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Der Soldat in der deutschen Vergangenheit Teil 32

Spottlied auf Marodeure während des Dreißigjährigen Krieges. Aus einem fliegenden Blatt. Nürnberg, Germ. Museum.
Spottlied auf Marodeure während des Dreißigjährigen Krieges. Aus einem fliegenden Blatt. Nürnberg, Germ. Museum.

In dem abstoßenden Bilde damaliger Soldatenmoral ist der einzige freundliche Zug und für die Zukunft bedeutungsvoll geworden ein starkes Standesgefühl. Nicht umsonst ist im Simplicissimus die erfreuliche Eigenschaft des sonst recht zweifelhaften Helden seine unwandbare Anhänglichkeit an seinen alten Kameraden Ulrich Herzbruder. Die Kameradschaft war allerdings ein Gebot der Selbsterhaltung bei dem häufigen Parteiwechsel, denn keiner war sicher, in dem Feinde von gestern heute einen Kampfgenossen begrüßen zu müssen. So bildete sich ein Ehrenkodex des Verkehrs zwischen Feinden, das Kartell, das besonders Gefangenen zugutekam. Ihre Habe zwar gehörte dem Sieger, aber dieser war verpflichtet, sie zu schützen und menschlich zu behandeln. Weniger erfreulich äußerte sich das militärische Gemeinschaftsgefühl gegenüber denen, die nicht die Waffen trugen, aber es nährte wenigstens die Vorstellung, etwas Besseres zu sein als andere und damit doch eine höhere Empfindung. Bessere Elemente mochten in einer Zeit, die nur Amboss oder Hammer zu sein die Wahl ließ, nach Art von Schillers Reiterlied empfinden. Ein Beispiel davon gibt der junge Detlev Ahlefeld, ein holsteinischer Edelmann, der noch in den letzten Jahren des großen Krieges Dienste getan hat und diesen Entschluss so rechtfertigt: „Ich war ein junger Mensch, gesund, vigourös und der nicht gern in Ruhe sein konnte noch mochte, sondern wie ich erst einmal das Soldatenleben geschmecktet, gefiel mir selbiges so wohl wegen der vorfallenden großen Geschäfte, Debauchen [Anm. Hrsg.: ausschweifender Lebenswandel], des klingens der Pauken und Trompeten, der aufwartenden Offiziere und täglich im Kriege vorfallenden Renkontren [Anm. Hrsg.: Gefecht, Zweikampf], daß ich darnach je mehr und mehr Luft dazu bekam und um soviel weniger wiederum abstehen konnte, als ich vorher von meinen lieben Eltern und nachmals von meinem Hofmeister zu aller Modestie [Anm. Hrsg.: Bescheidenheit], Sittsamkeit und Meidung all solcher Gesellschaft erzogen und angehalten worden.“ Roher kommt das Herrenbewusstsein bei den gemeinen Soldaten zum Ausdruck: Sobald ein Soldat wird geboren, sind ihm drei Bauern auserkoren, der erste, der ihn ernährt, der zweite, der ihm ein schönes Weib beschert, der dritte, der für ihn zur Hölle fährt. Kein Wunder, dass sich ihre Scharen immer von neuem aus Verzweifelten ergänzten, die es vorzogen Unrecht zu tun als Unrecht zu leiden. Das schildert ein Streitgedicht von 1624:


Soldat: Ach Bauer, du hast verlornes Spiel,
Ich leer dir heut dem Haus,
Willst du dich unnütz machen viel,
So geht es übel aus.
Wenn ich dir zünd dein Gütlein an,
Hernach bist du ein armer Mann,
Traurig.


Bauer: Und wenn ich hab kein Geld und Gut,
So zieh ich in das Feld.
Zum Mansfelder, dem frischen Blut,
Der kriegt alle Tage Geld.
Da darf keiner stehlen auf der Bahn,
Nit mehr als er tragen kann,
Lustig.


Soldat: So recht, mein liebes Bäuerlein,
Es thut dieweil sein gut,
Bis daß alle Bauern Landsknecht sein,
Desgleichen auch mit Mut.
Die Bettler werden Edelleut.
Davor behüt sie Gott allzeit.
Traurig.


Bauer: Also hat dieses Lied ein End.
Jetzung ihr lieben Leut,
Und wenn geboren wird kein Kind,
Da wird es gute Zeit.
Wenn man nichte mehr um´s Geld thut kaufen,
So wöllen wir bis Neune schlafen.
Lustig!“


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Quelle Bild und Text: "Der Soldat in der deutschen Vergangenheit" miteinhunertdreiundachtzig Abbildungen und Beilagen nach den Originalen aus dem 15. - 18. Jahrhundert, von Georg Liebe; Leipzig, 1899.

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