· 

Der Soldat in der deutschen Vergangenheit Teil 12

Gericht bei besetzter Bank. Holzschnitt von J. Amman. Aus Fronsperger, Kriegsrechte. Frankfurt 1566.
Gericht bei besetzter Bank. Holzschnitt von J. Amman. Aus Fronsperger, Kriegsrechte. Frankfurt 1566.

 

Den Übermut der Landsknechte musste es steigern, dass sie tatsächlich die unbestrittenen Herren der Schlachtfelder waren. Die Reiterangriffe mussten an dem Wall der Spieße, dem „Igel“ zerschellen, das Geschütz war noch wenig zu fürchten.

 

Um dessen frühere Entwicklung hat Deutschland bis in das 16. Jahrhundert die größten Verdienste. Ihr hatte Kaiser Maximilian, der Turnierheld, in der merkwürdigen Vielseitigkeit seiner Natur eine Vorliebe zugewendet, deren äußerer Ausdruck seine fantastische Namensgebung der zahlreichen auf seine Anordnung gegossenen Geschütze war. Diese Personifizierung des Leblosen entsprach zu sehr dem Geist der Zeit, um nicht Schule zu machen, und überall finden wir halb die größeren Geschütze mit Namen belegt und mir Sprüchen verziert, die ihre Bestimmung kundgeben. So trug das größte Geschütz der Stadt Erfurt, die Spinnerin, den Vers:

 

 

Im tausend fünfhundert zweiundvierzigsten Jahr

 

Goß mich Heinrich Ziegler fürwahr.

 

Die getreue Tochter Erfurt bin ich genannt,

 

Mein Name im Land Thüringen wohlbekannt.

 

Bulen um mich thut man mit Untreuen,

 

Dasselbe sie noch sollen gereuen.

 

Meine Ehr will ich haben in Hut,

 

Dabei mich schützen die Achtherren gut.

 

Mit freier Stimme will ich singen,

 

Dass es in Berg und Tat soll klingen.

 

Das Recht der langen Spieße. Holzschnitt von J. Amman. Aus Fronsperger, Kriegsrechte. Frankfurt 1566.
Das Recht der langen Spieße. Holzschnitt von J. Amman. Aus Fronsperger, Kriegsrechte. Frankfurt 1566.

Indessen die Liebhaberein für solche Prachtstücke hatte den Nachteil, das Material unnütz schwerfällig zu machen. Es fand daher fruchtbare Verwendung trotz aller Verbesserungen nach wie vor nur im Festungskrieg, wogegen die Feldartillerie noch nicht zur Bedeutung gelangte. Nicht nur erschwerte die Langsamkeit der „Artelei“ die Bewegungen des Herreszuges, sie bedeutete auch rettungslosen Verlust nach einer unglücklichen Schlacht. So büßte Landgraf Philipp von Hessen im Schmalkaldischen Krieg seine gesamte wertvolle Artillerie ein.

 

Dagegen brachte allerdings im Belagerungskrieg das Geschütz eine völlige Umwälzung hervor und wurde hier ein wertvoller Bundesgenosse des neuen Fußvolkes, indem es durch Breschelegen den Sturm erleichterte. Als die Riesenmauern des Ladstuhls in Trümmer sanken und den letzten großen Vertreter des Rittertums, Franz von Sickingen, unter sich begruben, brach eine neue Periode des Kriegswesens an. Aber nicht nur die Burgen, auch die Städte mussten die neu gewonnene Übermacht der Offensive erfahren. Das Mauerwerk hielt dem Geschütz nicht stand und zur Verteidigung solches aufzunehmen, war der schmale Wehrgang an der Innenseite nicht fähig.

Kaiser Maximilian und Geschützgießer. Holzschnitt von H. Burgkmair aus dem Weißkunig.
Kaiser Maximilian und Geschützgießer. Holzschnitt von H. Burgkmair aus dem Weißkunig.

Weiter zu Teil 13

 

Zurück zu Teil 11

 

Quelle Bild und Text: "Der Soldat in der deutschen Vergangenheit" miteinhunertdreiundachtzig Abbildungen und Beilagen nach den Originalen aus dem 15. - 18. Jahrhundert, von Georg Liebe; Leipzig, 1899.