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Der Soldat in der deutschen Vergangenheit Teil 17

Erstürmung einer Stadt. Holzschnitt aus Stumpf, Schweizerchronik. Zürich, Froschauer 1548.
Erstürmung einer Stadt. Holzschnitt aus Stumpf, Schweizerchronik. Zürich, Froschauer 1548.

Eine solche Bevorzugung des Kriegers könnte Wunder nehmen bei den Leiden, die damals ein Heereszug selbst für ein befreundetes Land mit sich brachte. „Einer lief nach Gänsen oder nach Hühnern und konnt sie der Hauptmann bei einander nicht erhalten.“ Ein Kriegsfürst, der den löblichen Ruf hatte, Disziplin zu halten, Landgraf Philipp von Hessen, sprach es gelassen aus, dass ein barmherziger Soldat und ein gottesfürchtiger Buhler schwerlich zum Ziele kommen. Vollends dem Feinde gegenüber, auch dem wehrlosen, war jede Willkür erlaubt; die Grausamkeiten, welche die Entstehungszeit der Landsknechte, die niederländischen Feldzüge kennzeichnen, haben fortgedauert. Furchtbar vor allem war das Geschick eines mit Sturm genommenen Platzes. Ihn den Siegern preiszugeben war altes Kriegsrecht, und das Schicksal der Einwohner kennzeichnen die trockenen Worte eines Zeitgenossen: „Welcher Geld hat, kummt davon, welcher nit, muss henken oder sunst zu Tod geschlagen werden.“


Aber das Maß der Humanität war damals ein anderes und im Vergleich mit anderen, vornehmlich den romanischen, erschien der deutsche Soldat immer noch gutmütig. Ein Lichtstrahl edlerer Empfindung fällt auf die düstere Erbarmungslosigkeit einer Anschauung, die im Schwachen nur das Opfer zu sehen gewohnt war, mit einem Wort des wackern Fronsperg. Er, der ruhmgekrönte Feldherr, riet den Krieg zu meiden wegen der Zuchtlosigkeit der Kriegsleute, des Undanks der Fürsten und des Elends, dass er über so viel Unschuldige bringe. Dass solche Anschauungen nicht allein auf den Höhen des Lebens zu finden waren, lehrt ein Brief des früher genannten Joachim Imhof nach der Mühlberger Schlacht: „Ist zum Erbarmen, wie die Spanier und Husaren Haus halten; hab Sorg, die Straf Gottes wird über sie auch kummen und andere mit ihnen entgelten müssen; kummen sie aber ungestraft davon, ist es sichtlich ein Ruthe Gottes über uns Deutsche. Ich weiß nichts außer meiner Besoldung, dass ich mich diese zeit gebessert hab. Das arm Volk mich erbarmt; eher noch länger arm bleiben will. Denn wenn ich mit der armen Leut gut reich würde, nit viel Glücks dabei haben wird. Will es Gott befehlen und Gott walten lassen, bis auf weiter Glück.“

Feldarzt verbindet während des Sturmes einen Verwundeten. Holzschnitt aus Gerßdorff, Wundarzney. Straßburg, Schott 1535.
Feldarzt verbindet während des Sturmes einen Verwundeten. Holzschnitt aus Gerßdorff, Wundarzney. Straßburg, Schott 1535.

 

Wie unter den Soldaten das Mitempfinden mit dem Wohl und Wehe des übrigen Volkes nicht abgestorben war, so waren auch sie dem Volke noch nicht fremd geworden. Davon zeugt nicht zu mindesten das Fortbestehen von Familienbindungen, wie die des Nürnberger Söldnerhauptmanns Storch, der die Tochter eines ehrsamen Färbers heimgeführt hat. In einem sehr wichtigen Punkt kam die fortgeschrittene bürgerliche Kultur den Kriegsleuten unmittelbar zu Gute: von den Städten aus begann sich ein militärisches Sanitätswesen zu entwickeln. Wie wir in ihnen schon früh Stadtärzte angestellt und die Apotheken amtlicher Kontrolle unterworfen finden, so erscheinen auch schon im 15. Jahrhundert in der Begleitung ausziehender städtischer Kontingente Ärzte. So besagt eine Nürnberger Chronik: „Item unser Herrn vom Rate hatten zween Ärzte bestellt, die die Leut bunden und heilten, sie wären edel oder unedel, Bürger oder Fußknecht, so richteten unser Herren das Arztlohn alles aus, dass keiner nicht durfte geben, und gaben auch den armen Gesellen, die geschossen waren, Kost und Wein, derweil sie krank waren.“

 

Diese Speisung fand wie die der Söldner überhaupt aus der dazu errichteten städtischen Küche statt unter genauer Kontrolle: „Wenn man aus war gewesen mit einem redlichen Zug, so gab man jedem ein Zeichen von Blech und wenn dieselben Zeichen zu der Küchen bracht wurden, denen gab man ein Stück Fleisch von ein halb Pfund und Brüh daran und ein halb Ma0 gekochte Hirse und zwei Brote, und man speiset nur einmal um ein Zeichen.“


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Quelle Bild und Text: "Der Soldat in der deutschen Vergangenheit" mit einhunertdreiundachtzig Abbildungen und Beilagen nach den Originalen aus dem 15. - 18. Jahrhundert, von Georg Liebe; Leipzig, 1899.