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Die Angriffswaffen: Die Blankwaffen: Das Schwert Teil 1

Das Schwert ist ein ehrwürdiges Vermächtnis aus dem Altertum, seine Erfindung reicht weit über unsere geschichtliche Kenntnis zurück. Wir haben es jedoch hier nur mit seinen ersten Formen im Mittelalter zu tun und mit den Wandlungen, welche dieselben bis in die Neuzeit erfahren haben.

 

Wir verstehen unter der Bezeichnung Schwert im Allgemeinen eine Blankwaffe, welche mit gerader, ein- oder zweischneidiger, spitziger oder abgestumpfter Klinge zum Hieb oder Hieb und Stich am Griff derart geführt wird, dass der Daumen am Ansatz der Klinge, der kleine Finger am Knauf ruht.

 

Strenggenommen gehörten somit alle geraden Klingen mit säbelartiger Montierung, wie die französischen Reitersäbel zum Stoß oder die sogenannten Pallasche, die polnische Karabela hierher; ihre ganz verschiedene Montierung aber reiht sie zu den Säbeln, mit denen sie in der Ausstattung übereinkommen.

 

Ohne die späteren Beigaben am Griff, deren wir am betreffenden Ort gedenken, zu berücksichtigen, unterscheiden wir den Knauf, das Griffholz und die Parierstange. Die Klinge, mit einem schmalen Fortsatz aus weicherem Eisen, der sogenannten Angel, vom Griff gehalten, ist entweder einschneidig messerförmig oder zweischneidig, mit abgerundetem oder spitzem Ende. Sie ist, wenn wir ihren Querschnitt ins Auge fassen, flach, kolbig oder mit Grat, mit Hohlschliff oder mit mehreren schmäleren Rinnen, sogenannten Blutrinnen ausgestattet. Der Hohlschliff hat immer den Zweck, die Klinge im Gewicht zu erleichtern.

 

Man muss in der Beurteilung der Waffenformen immer festhalten, dass deren Entwicklung nicht von einem territorialen Punkt ausgegangen ist, sondern gewissermaßen von zwei Zentren, deren als Grenzen des Einflusses gedachte Kreislinien sich berühren und oft überkreuzen. So ist es auch in der Ausbildung der Schwertformen, es stehen sich da zwei voneinander unabhängige kulturelle Bewegungen gegenüber, von denen die eine ihren Anstoß in der römischen Antike, die andere vom Orient her erhalten hatte.

Fig. 258. Kurzschwert, parazonium, gallischen Ursprungs aus vormerowingischer Zeit. Gefunden bei Sesto-Calende. Archäologisches Museum der Akademie in Mailand. Nach Viollet-le-Duc. Fig. 259. Formen des Sax ältester Zeit. Nach Beck, Geschichte des Eisens.

 Fig. 258. Kurzschwert, parazonium, gallischen Ursprungs aus vormerowingischer Zeit. Gefunden bei Sesto-Calende. Archäologisches Museum der Akademie in Mailand. Nach Viollet-le-Duc.

 Fig. 259. Formen des Sax ältester Zeit. Nach Beck, Geschichte des Eisens.

 

Die erstere ist von einer absterbenden Kultur ausgegangen, sie ist einfach, selbst schwerfällig und führt erst nach Jahrhunderten zu einer feineren Durchbildung. Die letztere ist das Ergebnis eines mächtigen Aufstrebens und gelangt in überraschend kurzer Zeit zu einer außerordentlichen Entwicklung, mit der sie zu verschiedenen Perioden den ganzen Okzident beeinflusst.

 

Wenn wir zur Beurteilung der Schwertformen zunächst die der Klinge ins Auge fassen, so müssen wir vorerst bemerken, dass sie von der Ausbildung der Technik wesentlich abhängig war. Wir finden demnach in den Händen der Völker am Ausgang der antiken Periode durchweg nur das Kurzschwert, das in mancher Beziehung dem Parazonium der Alten ähnlich ist. (Fig. 258.) Von Italien und Spanien bis in den Norden hinauf finden sich die Schwerter, welche Gräbern des 4. und 5. Jahrhunderts entstammen, mit kurzen Klingen von ganz ähnlichen Formen, eine Beobachtung, die sich auch auf die Griffe erstreckt. Die durchschnittlich 45 cm lange, meist kolbige, zweischneidige Klinge verbreitert sich gegen das zweite Drittel der Länge, um die Hiebwucht zu vergrößern und läuft spitz gegen das Ende zu.

Fig. 260. Langsax. Nach Beck, Geschichte des Eisens. Fig. 261. Scramasax. Nach Beck, Geschichte des Eisens. Fig. 262. Fränkisches Kurzschwert (Scramasax). Die einschneidige Klinge misst 34 cm Länge und 7 cm Breite. Der 17,25 cm lange Griff ist nahezu ganz

 Fig. 260. Langsax. Nach Beck, Geschichte des Eisens.

 Fig. 261. Scramasax. Nach Beck, Geschichte des Eisens.

 Fig. 262. Fränkisches Kurzschwert (Scramasax). Die einschneidige Klinge misst 34 cm Länge und 7 cm Breite. Der 17,25 cm lange Griff ist nahezu ganz zerstört. Die Lederscheide besitzt an der Schneideseite eine Verbreiterung, von der aus das Schwert an dem Gürtel befestigt wurde. Grabfund vor dem Burgtor in Andernach. Rhein. Provinzialmuseum in Bonn. Nach C. Koenen, in den Jahrbüchern des Vereins von Altertumsfreunden im Rheinland 1888.

 

Unter den Germanen, die das Schwert im gewöhnlichen Sinne erst von den Römern übernahmen, war anfänglich nur das Messer (sax, altd. sahs, angels, seax) zum Hausgebrauch bekannt, das später auch im Kampf dienen musste. (Fig. 259.) Es hatte ursprünglich eine gebogene Klinge, erst später formte man diese geradelaufend. Zweifelsohne wurde es im Gefecht auch geworfen. Die Krieger erachteten jedoch diese Waffe als zu wenig ihren Kräften entsprechend; sobald ihnen nur ein Schmied ein größeres Stück erzeugen konnte, regte sich der Wunsch nach einer längeren und schwereren Klinge. So entstand der Langsax mit einschneidiger, 3,5 bis 4 cm Breite und 40 bis 60 cm Länge. (Fig. 260.) Seine Form hat sich mit einigen Veränderungen in den Waidmessern erhalten. Auch der Langsax erschien dem Germanen zu leicht und wenig wirksam, der unausgesetzt nach einer gewichtigeren Waffe verlangte. Aus diesem Streben erwuchs das einschneidige schwere Kurzschwert, der Scramasax. Seine Klinge von 6,5 cm Breite und 44 bis 76 cm Länge hatte einen Rücken von 6 bis 8 mm Breite. Dimensionen, die der Waffe eine ungemeine Wucht geben mussten. Der Scramasax wurde darum auch an einem langen Griff mit beiden Händen geführt. (Fig. 261 und 262.) Das Kurzschwert im Beowulf wird Breitsax genannt, es scheint damit jedoch ein Scramasax bezeichnet zu sein. Eigentümlich ist den Klingen des Scramasax eine tiefe Blutrinne, die nahe dem Rücken entlangläuft. Die Form des Scramasax finden wir noch im 9. und selbst im 10. Jahrhundert in Bildwerken, welche auf byzantinische Herkunft weisen, wie am Porphyr Relief an der Markuskirche in Venedig (Fig. 263,) und in einem Diptychon im Domschatz zu Halberstadt.

 

Das einschneidige Hauschwert hatte unter den Germanen selbst sich herausgestaltet, das gestählte zweischneidige lange Schwert, so früh es auch bei ihnen Eingang gefunden hatte, übernahmen sie von fremden Völkern, wenngleich sein Name Spatha nordischen Ursprungs ist. In den Händen der Germanen erwuchs dasselbe zu größerer Länge und Schwere. In den ältesten Perioden seines Vorkommens konnte nur der Wohlhabende eine so mühsam gefertigte teure Waffe sich verschaffen; das blieb bis in jene Zeit, als unter den Germanen der Wohlhabende vornehm, der Arme gering wurde. Bereits unter den Merowingern war das Schwert nur eine Waffe des Vornehmen und das ganze Mittelalter hindurch galt dasselbe ausschließlich als ritterliche Waffe.

Fig. 263. Schwert aus dem Porphyr Relief, ein sich umarmendes Fürstenpaar darstellend, vor der Markuskirche in Venedig. Das Relief, angeblich aus Ptolemäus hergebracht, ist wohl byzantinisch. 10. Jahrhundert. Fig. 264. Schwert samt Scheide aus dem Grab de

 Fig. 263. Schwert aus dem Porphyr Relief, ein sich umarmendes Fürstenpaar darstellend, vor der Markuskirche in Venedig. Das Relief, angeblich aus Ptolemäus hergebracht, ist wohl byzantinisch. 10. Jahrhundert.

 Fig. 264. Schwert samt Scheide aus dem Grab des Königs Chilperich (gest. 584) stammend, in seiner jetzigen fachmäßigen Zusammenstellung. Knauf, Parierstange und Scheidenbeschläge sind aus Gold, mit rotem Zellenemail geziert. Die Klinge misst 48 cm. Musée du Louvre.

 Fig. 265. Fränkisches Schwert mit eisenbeschlagenem Griff. Klingenlänge 85 cm. Grabfund aus Kirchberg bei Andernach. Rhein. Provinzialmuseum in Bonn. C. Koenen in den Jahrbüchern des Vereins von Altertumsfreunden im Rheinland 1888.

 

Unter den Merowingern trug die Masse des Fußvolkes neben anderen Waffen, wie der Framea, einer Art Wurfspieß, und der Franziska, einer Wurfhake, den deutschen Scramasax. In der Reiterei führte nur der Vornehme ein Schwert, deren zweischneidige flache Klinge aber, um vom Pferd aus besser wirken zu können, eine Länge von 60 bis 70 cm hatte. Diese Reiterschwerter der Merowinger, von denen sich noch einige Exemplare in der Sammlung des Louvre, im Germanischen Museum zu Mainz u. a. O. erhalten haben, ist als Urform des späteren Reiterschwertes zu betrachten.

 

Eigentümlich ist den Reiterschwertern dieser Periode (um 580) der quer stehende, knebelförmige Knauf, das kurze Griffholz und die kurze gerade Parierstange. Die Scheidenbeschläge mit Mundbeschläge, Mittelbeschläge und Ortband lässt orientalische Einflüsse erkennen, die sich auch, wie an dem bekannten Schwert Chilperichs (gestorben 584) im Louvre, in der Form und Technik der Verzierungen aussprechen. (Fig 264.)

 

Ein Beleg für den steten Einfluss des Orients ist das Schreiben Theoderichs des Großen an seinen Schwager den König der Vandalen Thrasamund (um 520), worin derselbe für eine Sendung von Waffen, deren Klingen blank wie der Spiegel gefertigt und mit schönen Vertiefungen, wie kräuselndem Gewürm, geziert waren, seinen Dank ausspricht1. Das waren ohne Zweifel Arbeiten maurischer Werkstätten von der Nordküste Afrikas und wir erhalten hier die erste Kunde von einer Damaszierung der Klingen. Auch noch später werden „wurmbunte“ Klingen von Dichtern gepriesen. Aus dem Fund in einem langobardischen Fürstengrab von Civezzano2, der dem 8. Jahrhundert angehören dürfte, erweist sich, dass auch in dieser Völkerschaft das lange Schwert Eingang gefunden hatte. Die beiden Klingen sind breit, flach, haben eine durchschnittliche Länge von 75 cm und enden in stumpfer Spitze, die kurzen Griffe aber zeigen römische Formen.

 

Was die Griffform anbelangt, so finden wir neben den beschriebenen eine besondere, die sich unzweifelhaft aus ältester Zeit herschreibt und eben sowohl bei den nordischen, als den germanischen und fränkischen Völkern angetroffen wird. Diese Griffe sind häufig aus Bronze gebildet, sehr kurz, die Handlage besitzt quere Gliederungen, der untere Teil schließt mit einer Scheibe ab. Schwerter mit derlei Griffen scheinen in den damaligen Heeren allgemein geführt worden zu sein. Der Übergang von dieser Form zur Form der Griffe mit kleinen Parierstangen scheint erst im 8. Jahrhundert eingetreten zu sein. (Fig. 265.)

 

Vom 6. bis zum 7. Jahrhundert hatte die Klingenfabrikation im Okzident einen bedeutenden Aufschwung genommen; es erweist sich dies in der ausgezeichneten Güte des Stahles und der vorzüglichen Arbeit der aufgefundenen Klingen jener Zeit, die schon mit ganz regelrecht geformten Hohlschliffen ausgestattet sind. (Fig. 266.) Es ist bemerkenswert, dass die größte Menge der Klingen vom 5. bis ins 7. Jahrhundert mit abgerundeten Enden erscheint, ein Beweis, wie wenig Wert man in der Streitweise auf den Stich gelegt hat. Die Griffe des 7. Jahrhunderts sind noch auffallend kurz, kaum für die Faust ausreichend, mit Knäufen, welche bereits in die Form einer aufrechtstehenden halben Scheibe übergehen, und geraden kurzen Parierstangen. Die Klingen messen in der Länge bis zu 85 cm und darüber. So stellen sie sich nicht allein im Psalterium aureum und anderen Handschriften des 8. Jahrhunderts, sondern auch in Originalen dar. (Fig. 267.)

 

1Cassiod., Variar. lib. V. Epist. 1. Gay V. Glossaire archéol. Alemelle.

2Ferdinandeum in Innsbruck.

Fig. 266. Schwert aus karolingischer Zeit mit silberbeschlagenem Griff und silberner oval gebildeter Parierstange. Die Klinge besitzt einen der ganzen Länge nach laufenden Hohlschliff. Sammlung Graf Nieuwerkerke. Nach Viollet-le-Duc. Fig. 267. Schwert mit

 Fig. 266. Schwert aus karolingischer Zeit mit silberbeschlagenem Griff und silberner oval gebildeter Parierstange. Die Klinge besitzt einen der ganzen Länge nach laufenden Hohlschliff. Sammlung Graf Nieuwerkerke. Nach Viollet-le-Duc.

 Fig. 267. Schwert mit Scheide und Gehänge. Von einer Miniatur aus der Bibel Karls des Kahlen (860—875). Nach Jacquemin.

 Fig. 268. Das Schwert des heiligen Stephan, Königs von Ungarn. Der Knauf und die kreisrunde, oben abgeplattete Scheibe aus Elfenbein zeigen frühromanisches Laubwerk. Die flache, 109 cm lange Klinge lässt noch Spuren einer Inschrift erkennen. Anfang des 11. Jahrhunderts. Schatz von St. Veit in Prag.

 

Fig. 269. Schwert eines französischen Befehlshabers aus einer Miniatur in einem Codex der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts in der Nationalbibliothek in Paris. Nach Jacquemin. Fig. 270 a. b. Schwertformen aus dem Teppich von Bayeux. Ende des 11. Jahrhun

 Fig. 269. Schwert eines französischen Befehlshabers aus einer Miniatur in einem Codex der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts in der Nationalbibliothek in Paris. Nach Jacquemin.

 Fig. 270 a. b. Schwertformen aus dem Teppich von Bayeux. Ende des 11. Jahrhunderts.

 

Im Allgemeinen erscheint das Schwert anfänglich nur als ein Werkzeug zum Verletzen und nicht auch als ein solches, um sich vor der Verletzung des Gegners zu schützen. Darum besitzen die ältesten Schwerter nur Griffe ohne oder mit nur sehr kurzen Parierstangen ja die ältesten haben an dieser Stelle nur Scheiben oder Knäufe. (Fig. 268.) Erst mit der Entwicklung der Fechtkunst wurde bei der Form des Griffes auf den Faustschutz Bedacht genommen. Die Fechtkunst kam aber erst in den ersten Kreuzzügen in Aufnahme; auch sie ist orientalischen Ursprungs.

 

Die innere Festigung des germanisch-gallischen Staatswesens unter Karl dem Großen wirkte ungemein fördernd auf die Entwicklung der Künste und Handwerke. Dazu trug nicht wenig der stetig zunehmende Verkehr mit dem Orient bei. Dieser Einfluss macht sich, wie überhaupt in der Kunsttechnik, auch in der Klingenfabrikation deutlich erkennbar. Aus Syrien wanderten die ebenso geschickten wie emsigen Kunsthandwerker, darunter die Klingenschmiede, nach Europa und begannen anfänglich an den Küsten Siziliens und Spaniens eine reich sich lohnende Tätigkeit. Dieser Tatsache ist es zuzuschreiben, dass wir bereits am Ende des 8. Jahrhunderts Klingen von einer so kunstvollen Ausführung erblicken, wie sie in christlichen Ländern selbst bis ins 15. Jahrhundert nicht übertroffen wurde. Wir finden in der Miniatur einer Handschrift der Nationalbibliothek in Paris aus der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts in den Händen eines fränkischen Befehlshabers ein Schwert mit kelchförmigem Knauf, gerader Parierstange und einer sehr langen Klinge, welche einen bis ans Ende reichenden Hohlschliff besitzt. Innerhalb dieses bemerkt man Linien und Punkte angedeutet, welche vermuten lassen, dass mit ihnen bereits Durchlöcherungen, sogenannte „Giftzüge“ (alemelles à fenêtres) dargestellt sind; wie uns solche bisher nur in maurischen Klingen des 14. Jahrhunderts vor Augen kommen. (Fig. 269.) Im Teppich von Bayeux erscheinen die Schwertklingen von verschiedener Länge, übermäßig lang bei Vornehmen, etwa 60 cm bei Geringeren und Fußstreitern, meist spitz. Die Knäufe sind in Form einer halben Scheibe, die Griffe besitzen kurze, gerade Parierstangen und ein auffallend kurzes Griffholz. (Fig. 270a und b, 271.) Wenig später treffen wir schon mit dem scheibenförmigen Knauf die etwas nach abwärts gebogene Parierstange. (Fig. 272, 273, 274, 275.) Der Knauf in seiner scheibenförmigen Gestalt hatte nicht allein die Bestimmung, das Ausgleiten der Hand zu verhindern, sondern auch dem Gewicht der langen Klinge ein Gegengewicht zu bieten. Aus dieser Ursache werden auch die Knäufe in späterer Zeit immer massiver und schwerer. Im 12. Jahrhundert macht sich eine strengere Scheidung des Reiterschwertes von jenem des Fußgängers merkbar, insoweit man dem Fußknecht überhaupt das Führen eines Schwertes, das nur als eine Waffe des Adligen, des Ritters angesehen wurde, zugestand. Selbst in Italien, wo doch das Fußvolk überhaupt nicht so sehr missachtet wurde, führte dieses im 12. Jahrhundert nur Spieße. Diese Ausrüstung ohne Schwert erhält sich in der venezianischen Miliz bis ins 13. Jahrhundert. Vom Ende des 13. Jahrhunderts erscheinen auf den Klingen Marken, welche mit einfachen Gravierungen versehen sind, in welche Gold oder Silber eingeschlagen wurde, die einfachste Art von Tausia.

Fig. 271. Griff vom Schwert eines Normannen aus dem Teppich von Bayeux. Ende des 11. Jahrhunderts.

 Fig. 271. Griff vom Schwert eines Normannen aus dem Teppich von Bayeux. Ende des 11. Jahrhunderts.

 

Ein Beispiel aus der Zeit des Überganges vom 11. ins 12. Jahrhundert bietet uns das sogenannte Schwert des heiligen Mauritius, in der kaiserlichen Schatzkammer zu Wien, das trotz seiner sagenhaften Zueignung doch erst der Zeit Konrads III. (1093, folgte 1138, starb 1152) angehört.

Fig. 272. Schwert Kaiser Heinrichs II. des Heiligen (gest. 1024), aus dessen Missale vormals im Domschatz zu Bamberg. Kgl. Bibliothek in München. Nach Hefner, Trachten I, 2. Fig. 273. Schwert Wilhelms II. des Roten, König von England (1087—1100). Aus eine

 Fig. 272. Schwert Kaiser Heinrichs II. des Heiligen (gest. 1024), aus dessen Missale vormals im Domschatz zu Bamberg. Kgl. Bibliothek in München. Nach Hefner, Trachten I, 2.

 Fig. 273. Schwert Wilhelms II. des Roten, König von England (1087—1100). Aus einer Miniatur der Bibel von Canterbury. Bibliothek S. Geneviève. Nach Jacquemin Ikonographie.

 

Die federkräftige Klinge mit Hohlschliff trägt das Jerusalemer Kreuz in Silber tauschiert. Der Griff aus vergoldetem Silber mit pilzförmigem Knauf besitzt lateinische Inschriften. Das Zeremonienschwert der deutschen Throninsignien ebendaselbst wurde unter Heinrich VI. (1165, folgte 1190, starb 1197) in Sizilien gefertigt. Seine federkräftige Klinge mit flachem Hohlschliff trägt das Kreuzzeichen in Goldtausia. Griff und Parierstange sind in Email geziert, der Knauf ist jüngere Arbeit der Zeit Karls IV. Die prachtvolle, mit emaillierten Goldblechen und Lotperlen gezierte Scheide ist genauso gefertigt, wie der Mönch von St. Gallen schildert1. (Fig. 276.)

 

1„Das Schwert wurde erstlich von einer Scheide (von Holz), dann durch Leder, drittens durch sehr weißes, mit hellem Wachs gestärktes Linnen so umgeben, dass es mit seinem in der Mitte glänzenden Kreuzchen zum Verderben der Heiden dauerhaft erhalten werde.“ Monach. St. Gall. I. 34. Leitner, Die hervorragendsten Kunstwerke der kaiserl. Schatzkammer zu Wien.

Fig. 274. Schwert Gottfrieds I., Herzogs der Normandie. Nach einer Emailplatte von ca. 1150 im Museum zu Mans. Gazette des Beaux-Arts. 1886. Fig. 275. Kriegsmann mit Schwert nach einer Miniatur in einer Handschrift vom Ende des 12. Jahrhunderts. Königl. B

Fig. 274. Schwert Gottfrieds I., Herzogs der Normandie. Nach einer Emailplatte von ca. 1150 im Museum zu Mans. Gazette des Beaux-Arts. 1886.

 Fig. 275. Kriegsmann mit Schwert nach einer Miniatur in einer Handschrift vom Ende des 12. Jahrhunderts. Königl. Bibliothek im Haag. Nach Van der Kellen.

 

Fig. 276. Das Zeremonienschwert der deutschen Kroninsignien, gefertigt unter Kaiser Heinrich VI. (1165—1197). Maurische Arbeit aus Sizilien. Der Knauf ist jüngere Arbeit des 14. Jahrhunderts. K. u. K. Schatzkammer zu Wien. Nach Leitner. Fig. 277. Zweihänd

Fig. 276. Das Zeremonienschwert der deutschen Kroninsignien, gefertigt unter Kaiser Heinrich VI. (1165—1197). Maurische Arbeit aus Sizilien. Der Knauf ist jüngere Arbeit des 14. Jahrhunderts. K. u. K. Schatzkammer zu Wien. Nach Leitner.

 Fig. 277. Zweihändiges Schwert mit Ledergriff und Fassung aus Eisen aus dem 14. Jahrhundert. Auf der noch älteren Klinge von 151,5 cm Länge liest man in Majuskeln des 15. Jahrhunderts: „Genannt herr Dietrich von Berns schwert.“

 

Im 13. Jahrhundert erscheinen die Klingen bereits mit oft längeren Inschriften in gotischen oder lateinischen Majuskeln, eingraviert oder auch in Tausia, aber auch schon mit ins Gesenk geschlagenen Marken, durch welche der Meister bezeichnet wird. Die Inschriften enthalten entweder fromme Sprüche, sogenannte Waffensegen oder kabbalistische Anrufungen, welche besonders auf Passauer Klingen häufig angetroffen werden. Oft gibt die Reihe der Buchstaben gar keinen Sinn und erscheint als eine willkürliche Zusammenstellung von Buchstaben. Die häufig auf Klingen des 13. und 14. Jahrhunderts vorkommenden Buchstaben S. S. bedeuten Sacrificium Sanctum.

 

Seit der Zeit der Karolinger erhielt das Schwert eine hohe Bedeutung für den freien Mann. Man betrachtete es als einen Gegenstand der Verehrung, verlieh ihm Namen wie einem lebendigen Wesen und umkleidete es mit dem Zauber der Romantik. So hieß Rolands Schwert, das der Schmied Madelger von Regensburg fertigte, „Durandel“ (Durenda Durindane). Karls des Großen Schwert hieß Joyuse, das Turpins Almance, das Ganelons Mulagir, das Schwert des Königs Paligans hieß Preciose, das des Wilhelm von Oranse ebenfalls Shoyuse (Joyeuse). Siegfrieds Schwert hieß bekanntlich Balmung. In der Artussage finden wir gleichfalls mit Namen belegte Schwerter. Voran steht Caliburn, das Schwert des Königs Artus, gefertigt auf der Insel Avalon, wo die Fee Morgane hauste; es kam der Sage nach in den Besitz des Richard Löwenherz.

 

Um seinen Wert für den christlichen Sinn zu erhöhen, wurden in die Knäufe Reliquien von Heiligen gefasst; diese fromme Sitte erhielt sich bis ins 14. Jahrhundert. Nicht die Christen allein, auch die Araber widmeten ihren Schwertern eine hohe Verehrung und es waren besonders die Mauren, welche dem Kultus des Schwertes im hohen Grad huldigten.


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