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Fälschungen bei Wehr und Waffen

 

Von den Rüstungen und Waffen, welche man heutzutage kaufen kann, rühren wenige aus den Zeiten der Kreuzzüge her, die meisten kommen aus den Händen von wirklichen Künstlern, welche das zu ersetzen bemüht sind, was die Zeit zerstört.

 

Nur in den Museen, der Armeria Real1 zu Madrid, im unteren Belvedere zu Wien, im Tower zu London, im kaiserlichen Schatz zu Moskau, im Pariser Invalidenhaus und in einigen fürstlichen Sammlungen, ferner denen der Herren Riggs und Spitzer begegnet man noch wirklich alten und ganz wohlerhaltenen Exemplaren2. Was sonst als Schmuck von Herrenzimmern und Vorhallen vorkommt, ist das Werk italienischer, spanischer und sogar deutscher Waffenschmiede.

 

Konstantinopel hat seine Spezialität in orientalischen Waffen. Es ist sehr unterhaltend zu sehen, wie in der Umgebung des Waffenbasars die türkischen Waffenschmiede unter freiem Himmel und „coram populo“ die Handschars mit Nephrit-, Achat- oder Elfenbeingriffen, die Jatagans mit krummen oder geflammten, mit Koransprüchen gezierten Damaszener Klingen, die Sarasse mit Granaten, Korallen und Türkisen am Griff, die Dolche in getriebenen Silberscheiden fabrizieren. Einer macht mongolische Bogen und Köcher, ein anderer tscherkessische Panzerhemden und niellierte Pferdegebisse, ein dritter Samtsättel und Schabracken wie Königsmäntel, andere Scheiden aus Leder, Holz oder Samt, Schilde mit Nilpferdhaut, kurze Schwerter, Rapiere, alte Musketen mit Radschloss oder Lunte, albanische Pistolen — lauter Dinge, welche im Okzident als Trophäen an den Wänden aufgehängt werden.


Wie jedem Reisenden sind auch mir Waffen von Helden der Geschichte oder der Sage angeboten worden, der berühmte Jatagan, mit welchem Musa dem Hassan die Brust spaltete, der Säbel jenes Bulgaren, welcher die erste Sturmleiter an die Mauern von Konstantinopel lehnte, die Streitaxt, mit welcher Mohammed II. den plündernden Soldaten in der Sophienkirche niederschlug.


Die in Österreich gemachten Rüstungen werden sehr bewundert3, aber das Beste liefert Paris, allerdings zu hohen Preisen, und daher nicht für den Ersten, den Besten.


Die Pariser Arbeiter gravieren, ziselieren, vergolden, treiben und tauschieren wunderbar. Mit Wachs in ätherischem Öl pinseln sie den polierten Stahl ein, reiben ihn dann mit Flanell ab, und erreichen damit einen Glanz, wie ihn die Waffen aus der Zeit des Rittertums zeigen. Legt man ein altes neben ein modernes Stück, so fällt freilich der etwas trübe, bleiartige Ton des letzteren neben dem lichten, bläulichen des ersteren auf.


Zum Hervorbringen des Rostes hat man allerlei Mittel. Salzsäure z. B. dient zu dem doppelten Zwecke, zu ätzen und kleine Löcher zu fressen, in welchen sich sehr schnell Rost bildet. Auch der Aufenthalt in feuchtem Boden oder in einem ländlichen Abtritt erfüllt der Zweck; doch ist der so hervorgerufene Rost rötlich und lässt sich abreiben. Die Italiener verstehen auch den schwarzen Rost auf Degenklingen zu erzeugen und sie verbergen damit zugleich die Restaurationen, die Lotstellen, die freilich zum Vorschein kommen, wenn eine solche Klinge geputzt wird.


Der Anfänger pflegt sich von den Ciselirungen, Niellen und Tauschierungen blenden zu lassen. Der Erfahrene prüft vor allem die Form. Wenn diese rein, der Zeit entsprechend, stilvoll ist, so kann man Vertrauen zum Alter des Exemplars haben. Deshalb verzichten die Italiener in der Regel darauf, die Waffen selbst zu kopieren, kaufen vielmehr gewöhnliche alte Degen und ziselieren und tauschieren diese nachträglich4.

 

1 Leider zum großen Teil durch das Feuer im Jahr 1888 zerstört.

 2 Es wäre noch so manche andere Sammlung zu nennen: die Reale Armeria antica zu Turin, das Historische Museum in Dresden, das Waffenmuseum in Berlin. Zusammenstellung der größten Waffensammlungen des 20. Jahrhunderts

 3 Von einem Antiquitätenhändler in Wien heißt es, er könne in Wahrheit sagen wie sein Kollege in der Anekdote: „Wenn ich keine Antiquitäten vorrätig habe, lasse ich sofort welche ausgraben." In seinem Garten sollen nämlich immer Rüstungsstücke eingescharrt sein, um den edlen Rost des Alters zu empfangen.

 4 Alte Waffen, namentlich solche, die mit Ätzung verziert sind, werden erzeugt in Stuttgart, Paris, Nürnberg und München.

 

Quelle: Eudel, Paul; Bucher, Bruno: Fälscherkünste — Leipzig, 1885


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