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Der Soldat in der deutschen Vergangenheit Teil 4

Burgundische Truppen von Nancy. Miniatur aus: Diebold Schilling, Schweizerchronik. Handschrift 1484. Luzern, Bürgerbibliothek.
Burgundische Truppen von Nancy. Miniatur aus: Diebold Schilling, Schweizerchronik. Handschrift 1484. Luzern, Bürgerbibliothek.

So plötzlich scheinbar und doch so scharf ausgeprägt in allen Eigenheiten tritt der deutsche Landsknecht auf, dass man geglaubt hat, ihn als Schöpfung eines Mannes betrachten zu sollen: Kaiser Maximilians. In der Tat war der geistreiche, unstetige Habsburger viel weniger der letzte Ritter – dazu war in ihm zu viel harter Realismus, der auch vor unritterlichen Handlungen nicht scheute – als der erste Vertreter des modernen Soldatentums, um dessen technische und soziale Hebung er sich große Verdienste erwarb. Aber geschaffen hat er die Landsknechte nicht, nur mit sicherem Blick seit lange Bestehendes für sich zu nutzen verstanden, als die rechte Zeit gekommen war. Seit Jahrhunderten hatte die Sitte bestanden, dass kriegstüchtige Männer in freiem Vertrag einem Herrn zu dienen sich verpflichteten, es fehlte nur eine große Aufgabe im Dienst des Reichs statt seiner sich befehdenden Glieder, um den handwerksmäßigen Brauch zu allherrschender Bedeutung zu erheben.

Holländische Landsknechte im 15. Jahrhundert. Kpfr. von Lucas von Leyden (1494 - 1533). B. 141.
Holländische Landsknechte im 15. Jahrhundert. Kpfr. von Lucas von Leyden (1494 - 1533). B. 141.

Sie bot sich in den Kämpfen Maximilians um das niederländische Erbe seiner Gemahlin Maria von Burgund. Seine Vermählung, der erste Schritt auf einer für sein Haus rasch aufwärts führenden Bahn, verwickelte ihn sofort in den Kampf mit Frankreich, der schon nach zwei Jahren, 1479, im Sieg von Guinegate den Deutschen seit langer Zeit wieder Ursache zu kriegerischem Stolz bot. Ausdrücklich wird hier von französischer Seite die gute Haltung des deutschen Fußvolkes hervorgehoben. Die weiteren Kämpfe führte, als Maximilian anderweitig in Anspruch genommen war, Herzog Albrecht von Sachsen, der – ein in jener Zeit schon seltenes Beispiel von Reichstreue – seine kriegerische Neigung und Begabung in den Dienst des Kaisers stellte und zwölf Jahre hindurch bis zu seinem Tod (1500) dessen Banner aufrecht hielt.

Landsknechte aus dem Ende des 15. Jahrhunderts. Stich von M. Zafinger. Berlin, Kupferstichkabinett. B. 20.
Landsknechte aus dem Ende des 15. Jahrhunderts. Stich von M. Zafinger. Berlin, Kupferstichkabinett. B. 20.

In diese Kämpfe warf Kaiser Maximilian den fruchtbaren Gedanken, durch Anwerbung von Landeskindern die überströmenden kriegerischen Kräfte seiner Sache dienstbar und sich selbst vom Ausland unabhängig zu machen. Die Hebung der neuen Waffe gegenüber den Vorurteilen der Ritterschaft ließ er sich eifrig angelegen sein; er hat den Fußkampf mit den ihm eigentümlichen Waffen unter die ritterlichen Übungen eingereiht und ist selbst an der Spitze einer Landsknechtsschar mit dem Spieß auf der Schulter in Köln eingezogen. Die Aufgaben, denen sich dies Fußvolk gewachsen zeigte, machten bald den Namen der Landsknechte volkstümlich in der Heimat, gefürchtet in der Fremde. Mit seiner Organisation wie mit seinen Taten eng verknüpft bleibt der Name Georgs von Frundsberg, der in seiner ehernen Tapferkeit, Kaisertreue, Selbstlosigkeit und Biederkeit den kriegerischen Ehrbegriff des neuen Standes verkörpert.

 

Begründet war der Ruf des neuen deutschen Fußvolkes, als es in den blutigen Schlachten bei Bicocca (1522) und Pavia (1525) den Ruhm der in französischen Sold fechtenden Schweizer verbleichen machte. Jubelnd erklang das Siegeslied:

 

Herr Jörg von Fronsperg

 

Herr Jörg von Fronsperg

 

Der hat die Schlacht vor Pavia gewunnen

 

Der hat die Schlacht vor Pavia gewunnen

 

Gewunnen in einem Tiergart,

 

In neunthalb Stunden gewunnen Land und Leut.“


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Quelle Bild und Text: "Der Soldat in der deutschen Vergangenheit" miteinhunertdreiundachtzig Abbildungen und Beilagen nach den Originalen aus dem 15. - 18. Jahrhundert, von Georg Liebe; Leipzig, 1899.