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Degengefäße, ausgeführt von Othmar Wetter, um 1580

Degengefäße, ausgeführt von Othmar Wetter, um 1580.
Degengefäße, ausgeführt von Othmar Wetter, um 1580.

 

Weitere Werke des Waffenschmiedes Othmar Wetter.

Von Wendelin Boeheim.

 

 

Der unter der bescheidenen Bezeichnung eines Messerschmiedes genannte Meister Othmar Wetter, der bedeutendste deutsche Eisenschneider der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, ist uns durch A. Erbstein1 wieder bekannt geworden. Sein Leben wie sein Wirken in dessen späterer Lebenszeit hat in unserer Zeitschrift2 durch Dr. Georg Petzsch in Dresden eine eingehende, von fleißigem Quellenstudium zeugende Behandlung gefunden, wobei der verdienstvolle Autor auch jene Arbeiten bekannt gab und beschrieb, welche von diesem Meister im kgl. historischen Museum zu Dresden noch bewahrt werden. Cornelius Gurlitt in Dresden ergänzte die biographischen Daten über selben in seiner ausgezeichneten Abhandlung: «Dresdener Waffenschmiede» im 11. Heft unserer Zeitschrift3 in vortrefflicher Weise durch weitere Urkundenauszüge.

 

Der Abhandlung Dr. Petzsch’s war auch in Tafel II dieses Bandes eine gelungene Abbildung der Rapiergarnitur des Kurfürsten Christian I. von Sachsen, eines der schönsten Werke Wetters, beigegeben.

 

Dr. Petzsch hatte damals mit allem Recht bemerken können, dass der Meister nur im kgl. historischen Museum zu Dresden in Werken vertreten sei. Durch die Schilderung angeregt, erinnerten wir uns, dass in der kaiserl. Waffensammlung zu Wien sich Rapier- und Degengefäße befinden, welche ihrem Stil und ihrer Zeichnung nach gleichfalls die Hand Wetters verraten, und wirklich fanden sich zwei derselben, welche ihm mit aller Bestimmtheit zuzuschreiben sind, ja eines derselben trägt sogar dessen Marke, das bekannte W, welche auch im genauen Abdruck auf Seite 91 dieses Bandes gebracht wurde.

 

Die Arbeiten Wetters im Eisenschnitt sind so charakteristisch, dass nur ein oberflächlicher Vergleich der in Tafel II dargestellten Rapiergarnitur mit jenen zwei auf unserer Tafel VI abgebildeten Degengefäßen genügt, um alle drei sicher als von einer Hand gefertigt zu erklären.

 

Betrachten wir das auf unserer Tafel zur Linken dargestellte Rapier (Katalog Nr. 361). Der Griff mit zapfenförmigem Knauf, geraden Parierstangen, einfachem Faustschutz- und Griffbügel ist aus grauem Eisen. Sowohl auf dem Knauf wie auf dem oberen Parierring sind in winzig kleinen Figuren antike Schlachtszenen in Relief dargestellt. Die Parirstangen und der Griffbügel enthalten in Kartuschen liegende nackte Gestalten und Kriegerfiguren. Am unteren Parierring ist ein Zug antiker Krieger ersichtlich. Der kurze Handgriff von bauchiger Form stellt ein Blätterbündel dar. Alle übrigen Flächen enthalten Schlingornamente und selbst die Schmalkanten sind in gepunzter Arbeit geziert, eine Beobachtung, die für Arbeiten Wetters charakteristisch ist. Bemerkenswert ist die Knaufform, die sich an den Dresdner Arbeiten wiederholt. Die Klinge: mit roher ausgebrochener Marke von minderem Wert dürfte vom Erzeugungsort selbst stammen. Nicht weniger künstlerisch ausgestattet erscheint der zur Rechten dargestellte Stoßdegen (Katalog Nr. 539), dessen Griff gleichfalls aus grauem Eisen besteht; die Ähnlichkeit in der Zeichnung und Ausführung ist in die Augen fallend. Der ebenfalls zapfenförmige Knauf ist wieder mit antiker Schlachtszene in Relief geziert. Der Handgriff ist mit Silberdraht umwunden. Von den langen, geraden Parierstangen auslaufend nach aufwärts der Griffbügel, nach abwärts der doppelte Faustschutzbügel. Alles Gestänge ist hier schmäler und zierlicher gehalten. An verschiedenen Stellen des letzteren erblickt man teils liegende, teils stehende mythologische Gestalten, wie Mars, Venus, Ceres usw. Auf den Parierstangen rückwärts findet sich zweimal die Marke des Meisters W, ganz in der Form jener auf dem erwähnten Rapier E 261 in Dresden. Die Klinge ist hochwertvoll; sie trägt die Marken und den Namen des Thomas Ayala.

 

Was nun die Herkunft beider Stichwaffen betrifft, so sind wir leider nicht in der Lage, an der Hand von Urkunden vorzuschreiten. Das Rapier 361 stammt aus dem alten Zeughaus zu Wien, somit vermutlich aus dem Nachlass an Waffen des Erzherzogs Karl von Steiermark, der 1765 dem Zeughaus zugewiesen wurde.4 Der Degen 539 aus dem Schloss Ambras in Tirol, also sicher aus dem Nachlass des Erzherzogs Ferdinand von Tirol. In den Anfang der neunziger Jahre des 16. Jahrhunderts fällt der erneuerte Türkenkrieg; es ist daher zwar möglich, doch kaum anzunehmen, dass beide Waffen um 1590 stammen; das Rapier gewiss nicht. Näher dürfte man kommen, wenn man beide noch in die Münchener Periode des Meisters reiht, die, wie wir wissen, 1590 ihr Ende hatte. Vermutlich ersehen wir in beiden Geschenke des Herzogs Wilhelm V. von Bayern an seinen Schwiegersohn Karl, wie an dessen Bruder, seinem langjährigen Freund.

 

1 Erbstein, A., «Beschreibung des kgl. historischen Museums und der kgl. Gewehrgalerie zu Dresden» 1888.

2 Vergl. den Aufsatz «Othmar Wetter, Messerschmied» in Heft 4 Seite 87 dieses Bandes.

3 Vergl. unsere Zeitschrift Heft II, Seite 265.

4 Der Nachlass des Kaisers Rudolf II. verblieb in Prag und wurde später eine Beute der Schweden. Das Wiener Zeughaus erhielt aus der alten kaiserl. Waffenkammer nur Waffen aus dem ehemaligen Besitze der Kaiser Maximilians I., Ferdinands I., Maximilians II. und seit 1765 auch des Erzherzogs Karl von Steiermark.

 

Quelle: Zeitschrift für Historische Waffenkunde. Organ des Vereins für historische Waffenkunde. I. Band. Heft 12. Dresden, 1897-1899.