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Turnierharnische des 16. Jahrhunderts

Heute stellen wir Euch ein paar Turnierharnische aus dem neuen Buch "Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses. - Waffensammlung." vor. Wir bleiben an dem Thema Bewaffnungsweise der europäischen Herrscherhäuser dran und veröffentlichen demnächst weitere solcher Alben.

Ganzer Turnierharnisch, von ca. 1540.
Ganzer Turnierharnisch, von ca. 1540.

Ganzer Harnisch für das Realgestech, blank, mit geätzten und vergoldeten Strichen und Füllornamenten. Der geschlossene Helm mit niederem Kamm ist im Visier nur rechterseits gespalten. Die geschobenen Achseln besitzen Brechränder, die geschiftete Brust mit Neigung zum Gansbauch besitzt einen Rüsthaken späterer Form. Die ungleich großen Beintaschen sind nur einmal geschoben. Die Vorfüße enden in abgehackter Form. Der Harnisch, von ca. 1540 datierend, stammt zweifelsohne aus dem Besitz des Kaisers Ferdinand I. Allen Vermutens nach ist er von Jörg Seusenhofer in Innsbruck gefertigt.


Ganzer Turnierharnisch des Paolo Giordano Ursini, Herzogs von Bracciano.
Ganzer Turnierharnisch des Paolo Giordano Ursini, Herzogs von Bracciano.

Ganzer Turnierharnisch des Paolo Giordano Ursini, Herzogs von Bracciano. Blank mit sehr breiten geätzten und vergoldeten Strichen, in welchen Waffen, Musikinstrumente u. dgl. eingestreut erscheinen. Der geschlossene Helm besitzt einen hohen Kamm, das Visier ist nur an der rechten Seite und rosettenförmig gelocht. Die Achseln sind geschoben. Die Handschuhe besitzen lange, spitz geschnittene Stulpen. Die auffallend kurze Brust mit schwachem Grat hat keinen Rüsthaken. Die breiten Diechlinge sind ungeschiftet, die Beinschienen decken nur den Vorderteil. Die zugehörigen Panzerschuhe sind nicht vorhanden.
Der Harnisch datiert von ungefähr 1580, er reiht sich in Form und Zier an die späten Mailänder Arbeiten in der Art jener des Pompeo della Chiesa.
Paolo Giordano Ursini war schon mit 15 Jahren päpstlicher General, er diente unter Paul IV., unter Cosimo von Medici und Andrea Doria und zeichnete sich im Seekrieg gegen die Türken, besonders aber bei Lepanto 1571 aus. Er starb 1584.

Ganzer Turnierharnisch des Paolo Giordano Ursini, Herzogs von Bracciano


Turnierharnisch, dem Erzherzog Ernst zugeschrieben, von 1571.
Turnierharnisch, dem Erzherzog Ernst zugeschrieben, von 1571.

Turnierharnisch, dem Erzherzog Ernst zugeschrieben. Dieser Harnisch wie auch der nächstfolgende ist für eine der letzten Gestecharten: für das »neue welsche Gestech über die Planke« (pallia) in Gebrauch gewesen. Derselbe ist blank gehalten und nur an einigen Bestandteilen mit breiten Füllornamenten in teils schwarzer, teils vergoldeter Ätzung ausgestattet, die an sich schon die Augsburger Ornamentistenschule verraten. Der Kamm des aufgeschraubten schweren Stechhelmes ist in vergoldeter Ätzung geziert und darin beiderseits eine Jungfrau dargestellt, die eine Schale in der Hand hält, in der ein brennendes Herz liegt. Zwischen dem Blattornament steht die Jahreszahl 1571. Wird der Helm abgehoben, so zeigt sich an dem Oberrand des Bruststückes die Beschaumarke Augsburgs und das Zeichen des Waffenschmiedes Anton Peffenhauser: das sogenannte »Dreibein«.
Peffenhauser ist 1525 geboren und starb zwischen Mai und Oktober 1603. Arbeiten dieses letzten der gefeierten Meister der Waffenschmiedekunst Augsburgs finden sich im königlichen historischen Museum in Dresden, sein vorzüglichstes
Werk aber in dem Harnisch des Don Sebastian von Portugal in der Armeria Real in Madrid.
Erzherzog Ernst wurde 1553 geboren, kam 1571, also gerade im Jahr der Fertigung dieses Harnisches, aus Spanien nach Deutschland. Die Darstellung auf dem Helmkamm steht ohne Zweifel mit der Absicht der Verheiratung des Prinzen in Beziehung. Er starb 1595.


Turnierharnisch, dem Kaiser Maximilian II. zugeschrieben.
Turnierharnisch, dem Kaiser Maximilian II. zugeschrieben.

Turnierharnisch, dem Kaiser Maximilian II. zugeschrieben. Die Form dieses Harnisches ist ganz dieselbe wie jene des vorherbe-schriebenen. Der Harnisch, zu einer größeren Garnitur gehörig, von welcher in der Sammlung noch sechs Harnische verschiedener Form und zwei Turniersättel, in anderen größeren Sammlungen aber, wie in der Eremitage in St. Petersburg u. a., weitere einzelne Teile vorhanden sind, ist blank und mit breiten Füllornamenten in teils vergoldeter, teils Schwarz-Ätzung verziert. Die Garnitur datiert von ca. 1570, der ganze Typus bis ins Einzelne entspricht völlig den Arbeiten des berühmten Augsburger Waffenschmiedes Anton Peffenhauser, obwohl nirgends eine Marke desselben zu erblicken ist. Die Zuschreibung beruht lediglich auf Tradition, doch entstammt die Garnitur der kaiserlichen Waffensammlung und die einzelnen Harnische entsprechen ziemlich der Statur dieses Monarchen.


Turnierrennen, Scharfrennen im Mittelalter - Symbolbild
Symbolbild eines Turniers.

Quelle Symbolbild: The Romance of Jean de Saintré - caption: '[Miniature] Jean de Saintré jousts with the Spanish knight, Enguerrant, at a tournament. Frankreich, ca. 1470.


Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses. Waffensammlung. Album.

Quelle der Bilder und Texte:

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses - Waffensammlung

Album hervorragender Gegenstände aus der Waffensammlung des Allerhöchsten Kaiserhauses
Band 1 und 2
Erläuternder Text von Wendelin Boeheim

259 Seiten (TB-Format)

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Kommentare: 1
  • #1

    Cedrik Baier (Samstag, 25 August 2018 22:46)

    Schönes Buch. Habe es mir gekauft. Boeheims Fachkenntnisse sind wirklich beeindruckend.