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Dokumentensiegel von Mannheim 17. - 19. Jhd.

Gericht zu Angelthurn

Die Sphragistik, auch Siegelkunde genannt, gehört zu den Historischen Wissenschaften, die sich größtenteils auf die Urkundensiegel stützt. In diesem Blogbeitrag wollen wir einige Siegelabdrücke präsentieren, die aus Mannheim und Umgebung aus unterschiedlichen Zeitepochen stammen. Solche Dokumentensiegel werden zwar von nur wenigen Sammlern weltweit gesammelt, gerade die berühmten adligen Familiensiegel sind sehr begehrt, doch gehören sie zur Geschichte einer Region, eines Landes, einer Zunft, einer Kirche oder einer Familie dazu. Denn man sollte nicht nur anhand der Kunstgeschichte ein Siegel beurteilen, sondern auch die dahinterstehenden damaligen politischen Verhältnisse und wirtschaftlichen Stärken (beispielsweise starkes überregionales Zunftwesen).

 

Das linke Bild zeigt ein Dokumentensiegel von 1790, das Gerichtssiegel zu Angelthurn. Es könnte dem Reichsfreiherrn Josef Christof von Fick, kurpfälzischer Gemeinderat, Regierungs-Vizekanzler zu Mannheim und Besitzer des ritterlichen Guts zu Angelthurn im Odenwald gehören. Sein einziger Sohn Christof Josef von Fick war wiederum kurfürstlicher Regierungsrat zu Mannheim. (Quelle: Geschlechts- und Wappenbeschreibungen zu dem tyroffischen neuen Adelichen Wappenwerk, Erstes Band . Erstes Heft, Nürnberg 1791.)

 

Dokumentensiegel sollten nicht nur die Echtheit eines Schriftstückes darlegen und die Authentizität des Unterzeichners beweisen, sondern sie waren gleichzeitig ein Mittel der Selbstdarstellung und Repräsentation. Die Siegel als Beglaubigungsmittel dokumentierten zahlreich die Karrieren von Menschen des Mittelalters und der Neuzeit, da sie sich dem sozialen Status des Siegelinhabers anpassten. Erhielt ein Beamter oder Geistlicher einen höheren Status, änderte sich zugleich auch sein persönliches Siegel, dass auf diesen Machtzuwachs hinwies. Diese Ordnungsvorstellungen lassen sich durch die Sphragistik anhand der Verschiedenartigkeit der Motive aufschlüsseln und als eine Art Siegelbild darstellen.

Für die Rechtsgeschichte waren Dokumentensiegel unabdingbar, weil Verträge erst durch die Besiegelung zumeist die Rechtsform erfüllte und der Vertrag Gültigkeit erlangte. Somit waren Siegel der Unterschrift ebenbürtig, wenn nicht gar höherwertig, da nur die wenigsten Menschen lesen und schreiben konnten. Im Geschäftsverkehr zwischen Christen und Juden im Mittelalter gaben Siegel zudem größere Rechtssicherheit, weil jüdische Kaufleute sonst Nachteile befürchten mussten.

Dokumentensiegel aus Mannheim Gürtler-Zunft
Gürtlerhandwerk zu Mannheim 17. Jahrhundert
Siegelabdruck Schmiede- und Wagnerzunft
Schmiede- und Wagnerhandwerk Mannheim 1680

Neben den Dokumentensiegeln wurden Wachssiegel für den Verschluss von Briefen verwendet. Wurde das Siegel durchbrochen, konnte der Empfänger nicht mehr davon ausgehen, als einziger den Inhalt des Briefes zu kennen oder ob Änderungen am Text vorgenommen wurde. Leider wurden solche Briefsiegel durch das Öffnen des Briefes zwangsläufig zerstört, sodass nur wenige vollständig erhaltene und unbeschädigte originale Briefsiegel erhalten geblieben sind. Dennoch lassen sich auch aus zerbrochenen Siegeln die rechtliche Bedeutung des Briefes erahnen.

Um ein Siegel auf eine Urkunde anbringen zu können, wurde Wachs zumeist mit einer Kerze verflüssigt oder Siegellack verwendet. Anschließend wurde ein Siegelring oder Siegelstempel (Petschaft, Typar) in die weiche Siegelmasse gedrückt. Darin eingeprägt war nun das erkaltete Siegel des Inhabers. Weil auf Siegeln häufig auch Wappen gezeigt wurden, steht die Siegelkunde häufig auch mit der Heraldik, der Wappenkunde, in Zusammenhang. Ein Siegel selbst ist nicht groß genug, um viele Informationen unterzubringen. Daher wurden die Schriftumrandungen häufig abgekürzt und die Darstellungen zeigen grazile kleine Feinheiten, die erst bei näherer Betrachtung auffallen.

Nicht jeder war berechtigt, ein Siegel zu führen. Im 10. und 11. Jahrhundert waren es vor allem die Käiser und Päpste, die ihre Bullen (Dokumente) damit signierten und beglaubigten. Nur wenige hoheitlich wichtige Ämter wie Bischöfe und Äbte sowie Großfürsten konnten eigene Siegel besitzen. Im 12. Jahrhundert dann führten auch die freien Städte, adlige Ritter und Grafen das Siegel durchgehend ein. Im 13. und 14. Jahrhundert konnten auch adlige Familien und angesehene Bürger mit dem Siegel signieren.

Dokumentensiegel der Schuhmacher Mannheim 1750
Schuhmacherzunft Mannheim 1750
Dokumentensiegel der Mannheimer Schuhmacher 1661
Zunftsiegel der Schuhmacherinnung Mannheim 1661

Ein Dokumentensiegel ist zumeist immer gleich aufgebaut. In der Mitte des zumeist runden Siegels prangt ein Bild, welches ein Wappen, eine Figur oder herzustellende Produkte. So bildeten Zünfte von Hufschmieden auch Hufeisen im Siegel ab. Umrundet wird das Siegel von einer Umschrift, die Latainisch oder Deutsch sein kann und einen Leitspruch enthält. Auf einer Bulle Karls des Großen stand auf der Vorderseite seines Siegels "Dn. Kar. Imp. P. F. PP. Aug.", was ausgeschrieben "Dominus Karolus Imperator pius felix perpetuus Augustus" bedeutet. Auf der Rückseite stand "Renouatio Romani Imperii" (Die Erneuerung des Römischen Reiches). Das Siegel kann auch das ausgestellte Jahresdatum enthalten.

Kaiserlich-königliche Österreichische Stadtkommandatur zu Mannheim 1814-1820
Kaiserlich-königliche Österreichische Stadtkommandatur zu Mannheim 1814-1820
Dokumentensiegel der Kath. Pfarrkirchen Vorstand Mannheim
Dekanatssiegel Kath. Parrkirchen Vorstand Mannheim A.D. 1820


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