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Gibt es ein deutsches Mittelalter?

Ja, das deutsche Mittelalter bezeichnet die Epoche der Geschichte des deutschen Sprachraums vom 5. Jahrhundert nach Christus bis zum Ende des 15. Jahrhunderts. Es umfasst eine Vielzahl von politischen, sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklungen, die das mittelalterliche Deutschland prägten.

Während des deutschen Mittelalters gab es zahlreiche bedeutende Ereignisse und Entwicklungen:

  1. Frühmittelalter (5. bis 10. Jahrhundert): In dieser Zeit erfolgte die Völkerwanderung, während der germanische Stämme wie die Franken, Sachsen und Bayern das Gebiet des heutigen Deutschlands besiedelten. Das Frankenreich unter Karl dem Großen wurde im 8. Jahrhundert zur dominierenden politischen Macht in Mitteleuropa.

  2. Hochmittelalter (11. bis 13. Jahrhundert): In dieser Periode erreichte das Heilige Römische Reich unter den Stauferkaisern wie Heinrich IV. und Friedrich Barbarossa seine größte Ausdehnung und politische Macht. Es war auch eine Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs, des Aufstiegs der Städte und des Beginns der Hanse.

  3. Spätmittelalter (14. bis 15. Jahrhundert): Das Spätmittelalter war geprägt von politischen Konflikten wie dem Investiturstreit, dem Aufkommen des Nationalstaatsgedankens und den Hussitenkriegen. Es war auch eine Zeit der Pestepidemien, die große Teile der Bevölkerung dezimierten, sowie der Renaissance und des Humanismus.

Das deutsche Mittelalter war geprägt von einer Vielzahl von Herrscherdynastien, darunter die Karolinger, Ottonen, Staufer und Habsburger, die das politische Geschehen im Heiligen Römischen Reich und darüber hinaus bestimmten. Es war auch eine Zeit der großen kulturellen und intellektuellen Blüte, mit bedeutenden Schriftstellern, Philosophen und Künstlern wie Walther von der Vogelweide, Hildegard von Bingen, Meister Eckhart und Albrecht Dürer.

Das deutsche Mittelalter endete mit dem Beginn der Neuzeit im 16. Jahrhundert, gekennzeichnet durch die Entdeckungen und Entwicklungen der Renaissance, die Reformation und die damit verbundenen religiösen und politischen Umwälzungen sowie den Aufstieg der Territorialstaaten.

 

 

 

Chronik des Deutschen Mittelalters

5. Jahrhundert:

  • 476: Ende des Weströmischen Reiches durch die Absetzung des letzten römischen Kaisers Romulus Augustulus.
  • Beginn der Völkerwanderung, während der germanische Stämme wie die Franken, Alamannen, Sachsen und Thüringer das Gebiet des heutigen Deutschlands besiedelten.

6. Jahrhundert:

  • 496: Schlacht bei Zülpich, Sieg der Franken unter Chlodwig I. über die Alamannen.
  • 529: Gründung des Klosters Monte Cassino durch Benedikt von Nursia, das zum Zentrum des Benediktinerordens wurde.

7. Jahrhundert:

  • 632: Tod des Propheten Mohammed und Beginn der islamischen Expansion.
  • 711: Mauren erobern Spanien.
  • 751: Pippin der Jüngere, der Vater Karls des Großen, wird zum König der Franken gekrönt und begründet die Dynastie der Karolinger.

8. Jahrhundert:

  • 732: Schlacht von Tours und Poitiers, Sieg der Franken unter Karl Martell über die muslimischen Araber.
  • 751: Gründung des fränkischen Reiches durch Pippin den Jüngeren.
  • 768: Karl der Große wird König der Franken und später Kaiser des Fränkischen Reiches.
  • 800: Karl der Große wird von Papst Leo III. zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches gekrönt.

9. Jahrhundert:

  • 843: Vertrag von Verdun, der das Fränkische Reich in drei Teile aufteilt und den Grundstein für die Entstehung der späteren Nationalstaaten legt.
  • 919: Heinrich I. wird erster ostfränkischer König und begründet die Dynastie der Ottonen.

10. Jahrhundert:

  • 962: Otto I. wird zum ersten deutschen Kaiser des Heiligen Römischen Reiches gekrönt.
  • 955: Sieg Ottos des Großen über die Ungarn in der Schlacht auf dem Lechfeld.
  • 987: Beginn der Herrschaft der Salierdynastie unter Otto III.

11. Jahrhundert:

  • 1054: Schisma zwischen der römischen und der orthodoxen Kirche.
  • 1075: Beginn des Investiturstreits zwischen Kaiser Heinrich IV. und Papst Gregor VII.
  • 1122: Wormser Konkordat beendet den Investiturstreit.

12. Jahrhundert:

  • 1147-1149: Beginn der Kreuzzüge mit dem Zweiten Kreuzzug.
  • 1152: Friedrich I. Barbarossa wird zum deutschen König gewählt und begründet die Herrschaft der Staufer.
  • 1180: Heinrich der Löwe, Herzog von Sachsen und Bayern, wird entmachtet und sein Territorium wird aufgeteilt.

13. Jahrhundert:

  • 1215: Magna Carta, eine der ersten Verfassungen, wird in England erlassen.
  • 1220-1250: Friedrich II. regiert als Stauferkaiser und setzt sich für die Förderung von Kunst und Wissenschaft ein.
  • 1241: Mongoleninvasion in Ostmitteleuropa und Schlacht an der Leitha.

14. Jahrhundert:

  • 1347-1351: Ausbruch der Pest in Europa, die Millionen Opfer fordert.
  • 1356: Goldene Bulle von Karl IV., die die Wahlverfahren für den römisch-deutschen König festlegt.
  • 1415: Konzil von Konstanz, auf dem Jan Hus verurteilt und hingerichtet wird.

15. Jahrhundert:

  • 1438: Beginn der Habsburger Herrschaft im Heiligen Römischen Reich mit der Wahl Albrechts II. zum römisch-deutschen König.
  • 1453: Fall von Konstantinopel an die Osmanen, Ende des Byzantinischen Reiches.
  • 1492: Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus im Auftrag der spanischen Krone.

Diese Chronik umreißt die wichtigsten Ereignisse des deutschen Mittelalters, das eine Zeit großer Veränderungen und Entwicklungen in Politik, Kultur und Gesellschaft war.