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Rossstirn

Rossstirne sind nicht nur eine modische Erscheinung der Pferderüstung, sondern hatten einen praktischen Nutzen. Bei den Turnieren waren die Augen der Pferde bedeckt, damit sie nicht sehen konnten, worauf sie zuritten. Damit waren natürliche Fluchtinstinkte der Pferde ausgeschaltet und der Reiter konnte sein Turnier abhalten. In einigen Fällen hatten Turnier-Rossstirne keine Augenöffnungen - die Pferde liefen blind.

 

Trotz ihrer Schönheit, wurden Rossstirne unter der Pferdedecke getragen und nicht offen gezeigt.  Des Weiteren waren sie dazu gedacht, bei Turnieren oder Gefechten die Köpfe der Tiere vor Turnierlanzen oder Hiebverletzungen etwas zu schützen. Einige Exemplare hatten auch eine Öse über der Stirn zum Einstecken eines Federbusches zur zusätzlichen Zierde.

 

Rossstirne sind zumeist aufwendig und nicht selten mit gleich hoher Qualität gearbeitet worden, wie die Harnischteile ihres Reiters.

Zwei Rossstirnen zu Prachtausrüstungen des Erzherzogs Ferdinand von Tirol, von ca. 1570.
Zwei Rossstirnen zu Prachtausrüstungen des Erzherzogs Ferdinand von Tirol, von ca. 1570.

Zwei Rossstirnen, zu Prachtausrüstungen des Erzherzogs Ferdinand von Tirol gehörend. Der prunkliebende Erzherzog hatte um 1570 zur Benutzung für seine Hofherren bei festlichen Aufzügen fünf reiche Ausrüstungen für Mann und Ross in Italien, zweifellos in Mailand, gekauft. Sie unterscheiden sich durch die Grundfarben: rot, gelb, blau, schwarz und aschgrau. Wenn auch durchwegs von ausgezeichneter Zeichnung und Ausführung, stehen doch nicht alle auf derselben künstlerischen Höhe.
Wir bringen hier von den geschmackvollsten dieser Festkostüme die beiden Rossstirnen. Dieselben sind in getriebener Arbeit geziert, die Blätterornamente sind vergoldet. Der Grund an den linksstehenden ist mit roter Ölfarbe bemalt, jener der rechtsstehenden silberweiß gehalten. Die Beschläge, Federhülsen etc. sind in feinem Ornament in Gold tauschiert. Die Rossstirnen mit der ersten Kanzfolge ausgestattet, besitzen halbe Ohrenbecher, schmale Augendächer und sind am Nasenbein spitz zugeschnitten.
Die Arbeit dieser beiden Stücke weist auf die Werkstätte des Lucio Piccinino in Mailand. Von sämtlichen dieser Ausrüstungen sind in den Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses noch gleichzeitige Abbildungen in Aquarell gemalt vorhanden.

 

Quelle Bildmaterial: Waffensammlung des Allerhöchsten Kaiserhauses. Waffensammlung Band 1 und 2. Einblick ins Buch hier.