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Das Königliche Historische Museum und die Gewehr-Galerie in Dresden

Wir haben uns die große Mühe gemacht, einen auf mehrere Artikel angewachsenen Bericht über die Dresdner Rüstkammer zusammenzufassen und als ganzen Artikel mit ergänzenden und erklärenden Links zu Begrifflichkeiten daraus zu machen. 1876 wurde die Dresdner Rüstkammer noch als "Königliches Historisches Museum" bezeichnet, worin aber die gleichen Ausstellungsstücke wie heute präsentiert werden. Damals lag der Schwerpunkt der Sammlung jedoch noch stärker auf die Gewehrgalerie. Heute ist die Ausstellung weiter thematisch gefächert, wie beispielsweise das inkludierte Münzkabinett neben der Ausstellung der sächsisch-königlichen Rüstungen.

 

Dieser historische Artikel soll einen Eindruck vermitteln, wie die damalige Dresdner Rüstkammer aufgebaut wurde und wo der Schwerpunkt der Ausstellung lag. Am Ende kann dieser Artikel als PDF kostenfrei heruntergeladen werden. Weitere Artikel über Waffensammlungen und Waffenkunde wollen wir demnächst veröffentlichen, da dies unser Veröffentlichungs-schwerpunkt für die 2. Jahreshälfte 2018 ist. Dieser etwas längere Artikel wird in unserem Blog sowie in dem Register "Rüstkammer" archiviert. Viel Spaß bei der Lektüre des Artikels.

Symbolbild einer Handfeuerwaffe mit Flintlock

"Die Allgemein Militärische Zeitung brachte in ihrem vorigen Jahrgang eine Besprechung der Waffensammlung im National-Museum in München, die damals viel Anklang gefunden hat. Zweck dieser Zeilen soll nun sein, die nach Dresden kommenden fremden Herren Kameraden zum Besuche der oben genannten beiden Sammlungen aufzufordern. Beide bieten des Schönen und Interessanten gar viel, man wird nicht leicht unbefriedigt dieselben verlassen.


Das Historische Museum war bisher in einem der Seitenflügel des Zwingers untergebracht, die Räume waren zur Ausstellung der Sammlung zwar wohl geeignet, hatten aber sonst gar manchen Nachteil.


Im Laufe dieses Herbstes und Winters erfolgte die Übersiedlung in den ersten Stock des am Neumarkt gelegten Johanneums. Dieses Gebäude, die alte Bildergalerie, wurde in den letzten Jahren vollständig restauriert. Es enthält im zweiten Stock die Gefäßsammlung und in dem mit dem Hauptgebäude zusammenhängenden Flügel, in der Auguststraße gelegen, die Gewehr-Galerie. Beide Sammlungen, die letztgenannte wie auch das Historische Museum, haben ja durchaus seinen exklusiv militärischen Charakter, bieten aber doch vieles, das gerade für den Militär interessant und lehrreich ist.


Das Historische Museum soll unter dem Kurfürsten Moritz (1547 - 53) gegründet sein, freilich wohl nur in sehr kleinen Anfängen, immerhin lassen sich aber einzelne Stücke bestimmt als schon in der genannten Zeit gesammelt bezeichnen.


Die einzelnen Stücke der Sammlung wurden teils von den verschiedenen Fürsten geschenkt, teils aus Privat- und Staatsmitteln für das Museum angekauft. Die spezielle Leitung desselben führt Herr Direktor Büttner, selbst ein gewiegter Waffenkenner und dabei ein sehr liebenswürdiger Erklärer und Führer für den, der seinen Rat erbittet.


Der sogenannte Entree-Saal des Museums enthält nur solche Kunstgegenstände, die von sächsischen fürstlichen Personen zum häuslichen Bedarf verwendet wurden und seine Waffen, man müsste denn ein kleines Geschütz, angeblich das Modell der "faulen Magd" auf dem Königsstein, dazu rechnen, doch scheint das Modell zu sehr friedlichen Zwecken, d. h. als Trinkgeschirr gedient zu haben.


Das zweite, das Jagdzimmer, enthält außer waidmännischem Gerät Gärtnerei- und Drechsler-Werkzeuge früherer sächsischer Herrscher sowie Tischmesser derselben.


Gleich am Eingang stehen 2 Federspitze, schon 1591 der Sammlung geschenkt. Außerdem sind hier eine Büchse, bei der ein liegender Hirsch das Deutsche Radschloss bildet und eine größere Anzahl Büchsen und Hirschfänger bemerkenswert, aber alles, wie gesagt, nur Jagdwaffen. Als Kuriosum dürfen hier mehrere Blasrohre nicht unerwähnt bleiben.


Dagegen bringt uns der nun folgende Turnier-Saal 15 vollständige Rüstungen zu Pferde sowie eine größere Anzahl zu Fuß. Es sind dies, mit nur einer Ausnahme, alles Turnier- und Parade-Rüstungen oder Harnische, 40-50 Kilogramm schwer. Zu fast allen sind die zugehörigen Waffen und Schmuckgegenstände ebenfalls vorhanden. Auch die Namen der einstmaligen Besitzer findet man bei vielen Rüstungen angegeben sowie die Zeit, in der sie getragen wurden.


Gleich zu Anfang hängen 13 Degen mit besonders schönen Gefäßen sowie zwei einzelne, der eine mit der Jahreszahl 1243, der andere mit 1379 bezeichnet, auf der Klinge des ersteren steht:


Espaer en Dieu
En toi moi fie.


Das Gefäß ist aber hier nicht so alt wie die Klinge, sondern es gehört dem 16. oder 17. Jahrhundert an.


Die Rüstungen sind sämtlich auf in Holz geschnitzten Pferden aufgestellt. Besonders bemerkenswert sind die des Kurfürsten Christian II., 1599 vom Waffenschmied Kollmann in Augsburg, einem der berühmtesten Meister seines Handwerks, angefertigt und mit schöner, in Eisen und Kupfer getriebener Arbeit versehen sowie eine Parade-Rüstung aus schwarz getriebenen Eisen mit Vergoldungen. Die Pferderüstung ist hier von älterer Arbeit, wahrscheinlich aus dem 14. Jahrhundert. Den Schluss der langen Reihe bilden zwei blanke eiserne Scharfrenner-Harnische, welche 1557 in Dresden gebraucht sind. Auf den 100 Kilogramm schweren Rüstungen sind deutlich die Spuren der Lanzenstöße zu sehen.


Zwischen diesen großen stehen einzelne Fußrüstungen, desgleichen gegenüber an der Längenwand des ganzen Saals. Alle erstgenannten wurden von Fürsten, die anderen von Rittern und Edelleuten getragen, bei diesen steht unter jedem die zugehörige Rossstirn. Turnier-Degen, große Parade-Schwerter, Turnier-Lanzen, Brechscheiben (zum Schutz der Hand), Schilde, Helme, Halskragen, Handschuhe und verschiedene kleinere Waffen sind an den Pfeilern und Wänden derartig befestigt, dass sie zu der davorstehenden Rüstung passen, eventuell dazu gehören. Besonders hervorzuheben sind eine eiserne, schön geätzte Tratsche (Rundschild), 1593 der Sammlung geschenkt, sehr sauber gearbeitete Helme und Sturmhauben sowie eine künstlich durchbrochene Grand-Carrousel-Lanze des Kurfürsten Johann Georg IV.


Der vorgenannte Saal gehört also mit seinem Inhalt in die Zeit des 13. bis 17. Jahrhunderts und enthält vorwiegend deutsche, dann aber auch französische, italienische und spanische Arbeiten, außerdem ein großes rot-seidenes türkisches Fahnentuch.


Der vierte, der Schlachtensaal, enthält Rüstungen leichterer Art, 25-30 Kilogramm schwer und schwerere Angriffswaffen zum Ernstkampf.


Auch hier sind an der einen Längenseite 15 große Pferde-Rüstungen aufgestellt, zwischen ihnen und gegenüber einzelne Fußrüstungen, Harnische und Kürasse, es befinden sich hier viele wertvolle, historische Stücke. Das älteste Stück ist wohl ein altes römisches oder deutsches Feldzeichen, bei dem aber Spitze und Stab aus dem 16. Jahrhundert stammen. Sodann sind hier besonders erwähnenswert eine den Moldauern im Türkenkrieg abgenommene Fahne von gelbem Damast, die Standarte der Pappenheim-Kürassiere, türkische Fahnen und Rossschweife sowie der Kommandostab des Grafen Pappenheim und des Grafen Tilly. - Derjenige des Königs Gustav Adolf von Schweden, früher hier vorhanden, wurde 1871 seiner Majestät dem König Albert bei seiner Ernennung zum Feldmarschall des Deutschen Reichs geschenkt, er trug ihn zuerst am 11. Juli, beim Einzug der Truppen in Dresden.


Die Rüstungen, die hier aufgestellt sind, gehören:

1) Herzog Georg (1471-1539)
2) Heinrich dem Frommen (mit der sogenannten Friesenkette aus dem Jahr 1500)
3) Kurfürst Johann Friedrich (in der Schlacht bei Mühlberg getragen)
4) und 5) dem Kurfürsten Moritz (eine bei der Belagerung von Magdeburg im Gebrauch gewesene)
6) und 7) Kurfürst August I. (eine mit dem Wahlspruch: semper suave, von blankem, die anderen von schwarzem Eisen)
8) Kurfürst Christian I. (ein Nürnberger Meisterstück)
9) Kurfürst Christian II.
10) Kurfürst Johann Georg I.
11) Kurfürst Johann Georg II. (damals für 50 Reichstaler erstanden)
12) Herzog Wolfgang von Anhalt-Köthen (von diesem im Felde getragen)
13) Kurfürst Johann Sigismund von Brandenburg
14) Herzog Friedrich Wilhelm von Altenburg (1604 gekauft)
15) König Gustav Adolf von Schweden (3 Tage vor der Schlacht von Lützen zuletzt getragen).
Die Harnische und Feld-Kürasse sind meistens Eigentum sächsischer und fremder Fürsten, darunter u.a. König Eduard VI. von England (1537-1553), gewesen, deren Namenszüge sie auch oft tragen, einzelne haben auch privaten Menschen gehört.


Von den sehr zahlreichen Schwertern sind besonders zu erwähnen: ein altdeutsches einhändiges Schwert, circa 4,5 Kilogramm schwer, die Klinge ist 1,40 Meter lang und 0,10 Meter breit. Es wurde 1115 bei Mansfeld ausgegraben, gehörte dem schwäbischen Ritter Konrad Schenk von Winterstetten und enthält in einem gelben Metallmesser den Spruch:


"Churrat vil vorder shenke
Hie bi du min gedenke
Von Vinterstetten hoh gemut
La ganz dahaine iisenhut."

 

Zweihändige Schlachtschwerter mit gerader und geflammter Klinge (eins von Juan d'Austria in der Schlacht von Lepanto 1571 geführt), dreischneidige Panzerstecher, Spieße, Hellebarden, Partisanen, Wurfspieße, Dolche, Pistolen (Puffer), Pulverflaschen, Panzerhemden und vieles mehr sind an den Wänden befestigt und bilden den Hintergrund der vorhin genannten Rüstungen. Auch Spontone, die von den Offizieren bis 1806, von den Unteroffizieren der sächsischen Armee aber bis 1814 getragen wurden, sind hier vorhanden, besonders zahlreich sind die Hellebarden, Exemplare aus fast aller Herren Länder sind darunter. Vom Kurfürsten Moritz werden das durchschossene Wams und die als Verband benutzte Feldbinde hier aufbewahrt. Erwähnenswert sind ferner mehrere Degen mit Pistolen, Dolche mit Federn, Streithammer, ein kammartiger Dolch zum Festhalten der Klinge des Gegners sowie die großen Richtschwerter.


Den historischen Wert sind endlich das kleine Reitschwert des Grafen Tilly, der Reiter-Degen König Wilhelms III. von England, eine Schwertklinge vom Zaren Peter II. und ein Schlachtschwert Kaiser Karls IV. Auch einzelne Musketen mit Radschlössern und ein Falkonett, die streng genommen nicht hierher gehören, finden sich im Schacht-Saal aufgestellt und, wunderbarerweise, auch in Seeland und Jütland gefundene Steinwaffen und Gerätschaften. Passender wie diese erscheinen die vorhandenen Hussiten-Waffen, Schilde, Armbrust und Bolzen sowie Ziskas Porträt. Als Kuriosa figurieren hier ein aufgeschnittener Reiterstiefel aus der Schlacht von Kesselsdorf, das von August dem Starken 1711 zerbrochene Hufeisen, Schandmaske und Henkersporne.


Die beiden genannten Säle bieten mit ihrem geschmackvoll und durchweg systematisch aufgestellten, höchst wertvollen Inhalt ein einziges Bild, das jedem Besucher imponieren muss. In dieser Art wird die Aufstellung in den neuen Räumen nicht möglich sein, wenigstens kann der Anblick nicht einen so großartigen Eindruck gewähren.


Ein Übelstand darf aber hier nicht unerwähnt bleiben, es ist das gänzliche Fehlen eines offiziellen Kataloges. Man erhält nur in der Stadt, nicht im Museum, einen Privatkatalog, allerdings richtig und ausführlich, der auch diesem Artikel zugrunde gelegt wurde. Vielleicht bringt der neue Raum endlich einen Katalog mit.


Das nun folgende Pistolen-Zimmer enthält alle Arten Feuerwaffen, mit wenigen Ausnahmen, aus der Zeit vom 15. bis 18. Jahrhundert und meist an Läufen, Schlössern und Schäften reich verziert. Die eigentliche Pistolensammlung ist in ihrer Art einzig und hoch interessant.


Das älteste Stück dieses Zimmers ist wohl ein auf Java aufgefundenes bronzenes Feuerrohr, von hinten mittelst einer bronzenen, patronenartigen Hilfe zu laden und durch einen nicht vorhandenen Querbolzen oder Keil geschlossen. Am hinteren Ende des Geschützes ist eine eiserne Angel befestigt. Sodann folgt die sogenannte Mönchsbüchse, ein Faustrohr, dessen Ladung durch die Reibung einer Feile auf einem Schwefelkies entzündet wird. Jedenfalls stammt sie aus der Zeit vor Gründung des Radschlosses und ist ein wertvolles Stück der Sammlung. Um eine inmitten des Zimmers befindliche Säule herumstehen Doppelhaken und Wallbüchsen mit Luntenschlössern, teilweise von sehr primitiver Arbeit sowie Luntengewehre der kurfürstlichen Garde aus dem 15. Jahrhundert und zwei französische Lunten-Musketen. Sodann sind erwähnenswert eine Anzahl Schießgabeln, zum Teil mit Panzerstechklingen, Pfeife oder Streithammer versehen, auch eine ungarische Hacke mit verborgener Klinge.


Eine Armbrust, 1815 in Paris von den Preußen erobert, sodann durch Tausch hierhergekommen, Ballisten (Steinschleudern) hängen an verschiedenen Stellen. An der Querwand stehen 42 lange Musketen, im 16. Jahrhundert von den Gabelschützen geführt, im Kolben die Kugelbehälter sowie drei Falkonette auf hölzernen, mit Rädern versehenen Lafetten. Eins der letzteren, aus dem Jahr 1516 stammend, ist ein Hinterlader. Neben diesen stehen, seltsam kontrastierend, die vollständigen Modelle eines alten 6-Pfünders und einer Haubitze, ihrer Zeit zur Übung für die königlichen Prinzen angefertigt. Die Wände des ganzen Zimmers sind reich verziert und bedeckt mit in verschiedenen Figuren angebrachten Pistolen und Pulverflaschen aller Arten. Die besseren Exemplare sind in Glaskästen und Schränken aufbewahrt und hier besonders erwähnenswert:


Ein Paar altdeutsche Puffer in kupfernen, stark vergoldeten Schäften, die hohlen Knöpfe öffnen sich durch Federdruck. Ein Paar altdeutsche Puffer des kurfürstlichen Moritz, mit Bildern der Geschichte des Neuen und Alten Testaments in Silber und Elfenbein, auf den Knöpfen in Blei die Inschrift:

 

"Betrachte diese historia, brauch sie wider die Feinde Christi und brauchs du si anderst, we dir."

 

Zwei Pistolen Karls XII., in Nussbaum geschäftet und vor Friedrichshall im Gebrauch gewesen. Ein Paar lange in Zedernholz geschäftete Pistolen mit schön ausgeschnittenen Figuren, deren Gesichter, Arme und Beine aus Elfenbein gefertigt sind. Vier der berühmten Lazarino-Cominazzo-Pistolen, in Brescia gefertigt, teils mit deutschen Radschloss, teils mit französischen Feuerschloss, Nussbaumschäftung mit in Stahl geschnittener Verzierung. Zwei Pistolen Ludwigs XIV. mit gezogenen Läufen und Elfenbeinschäftung. Ein Paar Windpistolen mit eiserner Kompressionspumpe. Zwei Flintenpistolen zum zweimaligen Abfeuern sowie mehrere Paar sogenannte Wendepistolen und solche, bei denen durch Verdrehung des Bügels die Ladung in den Lauf gebracht wird. Eine doppelläufige Pistole mit Halbschaft, der eiserne Ladestock mit breiter Spitze dient als Stichwaffe, unterhalb desselben eine messerartige Klinge, also eine Universalwaffe, 1704 von Leutnant von Schachtmann konstruiert. Es sollte damals eingeführt werden, wurde aber als unpraktisch verworfen.


Sodann zwei- und dreiläufige Pistolen, eine Pistole zu sechs und eine zu vier Schuss, alle mit Radschlössern versehen, gezogene Raketen-Pistolen, 1 Ferzerol mit aufgeschraubtem, gezogenem Lauf und vieles mehr.


Die vorgenannten Waffen bilden eine Geschichte des Radschlosses aller Länder, wie man sie vollständiger, ad Oculus demonstrierend, nicht leicht finden wird. Es gehören aber Wochen, nicht tage dazu, hier alles das zu sehen und zu studieren, was beim flüchtigen Besuch meistens übersehen wird.


Als Raritäten sind noch eiserne, mit Bleimantel überzogene Musketenkugeln, angeblich aus dem 15. Jahrhundert, eine eiserne Kartätsche, am 6. September 1831 von Woba bei Warschau auf die Russen abgefeuert und steinerne Kugeln aus dem Hussitenkrieg vorhanden.


Für das Pistolen-Zimmer kann, entgegengesetzt dem vorigen, eine anderweitige Ausstellung der Waffen nur von Vorteil sein, da jetzt in dem kleinen Raum zu viel vorhanden ist und eine einigermaßen genaue Orientierung, namentlich an Besuchstagen, sehr erschwert wird.


Das Sattel- und Kleider-Zimmer hat als Draperie das Zelt August des Starken aus dem 1730 abgehaltenen Mühlberger Luftlager, dessen seine damaligen Grenzen bezeichnende Spitzsäulen bei dem Dorf Zeithain man noch heute von der alten Leipzig-Dresdener-Bahn aus sehen kann. Der Saal enthält in zehn verschiedenen Glasschränken männliche und weibliche Kleidungsstücke der verschiedensten Zeiten, gut konserviert und sehr anschaulich geordnet. Sodann stehen an der Längenwand zehn Pferde mit verschiedenen, teilweise sehr reich mit edlen Steinen und Metallen besetzten Fahr- und Reitgeschirren älterer Zeit, darunter sehr schöne orientalische Exemplare.


Einzelne Geschirre, wertvolle Sättel, Heroldsstäbe, Parade-Äxte von Bergbauten, Preisgeschenke von Karussellen und seltsamerweise auch zwei Schäferstäbe sind an den Wänden befestigt oder im Saal aufgestellt. Es ist ein lebendiges, ansprechendes Bild der Glanz- und Prachtperiode des alten sächsisch-polnischen Hofes, das sich hier dem Auge des Betrachters darbietet und wohl Veranlassung zu Vergleichen mit unserer nüchternen, aber doch reelleren Zeit gibt.


Das nun folgende türkische Zelt ist drapiert mit Teilen eines vor Wien 1683 erbeuteten, einst dem Kara Mustafa gehörigen und von Johann Gobiesty dem Kurfürsten Johann Georg III. geschenkten Zeltes. Es enthält vornehmlich türkische, dann aber auch orientalische und andere Waffen und Rüststücke.


Janitscharen-Rohre mit damaszierten Läufen und spanischen oder Luntenschlössern, einige mit gezogenen Läufen, garnieren die Mittelsäule des Zeltes, dazwischen ein türkisches Musqueton mit spanischem Feuerschloss, eine spanische Flinte mit kantigem Lauf und ein spanischer Karabiner. In ihrer Nähe stehen ein Paar 1663 eroberte kupferne türkische Pauken und eine große Kamelpauke, mit Menschenhaut überzogen.


Ein türkischer Kommandostab mit silbernen Kettchen und Kugeln, türkische Spieße, Parade-Säbel und Dolche in teilweise mit Edelsteinen besetzten samtenen Scheiden, mit prachtvoll damaszierten klingen und kostbaren Griffen, bilden eine reiche Sammlung der Bewaffnung jener Zeit. Um das Bild zu vollenden, fehlen selbst die Trompeten und der große Janitscharen-Feldkessel mit dazugehöriger Schüssel nicht, der friedlich neben einer mit Halbmonden verzierten malaysischen großen Trommel steht. Aus der Heimat der letzteren sind Griffe mit geflammten, vergifteten Klingen, der Philippinen, die Scheiden mit getriebener Silberarbeit belegt und Messer aller Art vorhanden.


Indische Dolchmesser an elfenbeinernen, schön geschnittenen Griffen mit metallenen Verzierungen, eine schöne Partisane mit Rubinen und Saphiren, jüdische Säbel und ein Gewehr von Ceylon, der Schaft von Lindenholz und mit Silber beschlagen, der Lauf mit Silber eingelegt und mit französischen Feuerschloss, hängen friedlich neben drei Geißeln des Herzogs von Sachsen-Zeitz. Ein 1813 auf dem Schlachtfeld eines Baschkiren, japanische Bauchschneider, Bogen und Pfeile verschiedener Arten, chinesische und japanische Lanzen, Messer mit damaszierten Klingen und reich besetzten Griffen.


Diese Schilde und Spieße repräsentieren die verschiedenen Völker Asiens und des Orients. Ein türkisches und ein persisches Panzerhemd, ein chinesischer eiserner und ein vergoldeter persischer Helm sowie türkische Schilde und eine japanische Rüstung von Fischbein zeigen uns Schutzwaffen jener Völker. Rossschweife, zwei türkische Strangulierschnüre und zwei Handgranaten, von denen eine aus Jaspis angefertigt, mögen hier noch zum Schluss erwähnt werden.


Das achte und neunte, das Indianische Zimmer, enthalten die ethnologische Sammlung, die größtenteils jetzt von dem Historischem Museum abgetrennt wird, hier also nicht weiter erwähnt werden soll.


Das letzte Zimmer, der Parade-Saal, enthält einige Rüstungen, Waffen und Reitzeuge sowie Kleinigkeiten aus der neueren Zeit. Eine Parade-Pferderüstung, in Stahl getrieben und vergoldet, ist das Prachtstück dieser Abteilung, gefertigt in Augsburg im 16. Jahrhundert. Die großen, nicht vergoldeten Medaillons der Pferderüstung enthalten die Arbeiten des Herkules en Relief, das Bruststück die Einnahme von Troja. Neben dieser steht eine massive, silberne Fußrüstung, 1590 für den herzog Christian von Anhalt angefertigt und eine halbe silberne Rüstung, um dieselbe Zeit für den Kurfürsten Christian I. gearbeitet.


Rossdecken, Maultier-Zaumzeug, tatarisches und türkisches Reitzeug August des Starken, beide mit Edelsteinen geschmückt, ein Reitzeug von blauem Samt, in desgleichen Carmoisin mit Goldstickerei und ein desgleichen grün mit kleinen orientalischen Perlen gestickt, zeigen den Luxus, der in damaliger Zeit mit Pferde-Ausrüstungen getrieben wurde. Standarten der ehemaligen polnischen Chevalier-Garde (1734 aufgelöst), Rossbedeckungen und Seitengewehre der Janitscharen im Mühlberger Luftlager, vergoldete Ringkragen (darunter ein preußischer) und alte Dragoner-Pallasche mit gestickten Wehrgehängen und Gürteln zeigen uns hier die Bewaffnung alter, nicht mehr bestehender Truppenteile, während die Kadetten-Degen noch heute in Sachsen von ähnlicher Form getragen werden. Die Felder des Saals enthalten die Wappen sämtlicher Provinzen des alten Kurfürstentums Sachsen und Königreichs Polen in farbiger Ausführung, unter denselben sind Trophäen von den schon genannten Waffen sowie einzelne andere Prachtstücke. So ein Rapier mit einer Uhr in rosenförmigem Knopf, desgleichen ein Dolch, beide mit spanischer Klinge. Sodann wundervoll in Eisen geschnittene Degen- und Rapiergriffe und Gefäße, bei denen auch von den kleinsten Figuren die Gesichter deutlich erkennbar sind, wahrhafte Meisterstücke in ihrer Art. Das große Lehenschwert, von Karl V., 1547, dem damaligen Herzog Moritz von Sachsen geschenkt, in silberner Scheide. Die Klinge enthält die Worte:

 

"Mein leben und endt - Steht alles in Gottes hendt.
Wer mit dem schwert ficht - So werden mit dem schwert gericht."

 

Dicht daneben ein Schwert mit Kristallknopf in rot-samtener, mit Silber durchbrochener Arbeit besetzter Scheide und mehrere Kommandostäbe.


Zwei Kurschwerter und ein vom Papst Benedikt XIII. geweihtes Schwert, eine Kollation Säbel, teils in Scheiden von grünem, teils von rotem Samt, reich mit Edelsteinen besetzt, Waffen der ehemaligen Chevalier-Garde. Drei Degen August des Starken, zwei von Peter dem Großen, einer von Karl XII. und einer von Friedrich II., dieser noch mit dem verbrauchten schwarz-silbernen Portepee. Von Kaiser Napoleon I. sind keine Waffen, wohl aber seine Krönungsschuhe, die in der Schlacht bei Dresden getragenen Reitstiefel und ein Feldstuhl vom Rückzug aus Russland vorhanden. Hellebarden, Spontone, Partisanen und Seitengewehre der alten Schweizer-Garde bilden, auch trophäenartig geordnet, den Schluss, vermischt mit silberplattierten Gürteln der früheren Kammer-Mohren. In einem Glaskasten befinden sich noch drei echte Toledo-Klingen, ein Ehrendegen des Generals Aster und ein Ehrensäbel, von der sächsischen Armee 1815 dem General Le Cocq geschenkt.


Wie das Historische Museum, so bietet auch diese Sammlung dem Militär und Waffenfreunde viele interessante Gegenstände, die allerdings, mit Ausnahme einiger wenigen neueren Hinterladungsmodelle, ausschließlich zu Jagdzwecken benutzt worden sind. Der vorhandene offizielle Katalog ist sonderbarerweise vom Inspektor des Grünen Gewölbes verfasst, obwohl der Kustos der Gewehr-Galerie, Herr Hänisch, dessen Vorfahren schon in verschiedenen Generationen in dieser Stellung gewesen, ein tüchtiger Waffenkenner, noch heute mit seinem Sohn der Sammlung vorsteht und auch den eigentlichen Sammlungs-Katalog zusammenstellt. Doch das gehört ja, strenggenommen, gar nicht hierher. Ein Seitenflügel, das Langhaus, des alten, in der August-Straße gelegenen Stallgebäudes enthält in seinem oberen Stockwerk die Gewehr-Galerie, die Außenseite schmückt der in Sgrassito-Manier ausgeführte sächsische Fürstenzug.


Nach dem Katalog sollen die ersten Anfänge der Sammlung schon 1593 erwähnt sein, als das Armbrust-Schießen im neuen Stallgebäude Aufnahme fand. August der Starke ist jedoch der eigentliche Gründer der Gewehr-Galerie, der sie zu einer der Belehrung gewidmeten Sammlung umschuf. Sie umfasst circa 1800 Stück Feuerwaffen, Windbüchsen, Armbrüste (sogenannte "Rüstungen"), Schnepper, andere Jagdgerätschaften und Kuriositäten.


Man findet Systeme und Arbeiten aus aller Herren Länder, meistens allerdings der Luxusbranche angehörig. Die Ausstellung in einem langen Saal in Schränken, an Gestellen und auf Tischen ist zwar im Allgemeinen übersichtlich geordnet, doch wird es dem genauen Beobachter schwer, die in den Schränken teilweise sehr hoch hängenden Waffen genau zu besichtigen, - ein Umstand, der allerdings wohl nur dem Raummangel zuzuschreiben ist.


Sehr beachtenswert ist die im Katalog der eigentlichen Beschreibung vorausgesetzte Geschichte der Feuergewehre, die dem Laien eine gedrängte Übersicht der in diesem Fach gemachten Erfindungen und Fortschritte darbietet.


Die Wände des Saals schmückt eine Ahnengalerie der sächsischen Fürsten, vielfach allerdings ohne geschichtlichen Halt, bei jedem Bild ist eine kurze biografische Unterschrift.


18 große Schränke an beiden Längenseiten enthalten nun, angeblich nach Herkunft und System geordnet, die verschiedenen Feuer- und andere Jagdwaffen. Wer die Sammlung eingehend besichtigen will, gehe nicht an den sogenannten Besuchstagen, sondern lasse sich führen. Der Kostenaufwand steht in keinem Verhältnis zu dem wirklichen Genuss, den man dann empfinden wird, namentlich da die Erklärungen der Führer hier nicht in der bekannten und beliebten Schablonenmanier gegeben werden.


Der erste Schrank enthält 63 Doppelflinten und acht Paar Pistolen, alle französischer Arbeit. Besonders bemerkenswert ist ein sogenannter Bock mit zwei nebeneinander festliegenden Läufen und zwei Schlössern, sehr reich verziert, sowie eine Doppelflinte, deren hohler Kolben einen Rickfänger mit Bajonett-Tülle enthält. Die Gewehre sind alle halbgeschächtet und, wie noch heute die französischen Jagdwaffen, die Kolben ohne Backen gearbeitet. Die langen, eigentümlich geformten Läufe sind aus feinem, weichem, aber zähem Eisen geschmiedet. Alle sind vielfach gebraucht, wie man an den teilweise sehr eingeschossenen Läufen deutlich erkennen kann.


Einfache französische Flinten und Pistolen birgt der zweite Schrank. Die Arbeit ist ähnlich den vorigen, auch sie zeichnen sich durch große Leichtigkeit und gefällige Formen aus. Einige Schlösser sind Dresdner Arbeit, wohl bei einer neuen Montierung hier angefertigt. Unter den 85 Flinten ist eine mit blau angelassenem Lauf, deren Ornamentierung ein wahres Kunstwerk zu nennen, sowie sechs von der Königin geführte, besonders leichte Flinten und ein, bei der der Lauf statt mit Stiften durch Schieber am Lauf befestigt ist, vorzugsweise zu nennen. 29 Paar Pistolen, von denen Nummer 12 zum Geschwindfeuer eingerichtet ist, mehrere sehr reich verziert, füllen den Schrank aus. Die vorgenannten Waffen führen sämtlich das gegen die Mitte des 17. Jahrhundert eingeführte Batterieschloss. Bei demselben sind Hahn, Pfanne, Pfannendeckel und die Batterie mit der Feder an der Außenseite, Ruß (mit zwei Rasten), Studel, die durchgehende Rußwelle, Stange mit Schnabel und Feder sowie die Schlagfeder im Inneren des Schlossbleches befestigt.

 

Die spanischen Waffen im dritten Schrank, aus den letzten beiden Jahrhunderten stammend, sind schwerer, der Kolben ist eckig, die geschmiedeten Läufe meist achtkantig gefeilt, am hinteren Ende rund mit Querreifen. Eine besondere Eigentümlichkeit ist das hier häufig vorkommende Schnappschloss, von denen das älteste Exemplar mit der Jahreszahl 1540 sich in Ettersburg bei Weimar befindet. Man trifft es auch häufig bei orientalischen Gewehren. Alle Teile des Schlosses, mit Ausnahme der Abzugsvorrichtung und Feder, sind an der Außenseite des Bleches befestigt, der Hahn schnappt beim Spannen hinter den hervortretenden Zapfen ein. In ältester Zeit wurde Schwefelkies, dann aber auch der Feuerstein als Füllung der Hahnlippen angewendet. 54 Exemplare, teilweise Geschenke spanischer Könige, vielfach mit goldenen Körnern und in Gold verschraubten Zündlöchern, reich und geschmackvoll verziert, bilden eine hübsche Kollektion der spanischen Waffenschmiedekunst. Auch hier sind viele von Dresdner Büchsenmachern umgearbeitet und mit französischen Schlössern versehen, die sechs Paar Pistolen sind ebenfalls spanische Arbeiten.


Als neueste Akquisition sind hier noch eine Flinte und ein Paar Pistolen mit sehr schöner silberner Garnitur zu verzeichnen.


Von den berühmtesten Meistern Italiens enthält der folgende vierte Schrank 51 Flinten, zwei Musquetons und 14 Paar Pistolen. Besonders die Metallteile sind hier sehr sorgsam gearbeitet, bei den Schlössern ist Stellung und Form des Hahns von den französischen abweichend: gedrückter Hals und runder Rumpf. Die durchbrochene und ausgehauene Arbeit an den Metallteilen ist sehr beachtenswert, leider ist auch hier vieles später umgearbeitet und sehr entstellt worden. Bei den Pistolen ist die ursprüngliche charakteristische Arbeit noch mehr vorhanden. Auch unter ihnen findet man höchst kunstvoll ausgestattete Exemplare, teilweise mit in hohem Relief verschnittener Arbeit von Lazarino Cominazzo. Es ist schwer, einzelne Exemplare des italienischen Schranks herauszugreifen, wozu leider der Raum mangelt.


Schrank fünf bringt aus aller Herren Länder eine Mustersammlung kostbarer Flinten und Pistolen sowie solcher aus der Rokokozeit, die durch ihre eigentümliche Ausstattung und Verzierung interessant sind. 67 Flinten, unter ihnen sieben gezogene, sowie eine Büchse und eine Doppelbüchse (Wender) zeigen uns hervorragende Arbeiten aus Suhl, Sondershausen und anderen deutschen Städten, aus Frankreich, Russland, England, Holländisch-Indien und Belgien, auch spanische Läufe in Dresden montiert.

 

Eine indische Flinte mit einem 2,38 Meter langen Rohr, ein Gewehr mit Mörseransatz, in Gotha gefertigt und besonders erwähnenswert, auch die schon genannte französische Doppelbüchse (ein Geschenk Napoleons I. an König Friedrich August 1808), ist als wahres Meisterstück der Büchsenmacherei zu bezeichnen. 32 Paar Pistolen in demselben Schrank entstammen ebenfalls den verschiedenen Ländern und Meistern.


56 Auerhahn-Flinten, 3 von ihnen gezogen, repräsentieren im sechsten Schrank eine eigentümliche Art von Jagdgewehren, mit weitem Kaliber, auf starke und grobe Ladung eingerichtet. Man findet unter ihnen vorzugsweise dänische und schwedische Arbeit, dann aber auch deutsche und eine türkische Flinte, fast alle in Dresden umgeändert oder neu montiert. Naben ihnen hängt, wohl eigentlich nicht hierher gehörig, ein Lefaucheux und ein Chassepotgewehr, während die anderen, früher hier noch vorhandenen Hinterlader eine andere Ausstellung fanden.


Außerdem findet man in dem genannten Schrank noch einige neuere, einfache und doppelte Perkussions-Jagdgewehre sowie 28 Paar Pistolen. Von den letztgenannten sind ein Paar musquetonartig gearbeitet, um Schwärmer aus ihnen zu schießen, und sodann die von Gustav Adolf bei Lützen geführten Pistolen als historisches Andenken zu nennen.


Der siebente und achte Schrank enthalten 173 einfache Jagdflinten von verschiedener Arbeit und 54 Paar Pistolen. Es befinden sich unter ihnen Arbeiten von den berühmten Meistern, meistens Deutsche und Niederländer, auch viele schön damaszierte türkische Rohre, mit Edelsteinen, Korallen und Perlen besetzt. Bei dem größeren Teil dieser Waffen sind die Schäfte, wie auch die Rohre und Beschläge mit sauber ausgeführten Ornamenten verziert.


"Inventions-Gewehre und Jagdgerätschaften" lautet die Inschrift des neunten Schranks. Wir finden hier vor allem die Windbüchse in mehreren Exemplaren vertreten, die in der Armee wohl nur Ende vorigen Jahrhunderts versuchsweise in Österreich eingeführt war, auch im Tiroler Krieg 1809 Verwendung gefunden haben soll. Das hier vorhandene Exemplar, als Tiroler Scharfschützen-Windbüchse bezeichnet, hat den Windbehälter im Kolben. An dem gezogenen Lauf befindet sich eine messingene Röhre als Kugelbehälter, aus welchem durch einen Federdruck die Kugel in den Lauf und vor das Ventil gebracht wird. Die nächste Windbüchse enthält den Rezipienten, an der linken Seite angeschraubt. Bei einer weiteren ist der eiserne Lauf mit Messing ausgeschraubt, fünf haben ganz messingene Läufe, die Windbehälter liegen entweder im Kolben oder sind angeschraubt.

 

Zwei in Darmstadt gefertigte Exemplare sind zu Spitzkugeln eingerichtet, auch Dresdner Fabrikate sind in fünf Windbüchsen vorhanden. Zwei endlich, in Ehrenbreitstein konstruiert, sind zum Schießen mit Pulver und Wind eingerichtet. Man schraubt dann ein Zündloch auf und sperrt mittelst eines Wirbels auf der linken Seite des Schaftes den Wind ab. Eine ganze Reihe von Hinterladern repräsentiert sich nun neben den vorgenannten Windbüchsen. Ein mit B. Paris bezeichnetes Exemplar, mit Hirschfänger zum Aufstecken, lässt mit dem Bügel durch eine Drehung desselben die Kammer zum Laden öffnen, eine Danziger Büchse von Lagatz enthält zwei Röhren mit 40 Kugeln und dem zugehörigen Pulver. Auch hier wird durch Drehung des Bügels geöffnet, gleichzeitig aber die Ladung eingeführt, der Hahn gespannt und die Pfanne durch die Batterie geschlossen. Michael Lorenzonns hat ein ähnliches Gewehr mit 30 Schiffen konstruiert. Es ladet sich wie das vorige, dabei hebt eine Walze Pulver für die Pfanne aus, schüttet auf und spannt den Hahn.

 

Bei Segalas, London, schiebt man den Bügel zurück und klappt den Lauf herauf, gleichzeitig holt dann eine Schaufel Pulver für die Pfanne. Ähnlich hat Brien, Paris, konstruiert, man kann hier neunmal in der Minute schießen. Es finden sich ferner Hinterlader aus Lübben, Paris, Liebstadt sowie zwei von unbekannten Verfertigern. Ein mit "Oger Leblan" bezeichnetes Exemplar wird mit einer Hilfe geladen, ebenso eine von A. Knoth verfertigten Büchse. Ferner ist eine Hinterladerbüchse mit eiserner Patrone vorhanden, an der letztgenannten sind Pfanne und Batterie befestigt. Ein in Amsterdam 1791 von Ertel verfertigtes und der Sammlung geschenktes Exemplar ist von sehr komplizierter Konstruktion. Eine Flinte mit vier unten auf einer Scheibe eingeschraubten Läufen, die sich durch einen am Bügel befindlichen Drücker drehen, von oben zu laden, trägt die Bezeichnung: "Losen".

 

Ein anderes Revolvergewehr zu vier Schüssen ist in Karlsbad gefertigt, ein ähnliches stammt aus der Türkei. Von David in Lüttich ist eine Flinte mit drei drehbaren Läufen vorhanden, jeder aber mit besonderer Pfanne und Batterie. Aus Bologna stammt eine einfache Flinte mit 20 Schüssen, die auch hier in zwei Röhren liegen. Es finden sich ferner acht Flinten verschiedener Konstruktion, meistens Büchsenmacher-Spielereien, mit zwei Schlössern und einem Abzug, mit Feder-Bajonett und vieles mehr. Sodann sind hier vorhanden 19 Paar Doppelflinten, eine perkussioniert, von Lebeda in Prag, eine Suhler Doppelbüchse, eine Federbüchse mit deutschem Schloss als Zierrat, deren eine Spiralfeder schlägt das Rad, ohne Anwendung von Pulver, vor. Stockflinten, eine Pistole zu sechs Schüssen, eine Peitsche mit Pistole mit Knopf, sehr kostbare und kunstvolle Waidmesser, Jagdhörner und Jagdgerätschaften aller Art vervollständigen das bunte Durcheinander, das in diesem Schrank herrscht. Weit übersichtlicher und für das Studium vorteilhafter würde es sein, hätte man bei der Aufstellung die Feuerwaffen, Gewehre und Pistolen gesondert, nicht mit den anderen Spielereien und Zubehörstücken zusammengebracht und hauptsächlich an eine schöne Dekoration gedacht, die bei derartigen Sammlungen doch erst in zweiter Reihe kommen darf. Denn wie passen z. B. die noch im Schrank vorhandenen 15 Blasrohre zu der 1852 konstruierten Krafftschen Spitzkugel-Büchse (Perkussions-Hinterlader) und der Perkussions-Doppelflinte König Friedrich August II., die mit sieben Paar Pistolen, einer Windpistole mit Messingläufen, in demselben Schrank friedlich vereinigt sind?


Der zehnte, elfte und zwölfte Schrank enthalten Büchsen mit französischen Schlössern und langen Anschlägen. Kamen auch unter den vorstehend erwähnten Waffen schon einzelne Exemplare vor, so ist dies doch die eigentliche Sammlung gezogener Waffen, die sich in den folgenden Schränken fortsetzt. 51 in Schweden und Deutschland gefertigte Büchsen, viele mit deutschen Stechschlössern und fünf Teschinken füllen den Schrank zehn. Ihnen schließen sich im Folgenden, elften, 67 weitere Exemplare an. Österreichische und deutsche Fabrikate sind vorherrschend. Eine von einem Bauer in Wolhynien 1739 gefertigte Büchse, die sich hier mit befindet, schließt ein 320 Gramm schweres Geschoss, das Rohr hat 100 Haarzüge. Schrank zwölf enthält 70 weitere Büchsen, von diesen stammen 12 Stück aus Suhl und bilden mit den im fünften Schrank vorhandenen Flinten und Pistolen derselben Verfertiger Garnituren von besonderem Wert, sowohl in Bezug auf die technische als auf die künstlerische Ausführung.

 

64 deutsche Büchsen bringt Schrank dreizehn, mit Ausnahme von zwei Exemplaren alle mit Radschlössern versehen, dieses in den verschiedenen Formen repräsentierend.


Ihnen schließen sich die im vierzehnten Schrank vorhandenen 92 Pirsch- und Scheibenbüchsen an, meistens aus dem 17. Jahrhundert stammend. Eine Büchse im vorigen Schrank, von August dem Starken geführt, wiegt 18,5 Kilogramm und schieß 65 Gramm Blei, eine andere im letztgenannten Schrank hat 2 Kaliber. In das mit Sternzug versehene größere Rohr kann ein kleineres, mit Rosenzug versehen, hineingepasst werden, auch die Spitzkugel findet sich hier schon vertreten. Fünf Teschinken, von denen zwei das kurländische Schloss (Rad und Schlagfeder außen) führen, sind den vorgenannten Büchsen beigefügt.

 

Fünf gleiche Waffen enthält der fünfzehnte Schrank, noch sind sie mit französischen Schlössern versehen. 84 weitere deutsche Pirsch- und Scheibenbüchsen mit ausgelegten Schäften schließen hier diese Sammlung ab, deren Ergänzung allerdings doch 91 Scheibenbüchsen des sechszehnten Schranks bilden. Diese, alle in Dresden verfertigt, mit Stechschlössern versehen, haben meist sechseckige Rohre und sind sehr sorgfältig gebaut. Besonders zu erwähnen wären außerdem noch eine Büchse mit viereckigem Geschosse und ein Paar gezogene Pistolen, von Joh. jos. Futter verfertigt.


48 orientalische Gewehre sind im siebenzehnten Schrank vorhanden, bei denen namentlich die schönen damaszierten Läufe eine große Mannigfaltigkeit reizender Muster repräsentieren. Der größere Teil ist in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts umgearbeitet, um bei Jagden benutzt zu werden.


Ein langes, glattes japanisches und ein altdeutsches Gewehr, beide mit Luntenschloss, gehören wohl eigentlich, strenggenommen, nicht hierher, eher dagegen drei größere und drei kleinere türkische Bogen mit Köcher und Pfeilen sowie ein Beduinen-Gewehr der neueren Zeit, dessen Rohr mit Draht umwickelt ist und ein Tscherkessen-Gewehr mit spanischem Schloss.


Von dem wohlbekannten und berühmten Kasseler Büchsenmacher Müller, Anfang des 18 Jahrhundert verstorben, enthält der letzte, achtzehnte Schrank, 59 Büchsen. Dieselben sind sehr sorgfältig gebaut, einfach gearbeitet (achtkantiges Rohr mit dreiviertel Drall) und haben ein deutsches Stechschloss mit Radel. Mehrere sind später mit französischen Schlössern versehen, viele zeigen, eingegraben, die Namen der früheren Besitzer.


Die Mittelreihe der ganzen Galerie füllen Tische und Gestelle, mit Waffen, Modellen und Zubehörstücken belegt, respektive belegt, mit ihnen untermischt einzelne Glasschränke. Wir finden hier namentlich die charakteristische Eigentümlichkeit Dresdens die Armbrust in den verschiedensten Exemplaren. Noch heute schießt ja hier nicht allein die uralte Bogenschützengilde, 1446 gegründet, nach dem Vogel, neuen, auch sonst muss in und um Dresden Jung und Alt mindestens jährlich einmal mit der Armbrust zum Vogelschießen, das in allen nur erdenklichen Restaurations-Gärten abgehalten wird. Wir sehen in der Galerie von den sogenannten ganzen Rüstungen, schwere Armbruste, bei denen die Sehne durch eine eiserne Winde gespannt wird, nur wenige Exemplare, die meisten sind leichtere, halbe Rüstungen. Die kleinen Armbruste, Schneppen, durch einen hölzernen Handhebel zu spannen, sind ebenfalls mehrfach vertreten. Es sind hier meistens alte Waffen, doch auch vereinzelt neuere, viele aus der in Dresden wohlbekannten Büchsenmacher-Familie Hänisch (der, wie erwähnt, auch der jetzige Inspektor angehört), teils imitiert, teils auch in neueren Mustern. Von weiteren Spielarten sind die sogenannten Balester, schon im Altertum als Steinschleudern bekannt und gebraucht, mit durch Stäbchen auseinander gehaltener Doppelsehne, in der Mitte mit korbartigem Geflecht, sind vorhanden. Sodann die in späterer Zeit gebrauchten Flinten- oder Pistolenschnepper, mit verdecktem Lauf zum Schießen mit Kugeln eingerichtet.

 

Die beiden ersten Tische enthalten einige artilleristische und fortifikatorische Modelle aus der Hagerschen Sammlung, verschiedene Patronen und Geschosse, ein Bolzen-Assortiment und einen kleinen Schnepper neuerer Arbeit. Je 32 Vogel- und Wandschnepper sowie vier Fangeisen enthalten das folgende erste und zweite Gestell. Die Wandschnepper werden zum Schießen in gerader Richtung gebracht und weichen in ihrer Konstruktion von den erstgenannten Armbrusten ab, ihnen schließen sich am dritten Gestell 17 Rüstungen, deren Schäfte und zugehörigen Winden reich verziert sind sowie drei Balester an. 36 Büchsen finden wir im ersten Glasschrank, alle von deutschen Meistern, besonders schöne Suhler Waffen und eine merkwürdige alte Pulverflasche, mit einer Uhr versehen, vermutlich aus dem Anfang des 17. Jahrhundert stammend.


39 Fangeisen, zwei von ihnen mit Doppelpistolen versehen, enthält das vierte Gestell. 35 Büchsen, teilweise später perkussioniert, einige Miniatur-Waffenspielereien, ein Ballardsches Hinterladungsgewehr und mehrere Schnepper des danebenstehenden Glasschranks. Es folgen wieder drei Gestelle mit Rüstungen, Schneppern, Balestern und Fangeisen. Die älteste hier vorhandene ganze Rüstung datiert von 1554, einige zum Schießen mit Kugeln eingerichtet, haben messingene Läufe. Die zum Armbrustschießen nötigen Requisiten aller Art enthält der letzte Tisch, die zugehörigen Bolzen sind stets von demselben Holz und ebenso ornamentiert wie die betreffenden Waffen.


Das letzte, achte, Gestell führt uns den letzten Französischen Krieg lebhaft vor Augen, denn es enthält vor allem eine Mustersammlung erbeuteter Waffen. Die alte Wallbüchse, Hinterlader-Modell 31 und ein Vorderlader-Modell 42, der glatte Perkussions-Karabiner mit Bajonett-Modell 45, das Fußartillerie-Gewehr Modell 29, ein Karabiner Modell 36 und zwei Pistolen Modell 36, gezogen, und Modell 62 repräsentieren die Vergangenheit der französischen Armee-Bewaffnung. Chassepotgewehr und Karabiner, zwei Tabatiére- und zwei Snider-Gewehre, Joslin- und Spencer-Karabiner zeigen Waffen der regulären Truppen und der neuformierten Korps, die ja aus England und Amerika versorgt wurden. Ihnen schließen sich Lanzen, Infanterie-Seitengewehre, Degen, Säbel und Faschinenmesser aller Arten an. Jedenfalls eine interessante und lehrreiche Zusammenstellung, in der auch eine von Hänisch verfertigte Imitation des Gewehrs der Cent-Garde nicht fehlt, mit dem bekannten eigentümlichen langen Seitengewehr zum Aufpflanzen versehen.


Friedlich neben ihnen stehen System Dreyse, Modifikation Beck, für Infanterie, Füsiliere und Jäger, der modifizierte Chassepot-Karabiner Modell 73 sowie Deutschlands jüngste Kinder: Werder Modell 69 und Mauser Modell 71 für Infanterie und Jäger. Von der früheren sächsischen Bewaffnung ist der alte Perkussions-Vorderlader, noch 1866 im Gebrauch, sowie der Perkussions-Hinterlader, Karabiner besonderer Konstruktion vorhanden.


Aus der neueren Zeit findet man ferner Remington Modell 65, Dörsch und Baumgarten Modell 66, Albini-Brändlin, Wänzl Modell 67, Werndl Modell 67, ein Jagdgewehr System Einhorn, Beaumont modell 71, ein Zentral-Feuer-Revolver Modell 73, Betterli Repetiergewehr Modell 71 (nicht Militär-Gewehr), desgleichen Stahl Modell 73, Martini Modell 71, Sharps, Modell 59 und Modell 65, Comblain Modell 70, die spanische Berdan-Transformation Modell 67, Henry Repetiergewehr Modell 60, einen vom Heimerle in Prag konstruierten Hinterlader sowie endlich eine Coltsche Revolver-Flinte und den Perkussions-Hinterlader von Krafft Modell 52. Sind mit den vorstehend genannten auch noch nicht alle vorhandenen Systeme erschöpft, so ist es doch bei den nur geringen verfügbaren Mitteln der Galerie immerhin eine sehr anerkennenswerte Leistung, es so weit gebracht zu haben und darf wohl mit recht dem Herrn Hänisch ein großer Teil des Verdienstes zugeschrieben werden. Dass man auch noch durchaus mit dem weiteren Sammeln nicht abgeschlossen hab, beweisen die außerdem schon vorhandenen, noch nicht ausgestellten Waffen.


Es befinden sich darunter: Dreyse Modell 41, Milbank-Amsler, Reilly-Comblain, Spenver, Infanteriegewehr, Betterli, neuere Konstruktion und ein vom Hauptmann Länger in Lörrach konstruiertes "Zukunftsgewehr" mit Randzündung, dessen Einführung freilich problematisch erscheint.


Aus der allgemeinen Übersicht, die hier nur gegeben werden konnte, geht aber hervor, dass die Sammlung recht reichhaltig und für jeden Militär lehrreich ist, leider aber viel zu wenig gewürdigt und besucht wird, wobei allerdings der Besuch Neugieriger an den freien Entrée-Tagen nicht mitzuzählen ist."

 

Textquelle: Allgemeine Militär-Zeitung, Band 51, Darmstadt 1876

Bildquellen von oben nach unten:
"Geschichte der Schweiz, mit besonderer Rücksicht auf die Entwicklung des Verfassungs- und Kulturlebens von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Nach den Quellen und neuesten Forschungen gemeinfasslich dargestellt", 1884 Zürich.
"The Household History of the United States and its people" 1889, London.
"Gately's World's Progress. A general history of the earth's construction and of the advancement of mankind ... Edited by C. E. Beale. Édition de luxe" 1886, Boston.
"Gately's World's Progress. A general history of the earth's construction and of the advancement of mankind ... Edited by C. E. Beale. Édition de luxe" 1886, Boston.
"Illustreret Norges historie." [With plates.] 1885, Kristiania.

Symbolbild Handrevolver mit Trommel und Flintlock.
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