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Ein merkwürdiger Grabstein

Ein merkwürdiger Grabstein Grabplatte aus dem Mittelalter

In desem Blogbeitrag behandeln wir eine merkwürdige Grabplatte der adeligen Familie von Uissigheim. In diesem historischen Artikel aus der Zeitschrift "Der deutsche Herold, Band 7" wird nur über Ritter Fritzo gesprochen. Seine Frau allerdings hat eine ebensolche Grabplatte, die auf eine Hinrichtung des Ehepaars hinweist (siehe Wikipedia-Eintrag). Hier nun die Beschreibung der Grabplatte:

 

"Unter dieser Überschrift brachte die Nummer 12 der "Illustrierten Frauenzeitung" dieses Jahres eine Anfrage, begleitet von nebenstehender uns zum Abdruck überlassenen Abbildung.


Dieser Abdruck stellt einen Grabstein dar, welcher, abgezeichnet im Dorf Uissigheim bei Wertheim durch den Herrn Bauinspektor O. Haufe in Wertheim, schon manchem Altertumsforscher Kopfzerbrechen gemacht hat und den Ritter Fritzo (alias Arnold oder Hans) von Uissigheim darstellen soll.


Vielerlei Sagen knüpfen sich an das Bild, merkwürdigerweise sogar wird der dort Begrabene vom Landvolk als halber Heiliger verehrt und dem Vieh das von seinem Grabstein abgeschabte Pulver als Heilmittel eingegeben, weshalb ein Teil der Umschrift, weil abgekratzt, nicht mehr zu lesen ist.


Es steht indes so viel fest, dass die Umschrift (auch nach alten Aufzeichnungen) "Fridericus juvenis miles de Ussenheim" heißen soll und wir haben hier jedenfalls ein Mitglied der längst ausgestorbenen Familie d. U. (auch Ussigheim und Ussenkheim geschrieben) vor uns, welche Familie, stammverwandt mit den fränkischen, gleichfalls erloschenen von Rosenberg, gleich dieser den durch eine Teilung und Fünfspaltung von Silber und Rot senkrecht geschindelten Schild und auf dem Helm die 2 abgewendeten Schwanenhälse silbern-rot führte.


Die Umlegung des Helmes (der sonst auf Grabsteinen stets senkrecht steht), die gefesselten Hände, das Büßerhemd und endlich vor allem das aus seiner (rechts unten angebrachten) Scheide gezogene und dem Verstorbenen über den Hals gelegte Schwert, welches von einer verkappten Hand mit langem herabhängendem "Bluttuch" gehalten wird, lasst es un als zweifellos erscheinen, dass der Grabstein einen durch Henkershand vom Leben zum Tode Gebrachten deckt.


Welches Verbrechen derselbe begangen, wird natürlich unaufgeklärt bleiben, um so mehr als aus der Zeit, aus der der Grabstein stammt (ca. 1330-50) wohl Urkunden, aber nicht chronikalische Nachrichten, am wenigsten über einen derartigen außerordentlichen Vorfall berichten.


Allerdings spricht die "Sage" davon, dass der dort Begrabene 1343 ein Judengemetzel veranlasst habe, alias soll er die dreizehn in Uessigheim ehedem domizilierenden Tempelherren, von welchen Uissigheim viel zu leiden gehabt, ermordet haben. Gewisses darüber ist nirgend zu ermitteln und beide Annahmen, da die Geschichte der Judenverfolgung in Franken weder ein derartiges Ereignis verzeichnet, noch irgendwo sich eine Spur davon findet, dass Tempelherren ehedem in Uissigheim domiziliert, sind wohl eben nur als "Sagen" zu betrachten.


Ob schließlich die auf dem Grabstein als Stummel angedeuteten Füße wirklich Stummel andeuten sollen, also der Hingerichtete, wie dies öfters geschah, vor dem Tod auch seine Füße durch den Henker verloren hat, oder diese Stummel nur durch die oben erwähnte abergläubische Abschabung entstanden sind, lassen wir, da wir den Original-Grabstein nicht zu sehen Gelegenheit hatten, unentschieden. Ebenso, ob der hornartige, hinter dem Hals des Begrabenen rechts hervorschauende Gegenstand den oberen Rand der Stuhllehne des "Richterstuhls" andeuten soll.


Wahrscheinlich erhielten die Anverwandten des Gerichteten nur unter der Bedingung die Erlaubnis, ihn ehrlich bestatten und ihn einen Leichenstein setzen zu dürfen, dass sie die Todesart auf demselben andeuteten."


Anmerkung der Redaktion "Des Deutschen Herold" zum oben veröffentlichten Artikel:
"Im Allgemeinen können wir uns den Ausführungen des Herrn Verfassers durchaus anschließen, nur in einer Beziehung befindet sich derselbe im Irrtum: Die Platzierung, nicht allein des wirklichen, von dem Verstorbenen getragenen, meistens nur mit einem Federbusch geschmückten, sondern auch des Wappenhelmes an eine andere Stelle, als auf den Wappenschild, entweder zu Füßen der stehenden oder liegenden Figur, oder zu deren Häupten, unter den Kopf derselben, gleichsam als Kopfkissen - ist eine überaus gewöhnliche und verbreitete und findet sich auf den Leichensteinen von Personen nicht nur des niederen Adels, sondern auch aus fürstlichen Geschlechtern, ohne dass man aus dieser Anordnung irgendeinen dem Ruf des betreffenden Toten ungünstigen Rückschluss zu machen auch nur im allergeringsten berechtigt wäre. Statt vieler Beispiele nur die folgenden aus den uns gerade zur Hand liegenden "Schlesischen Fürstenbildern" von Luchs:


Grabstein Herzog Heinrich des Frommen von Schlesien und Krakau (gest. 1241) - Wappenhelm als Kopfkissen.
Grabstein Herzogs Bolko II. von Münsterberg (gest. 1341) - Wappenhelm ohne Zusammenhang mit dem am Arm getragenen Schild neben das Kopfkissen gelegt.
Grabstein Herzogs Carl von Münsterberg und Oels (gest. 1536) - Wappenhelm als Kopfkissen
Doppelgrabstein der Herzöge Boleslaw und Bolko II. von Oppeln (gest. 1370 und 1356) - Wappenhelme als Kopfkissen
Grabstein Herzog Heinrichs V. von Sagan (gest. 1369) - Wappenhelm neben das Kopfkissen gelegt ohne Berührung mit dem Schild
Grabstein Herzogs Bolko II. von Schweidnitz (gest. 1368) - Wappenhelm als Kopfkissen.


Dieses Arrangement war aber keineswegs eine bloß schlesische Sitte. Es bleiben also, da eine Fesselung der gekreuzten Hände auf der Abbildung wenigstens nicht überzeugend deutlich erkennbar ist und die Verstümmelung der Füße aller Wahrscheinlichkeit nach auf eine dem Grabstein in späterer Zeit widerfahrene Unbill zurückzuführen sein dürfte, nur die unritterliche Kleidung, die Schwertentgürtelung und besonders die quer über den Hals gelegte Schwertklinge als allerdings sehr schwerwiegende Momente übrig, die auf ein tragisches Ende des betreffenden Ritters von U. schließen lassen. Die Redaktion"


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