Kurprinzen übernahm der Herzog Friedrich Wilhelm von Sachsen-Weimar und -Altenburg, welcher nebst dem Kurfürsten Johann Georg von Brandenburg (dem mütterlichen Großvater des Prinzen) zum Vormund der drei jungen Söhne Christian I. bestellt war, als «der Kur Sachsen Administrator» für die nächsten zehn Jahre die Regentschaft. Othmar Wetters günstige Stellung an der kurfürstlichen Rüstkammer scheint durch den Tod seines hohen Gönners im Jahre 1591 sich nicht erheblich verändert zu haben. Man hatte den Meister, wie es scheint, stillschweigend in seiner Stellung als kurfürstlicher Messerschmied belassen, ihm wahrscheinlich gelegentlich die Reparaturen, welche ja bei dem waffenfrohen Leben an den Fürstenhöfen der damaligen Zeit oft nötig gewesen sein mögen, übergeben und ihm die Ausführung der Arbeiten, mit welchen ihn der letztregierende Herr vor seinem Tod beauftragt hatte, nicht entzogen; dies müssen aber Aufträge gewesen sein, welche die Hand des Künstlers jahrelang beschäftigten. Denn noch 1595, in dem Jahre, von welchem wir die nächste schriftliche Nachricht9 über Othmar Wetter haben, ist die Rede von zwölf ledigen (d. h. ungefassten) Rapier- und Courtelasklingen,10 welche ihm vor vier oder fünf Jahren auf Befehl weiland Kurfürst Christian I. zum Fassen übergeben worden waren, zugleich mit 121 Gulden Vorschuss aus der Kasse des Stallamtes. Hiervon waren im Laufe der Zeit drei «gar schöne verguldte Wehren und ein schwarz, mit Bildwerk ausgehauen Rapier» fertig geworden, welche «nach genügsamer Wierderung» mit 101 Gulden 10 Groschen abgeschätzt wurden. Weitere vier Wehren waren halb fertig; den Rest in Angriff zu nehmen, war dem Meister durch einen Befehl von oben untersagt worden.

 

Der damalige Stallmeister Nicolaus von Miltitz, welchem Othmar Wetter wahrscheinlich amtlich untergeben war, fühlte sich nun bewogen, beim Herzog Friedrich Wilhelm für seinen Messerschmied eine Lanze zu brechen, und richtete im März 1595 das uns erhaltene Gesuch an den Herzog-Administrator, «den armen Mann, welcher sonsten keinen Bewerb (Erwerb, Kundschaft) hat», die von dem verstorbenen Kurfürsten bestellte Arbeit fertig machen zu lassen und das nötige Geld dazu zu bewilligen. Zugleich schrieb Othmar Wetter selbst einen uns ebenfalls aufbewahrten Brief an den Herzog mit derselben Bitte und dem Versprechen, seine Kunst und seinen Fleiß jederzeit in den Dienst Sr. fürstlichen Gnaden und der löblichen jungen Herrschaft11 stellen zu wollen.

 

1) Die Nachrichten aus den Münchener Quellen verdanke ich der Liebenswürdigkeit der verdienten Historiker Herren Gymnasiallehrer a. D. Dr. Karl Trautmann in München und geprüften Archivaspiranten Edmund Marabini in Nymphenburg, welchen dafür auch an dieser Stelle aufrichtigster Dank gesagt sei.

2) Im königl. Kreisarchiv für Oberbayern aufbewahrt.

3) Innentarium vber die Rüst- vnd Innention-Cammern . . . Ao. 1606 renidirt, im königl. historischen Museum zu Dresden.

4) Raths-Protokollbuch 1586 —1596 im Stadtarchiv zu München.

5) Bestallungen 1590—1592, Loc. 33344, im königl. sächsischen Hauptstaatsarchive zu Dresden.

6) Das 1586 erbaute Stallgebäude in Dresden, jetzt Johanneum.

7) Arbeiten mit seiner Marke sind ebenfalls im königl. historischen Museum zu Dresden erhalten.

8) Diese Summe setzte sich, wie hier der Kuriosität wegen mitgeteilt sein möge, aus Kostgeld, Besoldung, Hauszins, Stiefelgeld und Hutgeld zusammen. Außerdem bekam er jährlich zwei Schragen weiches Holz und zwei Anzüge gleich den Knechten im Stalle. Der Taler der damaligen Zeit hatte 24 Groschen und der Gulden 21 Groschen, der Groschen 12 Pfennige.

9 Cammersachen inn Churf. S. Vormundtschafft I595> 2. teil. Loc. 7302 im königl. Hauptstaatsarchive.

10 In Sachsen verstand man im 16. Jahrhundert unter Rapier die Degen mit langer, schmaler Klinge, unter Courtelas oder Reiterschwert diejenigen mit breiter Klinge, welche sich mehr zum Schlag als zum Stoß eigneten.

11 Außer dem Kurprinzen Christian (später Kurfürsten Christian II., geb. 1583) waren dies seine Brüder, die Herzoge Johann Georg (später Kurfürst Johann Georg I., geb. 1585) und August (später Administrator zu Naumburg, geb. 1589).

Diesen jedenfalls selbst geschriebenen, hübschen Brief unterzeichnete der Meister mit seinem Namen, den wir in seinen Schriftzügen nebenstehend wiedergeben, und hatte schon kurze Zeit darnach die Genugtuung, dass bei Nicol von Miltitz aus dem Schloss Hartenfels in Torgau, wo Herzog Friedrich Wilhelm residierte, unter dem 7. April desselben Jahres die gnädige Gewährung des Gesuches eintraf, wonach ihm nunmehr wöchentlich durch den Stallmeister das nötige Geld zur Ausführung seiner Arbeiten ausgezahlt werden sollte. Das Inventarium der kurfürstlichen Rüstkammer erwähnt denn auch in den nächsten Jahren, besonders 1597 eine ganze Anzahl Degen, die Othmar Wetter gefasst und abgeliefert hatte. Die Gefäße von der Hand des Münchener Künstlers errangen wegen ihrer gefälligen Schönheit schon damals die höchste Anerkennung des Hofes, und zweimal begegnen wir der Bemerkung, dass einer hohen Persönlichkeit als Zeichen fürstlicher Huld oder Freundschaft ein Degen von Othmar Wetter verehrt wurde.

 

Möglicherweise hatte sich auch der Meister bei dem Regenten, der ein strenggläubiger Lutheraner war, durch seine protestantische Überzeugungstreue in einige Gunst gesetzt: jedenfalls wurde ihm der Vorzug, zu Neujahr 1598 wiederum eine offizielle Bestallung zu erhalten,1 und zwar als Messerschmied der drei jungen Prinzen. Die Bestallung hat fast denselben Wortlaut wie die von 1591; als Entgelt für seine Arbeit ward dem Meister von Neujahr an bis auf Widerruf aus Unserer jungen Vettern Rentkammer» wöchentlich ein Taler zum Dienst- oder Wartgeld und für die bestellten Waffenstücke ein gleichmäßiger, billiger Kaufschilling verwilligt. Dagegen sollte er sich seiner Gelegenheit nach in der Stadt Dresden selbst eine Werkstatt mit dem nötigen Zeug halten und sich Eisen, Kohlen und das übrige Material auf eigene Kosten schaffen. Die letztere, unbillig scheinende Bedingung wurde vielleicht durch die ausdrücklich in der Bestallung erteilte Erlaubnis ausgeglichen, dass der Schmied, wenn er für die Herrschaft nichts zu arbeiten hätte, Privataufträge annehmen durfte; doch sollten natürlich stets die Bestellungen vom Hof zuerst ausgeführt werden.

 

Dem Verfasser dieses ist bis jetzt keine Arbeit Wetters bekannt geworden, welche aus der Zeit nach 1597 stammte; es ist ihm daher kein Urteil darüber möglich, ob die zweite Bestallung des Meisters unter solchen veränderten Lohnverhältnissen für ihn ein praktischer Vorteil war oder nicht. Dasselbe Jahr 1598 bringt die letzte schriftliche Erwähnung von ihm, welche allerdings darauf schließen lässt, dass seine äußerlichen Verhältnisse zuletzt keine günstigen waren. Jedenfalls um sich einen Nebenverdienst zu verschaffen, hatte sich Wetter mit der Mechanik versucht und einen Wagen erfunden und konstruiert, «darauf in Kriegsläuften und sonsten mit wenig Personen eine große Last auf- und abgeladen, auch fortgebracht werden könne»; diesen bot er dem Regenten für das kurfürstliche Zeughaus an. Am 5. Juli erging darauf2 vom Herzog Friedrich Wilhelm aus Torgau an den Zeugmeister Paul Pucher3 zu Dresden die Weisung, seine Ansicht über den vom Messerschmied Othmar Wetter verfertigten Kunstwagen zu äußern. Paul Pucher, ein Mann von hoher Bildung und weitgehendem Einfluss, der auch zu den Gönnern des Münchener Künstlers gehörte, verfehlte nicht, schon drei Tage später sein durch ein dreifaches Cito beschleunigtes Antwortschreiben dem Herzog-Administrator zu übersenden. Er nennt darin das von Wetter gefertigte Modell ein Werk, mit dem «ein großes, hohes und fleißiges Nachdenken, Mühe und Kunst bewiesen werde», und sagt, dass es zwar seiner eigenen Meinung nach für das Schanzwesen und zum Fortbringen ausgefüllter Körbe zu künstlich und gut sei, aber künftig wohl zu anderen nützlichen Sachen gebraucht werden könne. An dieses diplomatische Gutachten knüpft der Zeugmeister die Fürbitte: «Weil mir aber des guten, ehrlichen Mannes Armut und Gelegenheit,4 auch die großen Schulden, darinnen er stecken tut, wohl bewusst, auch viele kleine Kinderlein hat, als bitte ich vor meine Person, E. F. G. wollen des armen Mannes großen Fleiß, Mühe und Arbeit mit gebührlicher Verehrunge ersetzen; will hoffen, er werde sich in anderen Künsten E. F. G. und der Kurf. jungen Herrschaft zu Ehren künftig mehr erzeigen, denn er auf dieses Werk viel Mühe, Arbeit, Zeit und Fleiß gewendet hat.» Aus Stolpen kam darauf am 8. desselben Monats der herzogliche Befehl an den Kammermeister, dem Messerschmied, nachdem er sein Wagenmodell im Zeughaus abgeliefert habe, als Verehrung 20 Taler zu reichen.

 

Mit dieser Erwähnung im Jahre 1598 verschwindet Othmar Wetter aus der schriftlichen Überlieferung. Wir haben aus dem Brief Puchers erfahren, dass der Künstler in dem genannten Jahr Familienvater war, — wo und wen er aber geheiratet hat, ob er bis zu seinem Lebensende in Dresden blieb und wann er starb, ist bis heute nicht bekannt. Sein Tod in der sächsischen Hauptstadt vermochte wenigstens bis jetzt nicht aus den in Dresden noch vorhandenen Toten- und Epitaphienverzeichnissen nachgewiesen zu werden. Was vielleicht noch am leichtesten auf die verlorene Spur Othmar Wetters führen würde, wäre der Nachweis von ihm gefertigter Arbeiten an anderem Ort; und in der Tat haben seine Degengefäße so viele charakteristische Merkmale an sich, dass die Zuschreibung solcher Gegenstände an ihn mit ziemlicher Sicherheit geschehen kann. Wetter arbeitete sicherlich nicht nach den Zeichnungen und Angaben anderer nur als ausführender Bildhauer; er war vielmehr selbst der bildende Künstler, von dem Idee und Ausführung seiner Werke stammen.

 

In seinem Schreiben an den Herzog Friedrich Wilhelm vom Jahre 1595 sagt er bei der Erwähnung der ihm bei Lebzeiten des Kurfürsten Christian zum Fassen überwiesenen zwölf Klingen selber, dass er sie erhalten habe «mit Befehl, dass ich die selbigen meines Gefallens, nach meiner Kunst aufs Beste und fleißigste als möglichen um gebührliche Bezahlung fassen und verfertigen soll»; — ein abhängiger, lediglich ein gegebenes Modell ausführender Künstler hätte nicht sagen dürfen: meines Gefallens, d. h. nach meinem Belieben, nach meiner Idee, ganz abgesehen davon, dass in der schriftlichen Überlieferung der eigentliche Meister nicht unerwähnt geblieben wäre.

 

Othmar Wetters künstlerisches Wirken fällt in die letzten zwanzig Jahre des 16. und vielleicht noch in die ersten Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts; es gehört also der Barockzeit an. Und in der Tat zeigt der Künstler, wenngleich er noch hier und da das Laubwerk der Hochrenaissance als Ornament verwendet, eine ausgesprochene Vorliebe für die Eigentümlichkeiten des Barockstils. Das sogenannte Lederornament, das sich schmalen Riemen gleich windet und durcheinanderzieht, ist als anliegendes Flächenornament zur Bildung von glatten Rahmen, innerhalb deren Fruchtbündel, Masken u. a. plastisch angebracht werden konnten, bei dem Künstler sehr beliebt, ebenso die Verwendung vieler «Grotesken», die er durch Vereinigung menschlicher, tierischer und pflanzlicher Organismen phantastisch erzeugt. Gebilde, welche schon in dem Inventarium der kursächsischen Rüstkammer vom Jahre 1606 unter dem Namen «Gradisgen» erscheinen.

 

Endlich sind es die allegorischen Figuren im Haut- oder Mezzorelief, in Nischen stehend oder in Medaillons ruhend, welche Wetters Degengefäße zu beleben pflegen, sich oft wiederholen und wegen ihrer grandiosen Schönheit auch von anderen Gefäßschmieden durch Nachschneiden und Abformen kopiert wurden.5

 

Unser Meister hat nicht gerade Neues hervorgebracht oder in der künstlerischen Ausschmückung seiner Rapiere, Reitschwerter, Dolche und Messer einen einheitlichen Gedanken symbolisieren wollen; für die dekorative Zusammenstellung bediente er sich derselben Bestandteile wie andere Kleinmeister, und die Verbindung der einzelnen Ornamente unter sich ist oft nur eine willkürliche. In hohem Grad bezeugte Othmar Wetter aber seinen Sinn für Anordnung und Schönheit der Formen, für saubere und zierliche Zeichnung und für geschmackvolle Zusammenstellung der Farben. Schwarz und Stahlblau (nie der Glanz des blanken Eisens) oder Schwarz und Gold sind die zusammengehörigen Farbentöne bei den in Eisen geschnittenen Gefäßen; die aus Messing gegossenen und nachgeschnittenen sind vergoldet und schwarz oder buntfarbig emailliert. Der mehrseitige und der kuppelförmige Knauf sind beliebt, die Bügel setzen meistens durch Vermittlung von «Manschetten« oder anderer architektonischer Gliederung ans Gefäß an. Einige Gefäße haben untereinander genau denselben Schnitt und dieselbe Bügelformation und sind nur künstlerisch verschieden verziert.

 

Ganz charakteristisch ist für Wettersche Arbeiten die bei anderen Degengefäßen nur äußerst selten auftretende Verzierung der Schmalkanten der Bügel durch eine Bordüre von eingeschlagenen Ringeln, Schuppen o. dgl.; sie spricht für die ins kleinste Detail gehende Sorgsamkeit des Künstlers, das Unverziertsein einer Fläche möglichst zu vermeiden, und findet sich auf seinen sämtlichen Arbeiten. Die hervorragende und individuelle Schönheit der Degengefäße Othmar Wetters lässt es, wie bereits erwähnt, begreifen, warum es der Meister verschmähte, auf den Erzeugnissen seiner Hand als Kennzeichen seinen Namen oder seine Marke anzubringen, wie es andere Dresdener Gefäßschmiede seiner Zeit, z. B. Anton und Israel Schuch oder Melchior Bartel taten. Platz und Gelegenheit zur diskreten Fixierung eines Zeichens wäre genug dagewesen, die kunstvolle Arbeit sollte aber eben für sich selber sprechen. Von allen bekannten Werken Othmar Wetters kommt nur auf einem einzigen, allerdings dem schönsten, die einfache Marke vor, welche ihm zuzuerteilen ist.

 

1 Gegeben zu Torgau am 7. Januar 1598. Original mit der Unterschrift Herzog Friedrich Wilhelms im königl. Hauptstaatsarchive (Bestallungen 1593—1599, Rep. LH, Gen. No. 1932).

2 Cammersachen in Churf. S. vormundtschafft 1598, anderteil. Loc. 7307. Im königl. Hauptstaatsarchiv.

3 Paul Pucher (Büchner) der Ältere starb 1607, 76 Jahre alt, nachdem er 49 Jahre gedient hatte, als kurfürstlicher Oberzeug und Baumeister zu Dresden.

4 Lebensverhältnisse, hier wohl gleichbedeutend mit Verlegenheit.

5 Z. B. von Israel Schnell in Dresden auf einem Rapier von 1606 (königl. historisches Museum, Saal E, No. 569) und auf anderen Degen in demselben Saal.

Das königliche bayerische Nationalmuseum in München kennt, erhaltener Nachricht zufolge, unter seinen Beständen kein Werk von Othmar Wetter; alle noch vorhandenen und bis jetzt bekannten Arbeiten des Künstlers finden sich vielmehr im königlichen historischen Museum zu Dresden. Verschiedene derselben konnten als solche direkt durch das schon mehrfach genannte Inventarium der kurfürstlichen Rüstkammer von 1606 und durch Akten im königlichen Hauptstaatsarchiv nachgewiesen werden; bei den übrigen führte die auffallende und unzweifelhafte Ähnlichkeit mit nachgewiesenen Stücken zur Ermittlung der Meisterschaft.

 

Im Folgenden seien die neun erhaltenen Arbeiten Wetters aufgeführt.

 

I. Rapiergarnitur (E, 261 a-e, s. die Abbildung), bestehend aus Rapier, Dolch mit Scheide, zwei Messern und Degentasche (die Rapierscheide fehlt), zu den schönsten in Eisen geschnittenen Prunkwaffen der Sammlung gehörig. Die sich von vergoldetem Grund blauschwarz abhebenden Bilder, welche der römischen Geschichte entnommen sind (Marcus Curtius, Horatius Cocles, Lucretia, Mucius Scaevola, Cloelia etc.), liegen in Rahmenwerk und werden von Pflanzengebilden und Fruchtbündeln mit allerlei Grotesken, Masken und Waffentrophäen zusammengehalten. In den Bildern vorkommendes Wasser ist durch Versilberung des Eisens dargestellt. Die Bügel und Messergriffe (letztere mit ihren Klingen aus einem einzigen Stück bestehend) endigen in Muschelhörnern. Am Knauf des Rapiers hält je ein Zentaur den Kurschild und das Rautenwappen, welche sich auch geätzt auf den vergoldeten Klingenansätzen des Rapiers und Dolches finden; auch der Meissner und der Thüringer Löwe kommen auf der Rapierklinge, welche eine Gratklinge ohne Marke ist, vor. Dolchscheide und Degentasche1 sind mit schwarzem Samt überzogen, welcher bei der letzteren Silberstickerei trägt. Für den Kurfürsten Christian I. 1590 in Dresden gefertigt.

 

Abgebildet: Hettner und Büttner (Photographien nach Gegenständen aus dem königlichen historischen Museum in Dresden. München, Franz Hanfstängl, 1871), Blatt 44 und 118. — Bücher und Gnauth (Das Kunsthandwerk, Jahrgang 1874, Stuttgart, W. Spemann), S. n, wo das Entstehungsjahr der Waffe falsch mit 1588 angegeben ist und zu der Rapiergarnitur unrichtig eine ebenfalls im historischen Museum befindliche Jagdwaffenserie (jetzt M, 310) als zugehörig angegeben wird. — Cronau (Geschichte der Solinger Klingenindustrie. Stuttgart, Gebrüder Krüner, 1885), S. 25. Rudolf Cronau hat beliebt, in seinem mit Irrtümern reich gespickten Buch dieses Rapier sans façon mit der Bezeichnung «Gefertigt in Solingen» zu versehen, und treibt die Kühnheit so weit, auf Seite 50 desselben Buches «Othmar Wette, 1594 als Angehörigen der in Solingen blühenden und nach Albert Weyersberg2 der Bruderschaft der Härter und Schleifer angehörenden Familie Witte (Weite) zuzuweisen! — Bücher (Geschichte der technischen Künste, III. Band, 1893), S. 16, wo das Rapier, wahrscheinlich nach Cronau, auch fälschlich als Solinger Arbeit bezeichnet ist.

 

II. Rapiergarnitur (E. 591 a_b), bestehend aus Rapier mit Dolch und Dolchscheide, die Solinger Klinge mit dem «wilden Mann» 1590 von Friedrich Globerger3 in Solingen erkauft. Die «Garnitur mit den Tugenden». Gegossene und nachgeschnittene Messinggefäße, welche vergoldet sind und vermutlich früher im Grund schwarz emailliert waren. In kreisförmigen und ovalen Medaillons, welche sich auf die Gefäße und Scheidenbeschläge von Rapier und Dolch verteilen und von Grotesken inmitten von Pflanzenwerk verbunden werden, sind im Mezzorelief die allegorischen Figuren der drei theologischen Tugenden, der vier Kardinaltugenden, des Quadriviums der freien Künste und zweier kleinerer Tugenden angebracht, und zwar mit folgenden Attributen:

 

A. Glaube (Kruzifix),4 Liebe (zwei Kinder), Hoffnung (Anker und freigelassener Vogel).

 

B. Weisheit (Schlange und Spiegel), Gerechtigkeit (Waage und Schwert), Massigkeit (Mischkrug), Stärke (Lanze).

 

C. Arithmetik (Triangel und Maßstab), Geometrie (Erdkugel und Maßstab), Astronomie (Stern und Zirkel), Musik (Harfe).

 

D. Wachsamkeit (Fackel und Spieß), Sanftmut (Lamm und Ölzweig).

 

Abgebildet: Hettner und Büttner, Blatt 5 und 87. — 1597 abgeliefert.

 

III. Rapier (E, 593). Dasselbe Gefäß wie bei II, jedoch, wie es scheint, unvollendet gelassen (die Verzierung der Schmalkanten und inneren Bügelseiten fehlt, die Ziselierung ist nicht so vollendet usw.). 1597 abgeliefert.

 

IV. Reitschwert (E, 395). Das Gefäß, stahlblau und schwarz gehalten, ist in Eisen geschnitten und trägt, von ornamentalem Pflanzenwerk und Maskarons auf punktiertem Grund umgeben, sechs tiefe Nischen, die mit plastischen Figuren besetzt sind (Minerva, Fama mit der Tuba, Artemisia mit der Urne, einer liegenden Frauengestalt mit einem Becher usw.).

 

Abgebildet: Hettner und Büttner, Blatt 122.

 

V. Reitschwert mit Scheide (E, 454) Die abgesetzt geschliffene Klinge von dem älteren Sebastian Hernandez von Toledo trägt ein in Eisen geschnittenes Gefäß, auf welchem sich von vergoldetem Grund die durch Lederornament in Felder geteilten, blau angelassenen Verzierungen im Basrelief abheben. Der eine Parierknebel fällt durch die seltene Form einer Stellschraube auf. Die Ornamente bestehen aus Pflanzenwerk im Renaissancestil, das oft aus Vasen und Füllhörnern herauswächst, und aus Grotesken; Schnecken und ein tropischer Vogel sind in ganzer Figur in den Ranken zu sehen. Abgebildet: Rade (königliches historisches Museum zu Dresden. Auswahl von Ornamenten zum praktischen Gebrauch. Band II. Dresden, Römmler und Jonas, 1884), Blatt 10, wo das Gefäß irrtümlich als Nürnberger Arbeit bezeichnet ist.

 

VI. Reitschwert und Messer (E, 260). An zweischneidiger italienischer Gratklinge ohne Marke das in Stahlblau und Schwarz gehaltene, in Eisen geschnittene Gefäß des Rapiers, welches in einem Füllwerk von Pflanzen und Masken sieben Nischen mit allegorischen Gestalten birgt (Gerechtigkeit, Friede, Flussgöttin usw.). Das Messer, dessen Griff und Klinge (ohne Marke!) aus einem einzigen Stück bestehen, zeigt die Allegorie der Kraft (weibliche Gewandfigur, die auf dem rechten Arm einen Turm trägt). Ehemals dem Administrator zu Halle zugehörig.

 

VII. Reitschwert (E, 286). Breite Solinger Klinge mit dem «wilden Mann», an welche das eiserne, ausgestochene (Pflanzenstäbe) Gefäß schließt, welches blau angelassen, vergoldet und auf der Paradeseite mit drei silbernen Rosetten und fünf silbernen Relieffiguren belegt ist. Eng aneinandergereihte silberne Perlen teilen das Gefäß in Felder. Unter den gegossenen Figuren Minerva (mit Helm, Schild und Lanze), Pax und Fama (mit Tuba und wehendem Kopfschmuck). Die am wenigsten künstlerisch schöne Arbeit Othmar Wetters, welche einen etwas bunten Eindruck macht, aber vielleicht nach einer speziellen Anweisung des Bestellers von ihm auszuführen war. 1597 abgeliefert.

 

VIII. Reitschwert (E, 388). Die Waffe, welche einen ernsten, vornehmen Eindruck macht, hat ebenfalls nicht mehr ihr Zubehör. Die Klinge vom Jahre 1587 mit Namen, Marke und Devise des Toledaners Juan Martinez des Jüngeren ist an einem eisernen, schwarz und blau gehaltenen Gefäß. Die durch Lederornament abgeteilten Felder desselben enthalten auf punktiertem Grund ausgestochene und geschnittene Fruchtbündel und Grotesken im Basrelief.

 

IX. Reitschwert (E, 601). Das farbig emaillierte Messinggefäß dieser Waffe stellt Grotesken und Blumenwerk vor und passt auf die Beschreibung eines Wetterschen Rapiers im Inventar von 1606, welche allerdings so wenig charakteristisch ist, dass auch ein durch irgendwelche Umstände in der Sammlung nicht mehr vorhandener Degen gemeint sein könnte. Die ursprüngliche Klinge steckt nicht mehr in diesem Gefäß, die Verzierung der Schmalseiten an den Bögen fehlt. 1597 fertig geworden? Endlich seien noch die zwei Arbeiten Othmar Wetters in der freilich sehr simplen Beschreibung des Inventars von 1606 (Seite 542—543) genannt, welche ehemals in der Dresdener Rüstkammer vorhanden waren, aber schon zeitig als Ehrengeschenke abgegeben worden sind. Ein günstiger Zufall könnte zur Auffindung des einen oder anderen Stückes in einer fremden Sammlung führen.

 

(X.) Ein Rapier, „das Creutz mit einem Zapffen, Creutz vnd knopff vonn Messing, mit bildlein vnd Blumbwerk geschnitten vnd vergült, der grund schwartz eingelaßen, mit einer Frantzösischen klingen, so Peter Luccy den 20. Decembris Ao. 90 erkaufft, in einer schwartz Sammaten schaiden, mit einem vergülten Ortband von gleicher Arbeit. Dis rappir ist dem Hofmarschalch Christoph v. Loos gegeben 28. July 1608.

 

(XI.) Ein Cordelaß mit einem Meßingen Creutz vnd knopff, das Creutz mit Zweyen Zapffen, mit angesichtern vnd blumbwerk geschnitten, vergült, der grund mit weißen färben eingelaßen, die klinge mit einem wilden Mann gezeichnet, von erwenthen 45. klingen genommen, so vermug der Alten Rechnung, von Friedrich Globergern erkaufft. Dieß Cordelaß ist Graff George Friedrichen von Hohenlohe am Churf. beylager, im Septembris 16025 durch vnsern gnedigsten Hn. gegeben.

 

1 Blieb wegen Platzmangel auf der Abbildung weg.

2 Die in den privilegierten Handwerken der Solinger Industrie vertretenen Familiennamen. Separatabdruck, S. 5.

3 Mitglied der Solinger Familie Clauberg, von Cronau in seinem Buch nicht erwähnt.

4 Bei Hettner und Büttner auf dem Erklärungsblatte fälschlich als Mater dolorosa angesprochen; dort ist auch unrichtig das Metall des Gefäße als Eisen angegeben.

5 Am 12. September 1602 wurde in Dresden die Vermählung des Kurfürsten Christian II. mit Hedwig, königlichen Prinzessin von Dänemark, gefeiert.

 

Quelle: Zeitschrift für Historische Waffenkunde. Organ des Vereins für historische Waffenkunde. I. Band. Heft 3. Dresden, 1897-1899.