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Der Soldat in der deutschen Vergangenheit Teil 26

Im Dienst des Staates erscheint die Uniform in Verbindung mit dem zuerst im 16. Jahrhundert in den Territorien auftauchenden Gedanken einer allgemeinen Wehrpflicht der Landesuntertanen. Graf Johann von Nassau hebt in seinen Schriften, die dieses Prinzip verfechten, auch den Einfluss einer Standestracht auf Stärkung des Selbstbewusstseins hervor. Er wie der Landgraf Moritz von Hessen wollen, da die Wämser aus Leder zu sein pflegten, die Fähnlein nach der Farbe der wollenen Beinkleider unterscheiden. Der Gedankengang dieser Fürsten war derselbe, wie er den trefflichen Justus Möser beseelte, wenn er in seinen patriotischen Fantasien zur Hebung des Bürgerstolzes Bewaffnung und Uniformierung vorschlug. Bei der Organisation des Defensionswertes wurde auch die Uniform wieder aufgenommen. Die sächsische Defensionsordnung von 1613 schreibt grauen Tuchrock mit rotem Kragen, kurze Tuchhosen und rote Stümpfe für das Fußvolk vor, und sogar für die Ritterschaft wurden Unterscheidungen nach der Farbe der Waffenröcke und ihrer Besatzstreifen eingeführt. Mit dem gesamten Defensionswesen wurden auch diese Ansätze der Uniformierung durch die zügellose Söldnerwirtschaft des großen Krieges zurückgedrängt, um erst im Gefolge des stehenden Heeres von neuem aufzutauchen.

Plündernde Soldaten im Dreißigjährigen Krieg. Kupferstich von H. U. Franck.
Plündernde Soldaten im Dreißigjährigen Krieg. Kupferstich von H. U. Franck.
Landstreicher im Dreißigjährigem Krieg. Kupferstich von R. Meyer.
Landstreicher im Dreißigjährigem Krieg. Kupferstich von R. Meyer.

Der Dreißigjährige Krieg bedeutet ein Maß des Jammers, wie es keinem anderen Volk auszukosten beschieden war. Schwer war die staatliche Demütigung eines fortan zur Ohnmacht verdammten mächtigen Volkes, furchtbar der wirtschaftliche Zusammenbruch, der eine reich entwickelte Kultur an vielen Stellen auf die Stufe eines Kampfes ums Dasein zurückschleuderte – das ärgste war der sittliche Verlust. Es war ein Geschlecht herangewachsen, das den Frieden nie gekannt hatte; die wilde Rohheit der Söldner, die einzig auf Gewinn und Genuss bedacht jeder Fahne zu dienen gewohnt waren, verdarb auch das Volk. Wenn wir gestehen müssen, dass dieses furchtbare Geschick, in seinen Folgen noch heute nicht überwunden, kein unverdientes war, vielmehr eine Zuchtrute für alle, noch heute nicht besiegte nationale Laster, kurzsichtige Parteizänkerei und bequeme Genusssucht, so gilt dies nirgends mehr als in militärischer Hinsicht. „Ich fürchte, dass man lieber im Winter hinter dem Ofen, des Sommers im Schatten sitzt, im Brett spielt oder auf der Zither schlägt und mit Jungfrau Grete tanzt, als dass man sein Haus mit guter Wehr und Kriegsführung versehe“, schrieb 1590 ein Einsichtiger. Der später von Justus Möser gerügte „Abfall der gemeinen Ehre“ infolge der allgemeinen Entwaffnung rächte sich; das Söldnerwesen musste erst durch die Gräuel eines Menschenalters ad absurdum geführt werden, ehe aus seinen Trümmern eine neue Ordnung erwachsen könnte. Dass er von Söldnern geführt wurde, war eine Hauptursache wie für die Leiden dieses Krieges so für seine Dauer. Der Söldner dieses Krieges, der auf beiden Seiten die verschiedensten Nationen und Bekenntnisse sah, kannte weder nationale noch religiöse Ideale; ein Führer, der einzig durch seine Persönlichkeit zu fesseln verstand, wie später Friedrich der Große, war noch des Schwedenkönigs Tode nicht mehr vorhanden. So wirkten nur noch die niedrigen Instinkte der Gewinn- und Genusssucht. Der Krieg, der ihm dafür Befriedigung gewährte, wurde dem Söldner Selbstzweck und seine Dauer erwünscht. Schon früher war es vorgekommen, dass die Landsknechte sich der raschen Beendigung eines Feldzugs widersetzt hatten, die sie wieder dem ungewissen Geschick des Gartbruders überliefert hätte, - jetzt wurde der Kriegszustand ununterbrochen und das militärische Landstreichertum auch.

Landsknechte und ihre Gräultaten im 30jährigen Krieg.
Marodierende Soldaten und deren Bestrafung zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Kupferstich. Nürnberg, Germanisches Museum.

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Quelle Bild und Text: "Der Soldat in der deutschen Vergangenheit" miteinhunertdreiundachtzig Abbildungen und Beilagen nach den Originalen aus dem 15. - 18. Jahrhundert, von Georg Liebe; Leipzig, 1899.

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