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Alberghetti auch Albergetti und Albergeti

Meister der Waffenschmiedekunst vom 14. bis ins 18. Jahrhundert

Gussmeisterfamilie

Italien

 

Bei der großen Zahl der Glieder dieser ebenso berühmten als ausgebreiteten Familie und den noch immer lückenhaften Daten ist es schwierig, über das genealogische Verhältnis derselben zueinander richtige Schlüsse zu ziehen. Überdies kommen immer neue Angehörige der Familie zur Kenntnis, welche für jetzt noch gar nicht genealogisch einzureihen sind.

 

Die Familie stammt aus Massa-Fiscaglia in der Nahe der Valli di Comacchio unweit der Pomündung, 41 Kilometer von Ferrara entfernt. Als der Älteste erscheint uns ein Alberghetto, der in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts in Ferrara lebte. Im Jahre 1484 trat er in die Dienste der Republik von Florenz als Stückgießer. Er dürfte auch in Diensten Modenas gestanden sein, denn Galeotto Manfredi bittet in einem Schreiben vom 7. Februar 1487 den Herzog ihm den Stückgießer Alberghetti zu senden. Der Meister wurde aber in diesem Jahre als Vorsteher der Gießerei in Ferrara angestellt und starb 1497. Dieser Alberghetti hatte zwei Söhne, Sigismondo und Domenico, letzterer diente in Florenz als Bombardiere. Sigismondo arbeitet 1483 in Ferrara, 1484 in Florenz und wird am 4. März 1487 in Venedig als Büchsengießer mit jährlich 200 Dukaten angestellt1. Sein Vorgänger war Bartolomeo Cremonese. Von Sigismondo sind jene zwei Colubrine, welche Gasperoni in seinem seltenen Werk Tafel XII in Abbildung bringt2. Sie sind mit seinem Namen und der Jahreszahl 1497 bezeichnet. Im Text wird aber, wie schon Angelucci hervorhebt, 1487 angegeben. Sanuto erwähnt eines Aktes von 1500, wonach fünfzehn seiner Geschütze probiert wurden. Ein Jahr nach seines Vaters Tod am 25. September 1498 wird er an die Gewähr eines ererbten Hauses zu Ferrara geschrieben. Im Juni 1509 im Krieg Ferraras mit Venedig schreibt Lucrezia Borgia an den Podcstá von Massa-Fiscaglia, nichts gegen Vincenzo Tamone zu unternehmen, der gewisse Waffen im Hause des Sigismondo Alberghetti weggenommen hatte.

 

Der Meister hatte drei Söhne, der ältere: Alberghetto wird in Florentiner Archivakten erwähnt, der zweite hieß Fabio, beide waren Stückgießer, der dritte hieß Camillo über dessen Beschäftigung bisher nichts bekannt geworden ist. Am 24. Februar 1528 bittet Sigismondo den Herzog von Ferrara um den Posten eines Stückgießers für seinen Sohn Fabio an die Stelle des verstorbenen Maestro Giaeomo (Bevilaqua?). Sigismondo blieb bis 1530 in Diensten Venedigs, weiteres verlautet über ihn nichts; er scheint bald darauf aus dem Leben geschieden zu sein. Gleichzeitig mit ihm weilt ein Zuan (Giovanni) als Erzgießer in Venedig; von ihm und Pier Giovanni delle Campane sind die herrlichen Gussarbeiten am Denkmal des Cardinais G. B. Zeno in der Markuskirche von 1515. Ein Sohn dieses Zuan ist wahrscheinlich Alfonso: er ist zweifelsohne ein Schüler des Alessandro Vittoria. Als Gussmeister der venezianischen Republik erscheint er um 1568 als der Nachfolger des Giulio Alberghetti, von welchem in dem Werk des Gasperoni ein ausgezeichnet schönes Kanonenrohr mit der Aufschrift "Julii Albergeti Opvs 1566" in Kupferstich gebracht wird. Seiner Hand entstammt auch das schöne Brunnenbecken im Hofe des Dogenpalastes, in dessen Innern sich die Inschrift: Alphonsus Albergeti fecit A. D. 1559 findet.

 

Ungeachtet einer ausgebreiteten Tätigkeit im Geschützguss für die Republik Venedig sind von Alfonso nur sehr wenige Arbeiten bekanntgeworden. Cicognara3 erwähnt zweier Bronzevasen mit reicher Ornamentierung und der Bezeichnung: „Alfonsos Albergeti Ferrariensis me fecit. A. D. MDLXXII.“ Im Geschützguss ist dem Verfasser4 nur eine einzige Arbeit vor Augen gekommen: eine Schlange im k. u. k. Heeresmuseum zu Wien (Cat. No. 4). Es ist dies ein Galeerengeschütz aus Bronze von 3,13 m Länge auf 6 Pfund Steingewicht im halben Gut mit hübschen Emblemen in Relief, den Markuslöwen und dem Wappen der Contarini mit den Buchstaben B. C; dahinter liest man in schräg stehender Linie den Namen „Albergeti“. Die Buchstaben B. C. deuten sicher auf Bertucci Contarini, der als Kommandant der Galeere: „il Mongibello di Venezia“ sich in der Seeschlacht bei Lepanto 1571 mit Ruhm bedeckte. Es ist also sehr wahrscheinlich, dass das erwähnte Geschützrohr in der Schlacht gedient hatte und zu diesem Andenken aufbewahrt wurde. Als ein venezianisches kann das vorbeschriebene Geschütz nur von Alfonso gegossen sein, weil um 1570 nur dieser allein im Arsenal Venedigs als Gussmeister tätig erscheint. Andere Arbeiten des Meisters dürften sich wohl noch in italienischen Arsenalen finden5.

 

Ein Virginio Alberghetti, dessen die Kunstgeschichte bisher nicht erwähnte, möglicherweise ein jüngerer Bruder Alfonsos zählt nach Gelcich6 um 1566 zu den besten Stückgießern Ragusas. Giovanni II., ein Sohn des Giulio, von Venedig gebürtig, ist vermutlich ein Enkel des Zuan I. Er ist nach dem Zeugnis des Jodoco del Badia der Gießer der Werke des Giovanni da Bologna, welcher selbst nie Gießer gewesen war. Über einen Bruder Giovannis II., namens Alberghetto Alberghetti, berichtet Gian da Bologna einmal an den Sekretär des Großherzogs Ferdinand. Ein Giusto Emilio lebte in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts in Venedig als Militäringenieur, ein Sigismondo, wahrscheinlich dessen Sohn, am Anfang des 18. Jahrhunderts als Artillerieoffizier. Von ersterem erschienen einige fortifikatorische, von letzterem einige wertvolle artilleriespezifische Werke. Champeaux erwähnt noch anderer späterer Glieder der Familie.

 

Ein Sohn des erwähnten Giulio, Namens Zuanne II., steht am Ende des 16. Jahrhunderts im Dienste des Großherzogs Ferdinand von Toscana. Von seiner Hand findet sich im Arsenal zu Tunis ein Kanonenrohr von Bronze mit dem Wappen der Medici und der Inschrift: „Ferd . Med . Sovane Albergti, Venetvs . fondbt.“, ein anderes trägt die Inschrift: „Imperante . Ferd . Med . Hetrvriae magn. duci Giovni Albeti . Venetos fvnd7.

 

Im Arsenal zu Venedig fand der Verfasser ein 12-pfundiges Kanonenrohr mit der Aufschrift: „Galeacino Albcrgeti me fecit.“ Ein Meister dieses Namens ist bisher unbekannt. Eine Kartaune daselbst mit der Bezeichnung 1569 und S . A dürfte einem Alberghetti zuzuschreiben sein.

 

1 Angelucci, Angelo. Documenti inediti. Torino 1869. I.

2 Gasperoni. G., Artilleria Veneziana. Nach diesem bringt sie auch Marion in seinem Recueil des 'bouches á feu Tafel 3a. Vergl. auch Cicognara. Iscrizioni Venete II.

3 Cicognara. Storia della Scultura III.

4 Boeheim, Wendelin. Die Sammlung alter Geschütze im k k. Artillerie-Arsenale zu Wien Mittheilungen der k. k. Centralcommission Bd. IX. X und XII 1883, 1884 und 1886.

5 Champeaux. A de. Dictionnaire des fondeurs, Paris 1886. Angelucci. A Una Missione a Tunisi.

6 Gelcich. Gius. Di Ragusa e di Monumenti che sono in essa. See. Progr. dell J. R. Scuola nautica di Ragusa. 1883 Derselbe: Die Erzgießer der Republik Ragusa. Aus dem Italienischen von W. Boeheim. Mittheilungen der k k Centralcommission für Kunst- und historische Denkmale 1891.

7 Badia. Jodoco del, Per le nozze Bollini e Magnani. Firenze 1868.

Quelle: Meister der Waffenschmiedekunst vom XIV. bis ins XVIII. Jahrhundert von W. Boeheim. Berlin, 1897.